Gnadentod
sprechen hören.
»Sie gehören zu der Art von Menschen, denen gewisse Dinge zustoßen. Als ich mit Bob über Joanne sprach, klang er ziemlich verärgert, als er über Joannes Zustand -«
»Hat er das getan?«, sagte sie geistesabwesend, während sie ihren Blick durch den Raum wandern ließ. Einige weitere Tische waren inzwischen besetzt. »Das ist typisch Bob. Er ist stolz darauf, ein analytischer Mensch zu sein: das Problem identifizieren und dann herausschneiden.«
»Was ihm bei Joanne nicht gelungen ist.«
»Nein, ist es nicht.« Sie rührte ihren Gin Tonic um. Die Falten hatten sich noch tiefer in ihr Gesicht gegraben.
»Bob scheint der Ansicht zu sein, dass ihre Krankheit ausschließlich auf eine emotionale Depression zurückging«, sagte ich.
Sie sah zu einem Tisch rechts von ihr hinüber, an dem zwei Paare seit ein paar Minuten saßen, lachend und trinkend. Sie winkte den Kellner herüber und bestellte noch einen Gin Tonic.
»Sind Sie damit einverstanden?«
»Womit?«
»Dass ihre Krankheit emotionaler Natur war?«
»Ich bin keine Ärztin, Alex. Ich könnte nicht mal ansatzweise etwas über Joannes Motivation sagen.« Erneut wanderte ihr Blick auf das Glück am Nebentisch.
»Was Eric und Stacy betrifft -«
»Eric und Stacy werden damit fertig werden und sich anderen Dingen zuwenden, nicht wahr? Deshalb habe ich Stacy ja zu Ihnen geschickt.«
Ihr zweiter Gin Tonic kam. Wir erzählten uns gegenseitig Geschichten aus dem Gericht, und ich hörte ihr zu, als sie sich über Kommunalpolitik ausließ und die Unfähigkeit der Bezirksstaatsanwaltschaft, rückständigen Kindesunterhalt einzutreiben. Das ermöglichte es mir, die Unterhaltung wieder auf das Thema zu lenken, über das ich eigentlich mit ihr sprechen wollte.
»Mate haben sie auch nicht zu fassen gekriegt.«
Sie rührte in ihrem Gin und nickte.
»Ich bin mir nicht sicher, ob Mate darüber glücklich war«, sagte ich. »Keine Berichte zur besten Sendezeit mehr.«
»Ja, er hat es geliebt, im Mittelpunkt zu stehen, nicht wahr?«
»Interessant daran ist, Judy, dass er nie das Verdienst für Joannes Tod in Anspruch genommen hat. Er hat es nicht einmal versucht, und das ist der einzige Fall, bei dem das so war, soweit ich sehe.«
Sie ließ das Glas, das sie in der Hand gehalten hatte, langsam sinken. »Sie haben Nachforschungen angestellt?«
»Die Polizei hat angenommen, dass Mate Joanne Sterbehilfe geleistet hat, aber das ist nie bestätigt worden.«
»Ich würde sagen, das ist eine ziemlich gute Annahme, Alex. Ihre Leiche wies genau die Chemikalien auf, die Mate immer benutzt hat.«
Unsere Salate wurde gebracht. Ein großer Teller, beladen mit etwas, das wie Schnittgut vom Rasenmähen aussah. Auf meinem lagen ein paar Cashew-Kerne. Ich war noch satt von dem Steak, und es war nichts vorgefallen, was meinen Appetit angeregt hätte, sodass ich lediglich die Blätter von einer Seite zur anderen schob. Judy zielte mit ihrer Gabel auf eine Kirschtomate, versuchte hineinzustechen, aber sie rollte unter den Zinken hervor. Für den Bruchteil einer Sekunde wurde Judys Gesicht rot vor Wut. Über die Familie Doss zu reden, war für sie ein wahres Martyrium gewesen.
Sie spießte einen Fetzen Kopfsalat auf. »Selbst wenn Richard so dumm war, diesem Verlierer Geld zu geben - hat der Verlierer trotzdem gekniffen. Ich hoffe, Richard hat es nicht noch einmal versucht. Nach unserem Gespräch habe ich mich umgehört. Bis jetzt liegt nicht mehr vor als Anstiftung zum Mord. Ist Ihnen etwas Gegenteiliges zu Ohren gekommen?«
»Nein«, sagte ich.
»Leidenschaft, Alex. Aus Leidenschaft tun Leute verrückte Sachen.«
»Richard empfand Leidenschaft für Joanne?«
»Ich denke schon.« Sie zog ihren Ärmel zurück und sah auf ihre Lady Rolex.
»Hier kommt die Eieruhr ins Spiel«, sagte ich.
Sie lächelte. »Tut mir Leid, Alex. Ich bin sehr müde - und außerdem nicht hungrig. Gibt es sonst noch etwas?«
»Ich würde gern mehr über Eric wissen.«
»Ich kann Ihnen nicht mehr sagen als beim ersten Mal. Er ist ein Genie, ein Perfektionist. Eine dominierende Persönlichkeit.«
»Stacy hat gesagt, er sei mit Ali befreundet gewesen.«
Sie schwieg einen Augenblick. »Ja, das stimmt. Vor einem Jahr. Ali sagte, er hätte etwas von einem Kontrollfreak gehabt - nichts Schlimmes, er war einfach zu anspruchsvoll für sie. Sie hat die Beziehung beendet.«
Stacy hatte gesagt, Eric hätte ihr den Laufpass gegeben. Ein Teenager-Melodram? Spielte das überhaupt eine
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