Gnadentod
auch?«
»Nein, aber sie wird seiner langsam müde. Vielleicht gibt sie im Gespräch irgendetwas preis.«
Er bleckte seine Zähne auf eine Art, die man als Lächeln interpretieren konnte. »Prima, unser Plan steht also. Wenn wir das alles erreicht haben, kann ich ihm dann seinen Stock in den Arsch schieben?«
Er trat das Gaspedal durch. Die fünfzehnminütige Fahrt führte uns vorbei an Canyon-Schönheit und Vorstädten in Hanglage, in einer zu schnellen Linkskurve über den Ventura. Im Valley war es zehn Grad wärmer. Encino tauchte unmittelbar hinter dem Sepulveda auf, und die niedrigen Geschäfte von Sherman Oaks räumten verspiegelten Bürohochhäusern und Parkplätzen das Feld. Wie immer so früh an einem verschlafenen Sonntag herrschte wenig Verkehr. Der Freeway 405 verlief parallel zur Westflanke des weißen Skeletts, das einmal die Sherman Oaks Galleria gewesen war, das Einkaufszentrum, das inzwischen dichtgemacht worden war und aufgrund seiner Größe in seiner Verlassenheit nur noch erbärmlicher aussah. Irgendjemand hatte Pläne mit dem Gelände. Irgendjemand hatte immer irgendwelche Pläne.
Milo bog hinter einem weiteren Häuserblock nach rechts auf die Orion ab, fuhr zunächst parallel zum Freeway, dann auf der Camarillo nach Westen in einem Bogen bis zur Einmündung der Milbank, einer Straße ohne Bürgersteige mit gepflegten Bungalows, die im Schatten üppiger ungestutzter Kampferbäume standen. Im Osten dröhnte in einiger Entfernung der Freeway.
Tanya Strattons Anwesen entsprach dem weißen, mit öffentlichen Krediten finanzierten Traumhäuschen eines Gl aus dem II. Weltkrieg. Ein sorgfältig gepflegter Rasen, wenn auch weniger aufwändig gestaltet als der der Nachbarn. Es standen keine Wagen in der Einfahrt, stattdessen lagen zwei alte Zeitungen auf einem Ölfleck. Das Haus besaß mit Läden versehene Fenster und ein weiß gestrichenes eisernes Sicherheitsgitter vor der Eingangstür. Der Briefkasten war an dem Stahlgeflecht befestigt worden. Eine weitere weiße Eisentür versperrte den Weg zum Garten.
»Da legt jemand großen Wert auf seine Privatsphäre«, sagte ich.
Milo runzelte die Stirn. Wir stiegen aus und gingen zu der Sicherheitstür. Der Klingelknopf befand sich auf der Vorderwand des Hauses neben dem Türpfosten. Milo drückte darauf, und ich hörte, wie es im Innern des Hauses summte. Keine Reaktion. Kein Gebell.
»Vielleicht haben sie Duchess zu einem ihrer frühen Spaziergänge mitgenommen?«, sagte ich.
»Am Sonntag?«, fragte er.
»Hey, er ist ein durchtrainierter Bursche.«
Er hob die Klappe des Briefkastens an, in dem vier Umschläge und zwei Wurfsendungen von Fastfood-Restaurants lagen. Er inspizierte die Poststempel. »Von gestern.«
Er trat mit der Schuhspitze gegen das Gitter. Ich sah, wie er einen lautlosen Fluch ausstieß, während er das glänzende Messingschloss anstarrte. »Wer weiß, was verdammt noch mal drin vorgeht, aber die Tatsache, dass Ulrich die Leiche entdeckt hat, ist nicht gerade ein Grund für einen Durchsuchungsbefehl. Zum Teufel, ich führe nicht mal die Durchsuchungen durch, für die ich mir eine Erlaubnis besorgt habe.«
»Du hast sie Richard doch nicht zugestellt?«
Er schüttelte den Kopf. »Das war’s dann, was meine zukünftige Beziehung zu Maclntyre angeht. Ich hab die ganze Nacht mit meinen Kollegen aus Glendale verbracht, die dich übrigens nicht festnehmen werden, weil du unbefugt einen Tatort betreten hast.«
»Sie wüssten ja nicht einmal, dass es sich um einen Tatort handelt, wenn ich ihn nicht betreten hätte.«
»Komm mir nicht mit Formsachen.« Er drückte erneut auf die Klingel, rieb sich das Gesicht, lockerte seinen Schlips, und ließ seinen Blick hinunter zu der Gartentür wandern. »Gehen wir zum Wagen zurück und überlegen, wie wir weitermachen. In der Zwischenzeit lasse ich ein paar Anfragen nach Ulrichs Decknamen durchlaufen. Er hat die Wanderer-Nummer wiederholt, zweimal Michigan ausgesucht, vielleicht hat er ja auch zweimal dieselbe Identität benutzt.«
Er versuchte es wieder beim Zentralregister und ließ eine Anfrage nach Michael Ferris Burke, Grant Rushton, Huey Mitchell und Hank Spreen durchlaufen - ohne Erfolg. Wir hatten ein paar Minuten im Wagen gesessen, abwechselnd geschwiegen und uns gegenseitig Vorschläge unterbreitet, die jedoch allesamt in Sackgassen endeten, als ein kleiner roter Wagen vorfuhr und auf der anderen Straßenseite parkte.
Ein Nissan Sentra mit einer dunkelhaarigen Frau am
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