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Gnadenthal

Gnadenthal

Titel: Gnadenthal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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diese Leere nicht mehr losgeworden. Und ich schaffe es einfach nicht, sie zu füllen.»
    Er schluckte, beugte sich vor und nahm ihre Hand. «Ich predige es dir doch schon seit Jahren, Bylle, mach endlich eine Therapie.»
    «Ich weiß, ich weiß ja.» Sie umfasste seine Finger, zitterte dabei. «Aber irgendetwas in mir hält an dieser Leere fest, sagt mir, ich habe kein Recht dazu, sie zu füllen.»
    «Gott, Bylle, immer wieder, immer noch diese Schuldgefühle. Ich dachte wirklich, das hätten wir hinter uns.»
    Sie schüttelte leise den Kopf.
    «Bylle, Kind.» Er streichelte ihre Wange. «Du musst endlich loslassen.»
    «Das will ich ja, aber ich kann nicht.» Sie schaute ihn wehmütig an.
    Er lächelte. «Ich bin immer für dich da, das weißt du.»
    «Ich weiß, Heinrich, und das ist verdammt schön. Aber jetzt lass uns von was anderem reden, okay? Das Leben geht schließlich weiter, irgendwie. Ist ja immer irgendwie weitergegangen. Also, hast du eine Ahnung, wo Frieder steckt?»

Sieben
    Inzwischen war es Oktober geworden, letzte goldklare Sonnentage.
    Martin Haferkamp hoffte, dass sich das Wetter bis zur nächsten Woche hielt. Gnadenthal lag inmitten einer schönen Parklandschaft, und er würde zwischen Diskussionen und Proben sicher Zeit zum Spazierengehen haben. Sonst kam er so gut wie nie an die frische Luft.
    In den letzten vierzehn Tagen hatte sein Telefon kaum stillgestanden. Zuerst hatte jeder von der ‹13› sich bemüßigt gefühlt, Frieders Heirat zu kommentieren, nur Dagmar hatte sich nicht gemeldet. Dann war Walterfang auf die Idee gekommen, für ein angemessenes Hochzeitsgeschenk zu sammeln, historische Kabarettaufnahmen wären doch eine nette Geste, so etwas bekam man im Internet, und er, Haferkamp, könnte sich doch wohl darum kümmern und das Geld vorstrecken. Er hatte dankend abgelehnt, schließlich hatte sich Sibylle erbarmt. Dann war es ums Geld gegangen. Walterfang hatte fünfzig Euro pro Person vorgeschlagen, Sozialhilfeempfänger selbstverständlich ausgenommen, und sofort hatten Möllers heftig protestiert und darauf bestanden, dass Paare nur die Hälfte zahlten. An dem Punkt hatte sich Haferkamp aus der Debatte ausgeklinkt. Was für ein lächerliches Theater um eine alberne Eheschließung! Er konnte sich nicht erinnern, dass man um seine Heirat ein solches Brimborium veranstaltet hatte, er erinnerte sich nicht einmal mehr, was die Truppe ihm damals geschenkt hatte.
    Kopfschüttelnd zündete er sich eine Zigarette an und öffnete den blauen Karton, der vor ihm auf dem Schreibtisch stand. Die Fernsehleute hatten ihn mehrfach angemailt, sie bräuchten endlich sein Fotomaterial mit den entsprechenden Erläuterungen, und er sollte es spätestens Freitag per Kurier nach Köln schicken. Also hatte er die restlichen Fotos mit ins Büro genommen, um sie zu sichten, wenn es im Laden einigermaßen ruhig zuging.
    Schon wieder klingelte das Telefon, und Frau Moor war anscheinend zu beschäftigt, um sich darum zu kümmern.
    «Buchhandlung Haferkamp, guten Tag», meldete er sich kühl.
    Es war Kai Janicki. «Sag mal, hast du auch so einen kryptischen Anruf von Frieder gekriegt?»
    «Frieder? Der hat sich bei mir überhaupt noch nicht gemeldet. Was meinst du mit kryptisch?»
    «Na ja, er hat mich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, meinen Beruf zu wechseln. Es gäbe etwas, wo ich mein wahres Talent zum Einsatz bringen könnte, eine blendende Zukunft und äußerst lukrativ.»
    «Und was, bitte schön, soll das sein?»
    «Ich habe keinen blassen Schimmer. Er meinte, er könne im Augenblick nicht konkreter werden, wolle mir aber schon mal die Gelegenheit geben, grundsätzlich darüber nachzudenken.»
    Haferkamp schnaubte. «Was ist das denn für ein Bockmist?»
    «Eben, ich frage mich auch, was das soll. Frieder redet doch sonst nicht so um den heißen Brei herum.»
    «Vielleicht will er dich in seiner Agentur haben.»
    «Weil ich das große Talent habe, schwachsinnige Werbeslogans zu erfinden?» Janicki lachte. «Wohl kaum, Martin.»
    «Mich hat er jedenfalls nicht angerufen», sagte Haferkamp. «Was allerdings auch nicht weiter verwunderlich ist.»
    «Hör mal, ich bin auch nicht gerade sein Busenfreund», entgegnete Janicki ein bisschen eingeschnappt.
    «Weiß ich doch», antwortete Haferkamp. «Wie geht es denn Bettina?»
    «Nicht allzu schlecht. Hör zu, Martin, ich muss Schluss machen, es klingelt gerade an der Haustür. Wir sehen uns dann ja nächste Woche.»
    Haferkamp schob den Aschenbecher zur

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