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Gnadentod

Gnadentod

Titel: Gnadentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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dass ein Interessenkonflikt vorliegt, und deshalb habe ich Sie -«
    »Also waren Sie in einer Konfliktsituation und versuchen nun, sich eine günstige Ausgangsposition zu verschaffen.«
    »Es ist keine Frage der Position. Es ist -«
    »Ihr ernsthafter Versuch, das Richtige zu tun. Schön, das akzeptiere ich. In meinem Geschäft nennen wir das die erforderliche Sorgfalt. Wie lautet Ihr Plan?«
    »Da Sie jetzt angerufen und mich gebeten haben, Stacys Therapie wieder aufzunehmen, werde ich die Sache mit Mate fallen lassen.«
    »Warum?«
    »Da sie eine ehemalige Patientin ist, die die Behandlung fortsetzt, ist es ausgeschlossen, dass ich weiter als Berater tätig bin.«
    »Welchen Grund werden Sie der Polizei gegenüber angeben?«
    »Das wird nicht erforderlich sein, Richard. Einen Punkt sollten Sie allerdings berücksichtigen: Die Polizei erfährt vielleicht ohnehin von der Beziehung zwischen uns. Diese Dinge lassen sich schlecht unter Verschluss halten.«
    »Nun, das ist okay«, sagte er. »Keine Geheimniskrämerei meinetwegen. Wenn sie mich zu fassen kriegen, werde ich ihnen sogar selbst erzählen, dass Stacy bei Ihnen in Behandlung war. Was gibt es da zu verbergen? Liebevoller Vater sorgt dafür, dass leidenden Kindern geholfen wird? Oder sagen Sie es ihnen einfach selbst, das ist noch besser.«
    Er lachte leise. »Ich nehme an, ich kann mich glücklich schätzen, dass ich ein Alibi habe - wissen Sie was, Doktor? Informieren Sie die Polizei. Ich freue mich schon darauf, ihnen zu erzählen, was ich von dem Hurensohn halte, und dass ich mir nichts Schöneres vorstellen kann, als auf dem Grab des Hurensohns zu tanzen. Und denken Sie ja nicht daran, auf Ihr Beraterhonorar zu verzichten, Dr. Delaware. Um nichts in der Welt möchte ich im Zeitalter der Krankenversicherungen Ihre Einkünfte reduzieren. Arbeiten Sie bitte weiter mit den Cops. Im Grunde ist es mir sogar lieber.«
    » Warum?«
    »Wer weiß, vielleicht bekommen Sie dadurch die Chance, im Leben dieses Hurensohns herumzustochern und irgendein schmutziges Geheimnis aufzudecken, das der Öffentlichkeit klar macht, was er in Wirklichkeit war.«
    »Richard -«
    »Ich weiß. Sie werden alles, was Sie herausfinden, diskret behandeln, Sie sind die Diskretion in Person und so weiter. Aber es kommt alles in die Polizeiakte, und Polizisten haben ein großes Mundwerk. Also wird es rauskommen - das gefällt mir, Dr. Delaware. Dadurch, dass Sie für die Polizei arbeiten, arbeiten Sie auch für mich. Wann kann ich also mit Stacy vorbeikommen?«
     
    Ich machte mit ihm einen Termin für den nächsten Vormittag aus, und als ich auflegte, beschlich mich ein Gefühl, als befände ich mich an Bord eines kleinen Boots, während ein Taifun um mich herum tobte.
    Seit meinem letzten Gespräch mit Richard Doss war ein halbes Jahr vergangen, aber an der Art und Weise, wie wir miteinander kommunizierten, hatte sich nichts geändert. Dafür gab es auch keinen Grund. Richard hatte sich nicht geändert, das war nie seine Absicht gewesen.
    Dass er Mate verachtete, war eins der ersten Dinge, die er mich hatte wissen lassen. Als der Mord an Mate über die Bildschirme flimmerte, war mein erster Gedanke gewesen: Richard hat ihn sich vorgeknöpft.
    Nachdem ich die Einzelheiten des Mordes erfahren hatte, fühlte ich mich besser. Das Gemetzel schien nicht Richards Stil zu sein. Doch wie sicher konnte ich mir dessen sein? Richard hatte nicht mehr von sich preisgegeben, als er gewollt hatte.
    Er gab den Ton an, wie immer. Er war einer dieser Menschen, die jeden Raum zu voll wirken lassen, den sie betreten. Vielleicht war das einer der Gründe gewesen, die seine Frau dazu gebracht hatten, sich an Eldon Mate zu wenden.
     
    Die Überweisung war von Judy Manitow veranlasst worden, einer Richterin am Familiengericht, mit der ich zusammengearbeitet hatte. Die Nachricht ihrer Schriftführerin war kurz gewesen: Eine Nachbarin war gestorben und hatte eine siebzehnjährige Tochter hinterlassen, die eine Therapie benötigte.
    Ich rief ein wenig unschlüssig zurück. Ich arbeite kaum als Therapeut, vermeide Langzeitbehandlungen, und das hörte sich nicht nach einer kurzen Geschichte an. Aber die Zusammenarbeit mit Judy Manitow war unproblematisch gewesen. Sie war zwar autoritär, aber klug, und Kinder schienen ihr tatsächlich am Herzen zu liegen. Ich rief ihr Büro an, wo sie selbst sofort am Apparat war.
    »Ich kann Ihnen nicht versprechen, dass es schnell geht«, gab sie zu. »Obwohl Stacy mich immer durch

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