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Gnadenthal

Gnadenthal

Titel: Gnadenthal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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sie Rüdiger geheiratet hat. Sie war schwanger von Frieder, und er hat sie zu einer Abtreibung gezwungen. Dabei ist wohl was schief gegangen, jedenfalls konnte sie danach keine Kinder mehr kriegen und …»
    «Langsam, langsam», unterbrach Toppe sie. «Das hat Frau Henkel Ihnen alles am Montagabend erzählt?»
    «Erzählt! Sie hat geschrien wie eine Irre. Dass Frieder ihr ganzes Leben verpfuscht hat. Irgendwie stimmt das ja auch, sie und Rüdiger wollten immer eine große Familie haben. Wir konnten sie gar nicht beruhigen, immer wieder hat sie gebrüllt, dass Frieder über Leichen geht, dass ihr Kind wohl nicht gut genug war, das von Patricia aber schon.»
    «Sie wussten vorher nichts von der Abtreibung?»
    «Niemand, das hat sie all die Jahre für sich behalten. Wir haben nicht einmal mitbekommen, dass die beiden was miteinander hatten.»
    Sie spürte, wie sie auf einmal ganz ruhig wurde. «Dagmar ist dann heulend auf ihr Zimmer gerannt, und nach einer Weile bin ich hinterher. Sie hat mir so Leid getan.»
    Toppe schaute sie ungläubig an. «Sie sind zu Frau Henkel gegangen, um sie zu trösten? In Ihrem Zustand? Sie waren doch selbst außer sich.»
    «Aber ich schwöre …»
    «Lassen Sie das lieber.»

Neunzehn
    «Wieso Sie ausgerechnet mit mir noch einmal sprechen wollen, verstehe ich nicht», sagte Dagmar abweisend.
    «Das hat mehrere Gründe, Frau Henkel. Bitte setzen Sie sich.» Aus Toppes Miene konnte sie nichts ablesen.
    «Erstens», er nahm die Finger zu Hilfe, «Sie waren in der Nacht noch draußen, und zwar, nachdem es angefangen hatte zu regnen. Zweitens, Sie haben mit Herrn Haferkamp geschlafen, und daraus ergibt sich ein neuer zeitlicher Ablauf, und drittens, Sie haben abgetrieben.»
    Sie schnappte nach Luft. «Woher …?»
    «Nicht alle schweigen so beharrlich wie Sie.»
    Die Tränen ließen sich kaum noch zurückhalten. «Bitte, ich …»
    «Sie waren schwanger von Frieder Seidl. Hatten Sie ein längeres Verhältnis mit ihm?»
    Sie nickte und fühlte sich plötzlich vollkommen leer. «Vom 31. Dezember 1978 bis zum 4. Juli 1979.»
    «Das Datum der Abtreibung?»
    «Ja, Frieder wollte das Kind nicht und hat innerhalb von ein paar Tagen alles in die Wege geleitet. Kaum hatte ich es ihm erzählt, saß ich schon im Zug nach Holland.»
    «Sie wollten das Kind behalten?»
    «Ja, aber ich habe gedacht, wenn ich es wegmachen lasse, bleibt er bei mir. Aber ich hatte mich getäuscht.»
    «Sie waren damals schon mit Ihrem jetzigen Mann zusammen, nicht wahr?»
    «Schon ein paar Jahre, aber mir war alles egal. Ich wollte Frieder.» Noch immer spürte sie nichts als bleierne Müdigkeit. «Ich habe es Rüdiger nie erzählt.»
    «Er wusste auch nichts von der Abtreibung?»
    «Nur Martin wusste davon.»
    «Und am Montagabend ist Ihnen der ganze Schmerz wieder hochgekommen. Wie hat Seidl reagiert?»
    «Wie immer – überhaupt nicht.»
    Toppe seufzte. «Kommen wir noch einmal zum zeitlichen Ablauf zurück, zu den Dingen, die Sie uns bisher verschwiegen haben. Um Viertel vor drei haben Sie bei Haferkamp geklopft.»
    «Ja, kann sein, dass es Viertel vor drei war …»
    «Dann haben Sie mit ihm geschlafen. Wie lange waren Sie bei ihm?»
    «Ich weiß nicht genau, bis gegen halb vier vielleicht.»
    «Was taten Sie danach?»
    Auf einmal war nur noch Traurigkeit da. «Ich bin in mein Zimmer gegangen. Ich hatte Durst, aber meine Wasserflasche war leer. Ich bin nach unten und habe mir ein Glas Saft eingegossen. Die Terrassentür stand weit offen, der Regen schlug herein. Ich bin zur Tür gegangen, um sie zu schließen. Da habe ich Kai gesehen. Er war drüben beim Pavillon, und Martin stand auf der anderen Seite vom Teich.»
     
    «Also», sagte Ackermann, «dann versuchen wir mal, dat zusammenzubringen. Ich würd sagen, wenn et kein Quicky war, dann muss et so halb vier, Viertel vor vier gewesen sein, wie Sie in den Park raus sind. So, un’ jetzt will ich wissen, warum Sie uns dat nich’ schon längst erzählt haben!»
    «Ach, Scheiße», sagte Haferkamp. «Ich war völlig durch den Wind, als Dagmar und mir das passiert war. Ich bin durch den Park gerannt und habe versucht nachzudenken. Ob es weitergehen soll, wie es weitergehen kann. Dann habe ich Frieder entdeckt. Er lag im Pavillon und schlief.»
    «Wir hatten bloß vier Grad in der Nacht, da haben Sie den einfach so liegen lassen?»
    «Ich habe nicht gemerkt, wie kalt es war, und außerdem war es mir scheißegal.»
    «Bis jetzt weiß ich immer noch nich’, warum Sie

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