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Gnadentod

Gnadentod

Titel: Gnadentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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ganz heiß darauf sind, es für deutlich weniger wieder loszuwerden.«
    »Großartig«, sagte ich.
    »Das ist es mit Sicherheit. Erinnern Sie sich an all dieses Geschwätz von der gelben Gefahr vor nicht allzu langer Zeit: Todesstrahlen von der aufgehenden Sonne, bald werden unsere Kinder in der Schule mittags Sushi zu essen bekommen? Ungefähr so realistisch wie Godzilla. Alles bewegt sich in Zyklen, wer lange genug lebt, kann sich für clever halten.« Noch ein Lachen. »Der Hurensohn wird das jetzt wohl nicht mehr tun. Also … das ist mein Alibi.«
    »Haben Sie das Gefühl, Sie brauchen ein Alibi?« Das Erste, was ich mich gefragt hatte, als ich von Mate hörte.
    Stille. Diesmal gab es kein Problem mit dem Telefon; ich konnte ihn atmen hören. Als er wieder sprach, klang seine Stimme angespannt.
    »Das war nicht wörtlich gemeint, Doktor. Obwohl die Polizei in der Tat versucht hat, mit mir Kontakt aufzunehmen - wahrscheinlich haben sie eine Art Liste, die sie durcharbeiten. Wenn sie der Reihe nach vorgehen, sollte ich am Ende stehen oder kurz davor. Der Hurensohn hat noch zwei Frauen nach Joanne ermordet. Aber genug davon. Ich habe nicht seinetwegen angerufen, sondern wegen Stacy.«
    »Wie geht’s Stacy?«
    »Im Grunde prima. Wenn Sie wissen wollen, ob der Tod des Hurensohns irgendwelche Reaktionen im Hinblick auf ihre Mutter ausgelöst hat: Ich habe nichts Unangemessenes bemerkt. Wir haben allerdings nicht darüber geredet. Joanne war kein Gesprächsthema, seit Stacy nicht mehr zu Ihnen kommt. Und Mate hat sie glücklicherweise ohnehin nie interessiert. An derartigen Dreck sollte sie keine Zeit verschwenden. Im Grunde ging es uns allen prima. Eric ist wieder in Stanford, hat das Jahr mit hervorragenden Noten abgeschlossen und arbeitet mit einem Volkswirtschaftsprofessor an seiner Examensarbeit. Ich fliege an diesem Wochenende hin, um ihn zu besuchen, und nehme Stacy vielleicht mit, damit sie sich noch mal den Campus ansehen kann.«
    »Hat sie sich für Stanford entschieden?«
    »Noch nicht; deshalb möchte ich, dass sie es noch mal sieht. Bewerbungsmäßig sieht es gut aus bei ihr. Ihre Noten sind deutlich besser geworden, nachdem sie bei Ihnen war. In diesem Semester will sie es wirklich wissen. Das volle Programm, Hauptseminare, Examensvorbereitung. Wir haben uns noch nicht entschieden, ob sie sich um eine frühe Zulassung bemühen oder sich großflächig bewerben soll. Stanford und die Ivy-League-Unis nehmen die Mehrzahl ihrer Studenten früh auf. Dass ihre Eltern ebenfalls in Stanford waren, schadet nichts, aber die Konkurrenz ist groß.
    Das ist der Grund meines Anrufs. Sie tut sich immer noch schwer damit, Entscheidungen zu treffen, und da die Frist für die frühen Zulassungen im November abläuft, stehen wir ein bisschen unter Zeitdruck. Ich nehme an, Sie haben in dieser Woche etwas Zeit für sie.«
    »Das kann ich machen«, sagte ich. »Aber -«
    »Zahlung wie gehabt, korrekt? Es sei denn, Sie haben Ihr Honorar erhöht.«
    »Zahlung wie gehabt -«
    »Das überrascht mich nicht«, sagte er. »Nachdem die Versicherungen den Geldhahn zudrehen, würden Sie mit einer Erhöhung Schwierigkeiten bekommen. Da wir Sie noch im Computer haben, schicken Sie die Rechnung einfach ins Büro.«
    Ich atmete tief durch. »Richard, ich würde mich freuen, Stacy zu sehen, aber vorher muss ich Ihnen sagen, dass die Polizei mich im Mordfall Mate hinzugezogen hat.«
    »Ich verstehe … Nein, eigentlich verstehe ich es nicht. Aus welchem Grund?«
    »Ich war schon früher als Berater für das Police Department tätig, und mit dem Detective, der die Ermittlungen leitet, habe ich bereits zusammengearbeitet. Er hat kein bestimmtes Anliegen, sondern will eine zeitlich unbegrenzte psychologische Beratung.«
    »Weil der Hurensohn verrückt war?«
    »Weil der Detective meint, ich könnte ihm bei den Ermittlungen behilflich -«
    »Dr. Delaware, das klingt derart vieldeutig, dass es an Sinnlosigkeit grenzt.«
    »Aber es ist wahr«, sagte ich. »Ich habe nicht erwähnt, dass jemand aus Ihrer Familie bei mir in Therapie war, aber es könnte ein Interessenkonflikt entstehen. Denn sie gehen tatsächlich die Liste von Mates -«
    »Opfern«, fiel er mir ins Wort. »Bitte verschonen Sie mich mit diesem Blödsinn von wegen >Reisende<.«
    »Worum es mir geht, Richard, ist die Tatsache, dass die Polizei mit Ihnen reden wird. Bevor ich irgendetwas unternehme, möchte ich das mit Ihnen besprechen. Ich möchte nicht, dass Sie den Eindruck haben,

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