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Gnadentod

Gnadentod

Titel: Gnadentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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ihre Stabilität beeindruckt hat und keine offenkundigen Probleme zu haben scheint. Zumindest bis jetzt.«
    »Wie ist ihre Mutter gestorben?«
    »Grauenhaft. Langwierige Krankheit - rapide Verschlechterung. Sie war erst dreiundvierzig.«
    »Was für eine Krankheit?«
    »Man hat nie eine richtige Diagnose gestellt, Alex. Die eigentliche Todesursache war Selbstmord. Ihr Name war Joanne Doss. Vielleicht haben Sie von ihr gelesen? Es ist vor drei Monaten passiert. Sie war eine von Dr. Mates … Ich glaube, Patientin ist nicht das richtige Wort. Wie er diese Leute eben nennt.«
    »Reisende«, sagte ich. »Nein, ich habe nicht davon gelesen.«
    »Es war keine große Geschichte«, sagte sie. »Sie stand hinten in der Westside-Beilage. Jetzt, wo man Mate nicht mehr strafrechtlich verfolgt, wird wohl nicht mehr ausführlich über ihn berichtet. Ich kannte Joanne schon lange, eigentlich seit wir unsere ersten Kinder bekommen haben. Wir haben zusammen den Schwangerschaftskurs gemacht, die Vorschule, das ganze Drum und Dran. Zweimal haben wir es mitgemacht, unsere Kinder sind im selben Jahr zur Welt gekommen. Meine Allison und ihr Eric, danach Becky und Stacy. Becky und Stacy haben viel Zeit zusammen verbracht. Süßes Mädchen, schien immer … mit beiden Beinen fest auf der Erde zu stehen. Deshalb braucht sie vielleicht keine Langzeittherapie, sondern nur ein paar Sitzungen Trauerarbeit. Das haben Sie doch früher gemacht, richtig? Als Sie noch auf der Krebsstation am Western Pediatrics gearbeitet haben?«
    »Vor Jahren«, sagte ich. »Was ich damals gemacht habe, war meistens das Gegenteil. Ich habe versucht Eltern zu helfen, die ihre Kinder verloren hatten. Aber es stimmt schon, ich habe mit Trauerfällen aller Art zu tun gehabt.«
    »Gut«, sagte sie. »Ich hatte nur den Eindruck, es sei meine Pflicht, weil ich die Familie kenne und Stacy leicht depressiv zu sein scheint - aber wie sollte das auch anders sein? Ich weiß, dass sie Ihnen gefallen wird. Und ich glaube, dass Sie die Familie interessant finden werden.«
    »Interessant«, sagte ich. »Was für ein grauenhaftes Wort.«
    Sie lachte. »So als wollte dich jemand mit einem hässlichen Typen verkuppeln, den du noch nie gesehen hast. >Ist er süß?< >Nun ja, er ist interessant.< So hab ich’s nicht gemeint, Alex. Die Dosses sind klug, so ziemlich die intelligenteste Familie, die ich je kennen gelernt habe. Jeder von ihnen ein Individuum - Sie werden sich nicht mit ihnen langweilen, das verspreche ich Ihnen. Joanne hat in zwei Fächern promoviert. Zuerst Anglistik in Stanford, sie hatte bereits eine Stelle als Dozentin an der Uni, als sie nach L. A.
    umgezogen sind. Und dann hat sie sich noch mal immatrikuliert und Vorlesungen und Seminare in Naturwissenschaften belegt, als sie mit Eric schwanger war. Sie hat ihre zweite Doktorarbeit in Mikrobiologie geschrieben und ist von der Uni in die Forschungsabteilung übernommen worden. Bevor sie krank wurde, hatte sie ihr eigenes Laboratorium. Richard ist ein Seifmade-Millionär. Er hat in Stanford Betriebswirtschaft studiert. Er und Bob waren in derselben Verbindung. Er kauft marode Immobilien und saniert sie. Bob sagt, er hat ein Vermögen damit gemacht. Eric ist ein Genie, hat Preise in allen Disziplinen gewonnen - an der Hochschule, im Sport, überall, ein Energiebündel. Stacy schien nie sein Selbstvertrauen zu haben, sie war immer eher … introvertiert. Daher ergibt es durchaus einen Sinn, dass Joannes Tod sie am schwersten getroffen hat. Außerdem ist sie die Tochter. Mütter und Töchter sind ein Kapitel für sich.«
    Sie hielt inne. »Ich rede ohne Punkt und Komma, nicht wahr? Ich nehme an, es liegt daran, dass ich die Familie wirklich mag. Außerdem habe ich mich, um ehrlich zu sein, ziemlich aus dem Fenster gehängt. Richard hielt nämlich nichts von einer Therapie. Ich musste ihn ein bisschen bearbeiten, bis er schließlich zugestimmt hat. Am Ende war es Bob, der zu ihm durchgedrungen ist. Er und Richard spielen Tennis in Cliffside; letzte Woche hat Richard Bob erzählt, Stacys Noten hätten sich verschlechtert und er hätte den Eindruck, als sei sie müder als sonst. Er wollte wissen, ob Bob ihm irgendwelche Vitamine empfehlen könne. Bob hat ihm gesagt, er sei ein Blödmann, Stacy brauche keine Vitamine, sondern eine Therapie, er solle sich mal am Riemen reißen.«
    »Rauer Umgangston«, sagte ich. »Das muss ja ein tolles Tennismatch gewesen sein.«
    »Ich bin sicher, das Testosteron hat ordentliche Wellen

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