Gnadentod
C-wahine gestimmtes Glissando vom Stapel, und ich dachte plötzlich an Palmen.
Ich leerte mein Glas und trank einen weiteren Scotch.
Am Mittwochmorgen erwachte ich mit wohlverdienten Kopfschmerzen, einer angemessen pelzigen Zunge und Sandpapieraugen. Robin war bereits in ihrem Atelier. Ich konnte den Geruch des Kaffees, den sie aufgesetzt hatte, nicht ertragen.
Ich duschte eine Minute lang, zog mich an und hielt Ausschau nach der Morgenzeitung. Robin war so erpicht auf ihre Arbeit gewesen, dass sie sie nicht hereingeholt hatte. Ich ging vor die Tür und hob sie auf.
Die Titelseite schrie mich regelrecht an.
Geheimnisvolles Portrait des Dr. Death
Plötzlich aufgetauchtes Gemälde wirft neue Fragen nach Mord an Eldon Mate auf
Santa Monica.
Als Grant Kugler, Inhaber der Kunstgalerie Primal Images an der Colorado Avenue, gestern Abend dort eintraf, um eine Installation auszupacken, lehnte eine Überraschung an der Hintertür. Ein in braunes Papier eingeschlossenes Paket enthielt ein unsigniertes Original-Ölgemälde, das eine Kopie von Rembrandts »Anatomie des Dr. Tulp« darstellte. Diese Version unterscheidet sich vom Original allerdings dadurch, dass es den ermordeten »Todesdoktor« Eldon Mate in einer Doppelrolle als Pathologe und Leichnam abbildet.
»Nicht unbedingt das Werk eines Meisters«, meinte Kugler. »Ich würde es als gute Arbeit bezeichnen. Warum es an meiner Tür gelandet ist, weiß ich nicht. Ich habe nicht viel für gegenständliche Kunst übrig, finde aber gesellschaftliche Kommentare mitunter amüsant.«
Im weiteren Verlauf zitierte der Artikel »polizeiliche Quellen, die ungenannt bleiben wollten« und bestätigten, es bestünden »auffällige Ähnlichkeiten zwischen dem Gemälde und den Details des Tatortes, was Fragen nach der Identität des Künstlers und den Motiven für das Abstellen des Portraits aufwirft. Das Gemälde ist in Polizeigewahrsam genommen worden.«
Diese Formulierung beschwor Bilder herauf, wie kräftige Männer eine Möglichkeit austüftelten, Handschellen am Rahmen anzubringen. Ich fragte mich, wie lange es dauern würde, bis Milo sich bei mir meldete. Als ich eine halbe Tasse Kaffee getrunken hatte, schrillte das Telefon.
»Ich nehme an, du liest«, sagte er.
»Klingt so, als wäre Zero Tollrance in der Stadt.«
»Ich habe versucht, dem Colorado-Artikel nachzugehen, den du mir gegeben hast. Niemand kennt Tollrance, es existiert kein Mietvertrag über das Haus, das er für seine Ausstellung benutzt hat, weil er es besetzt hatte. Es war einer dieser großen leer stehenden Industriekomplexe voller Obdachloser. Ich weiß nicht mal, ob Tollrance dort je gelebt hat. Die Polizei in Denver hat nie von ihm gehört, und der Kunstkritiker, der über die Ausstellung berichtet hat, erinnert sich eigentlich nur noch daran, dass Tollrance wie ein Penner aussah und seine Fragen nicht beantworten wollte - offenbar wollte er überhaupt nicht reden, sondern zeigte nur auf seine Bilder und stapfte davon. Er hielt ihn für einen Verrückten. Deshalb nannte er ihn >Outsider-Künstler<.«
»Ein Penner.«
»Lange Haare und ein Bart. Der Kritiker sagte, er hätte eine Art primitives Talent<. Er hat dasselbe gesagt wie der Galerist - gegenständliche Kunst wäre nicht sein Ding. Was in der Kunstwelt offenbar so viel heißt wie, wenn du zeichnen kannst, kannst du einpacken.«
»Und warum ist er dann zu dieser Ausstellung gegangen?«
»So neuuuugiiieeerig. So interessiiieeert. Ich hab nicht einmal aus ihm rausgekriegt, wie er von der Ausstellung erfahren hat. Vielleicht hat Tollrance ihm eine Ankündigung gefaxt, vielleicht auch nicht. Er hat gesagt, es seien nicht viele Leute da gewesen, und niemand hätte etwas gekauft. Er hat nie wieder von Tollrance gehört und hat keine Ahnung, was aus den Bildern geworden ist.«
»Tja, von einem wissen wir ja jetzt, wo es ist«, sagte ich. »Ein bärtiger Penner, das könnte derselbe Typ sein, den Mrs. Krohnfeld weggejagt hat. Könnte Donny Salcido Mate sein.«
»Das habe ich auch schon gedacht«, sagte er.
»Hast du irgendeine Ahnung, wo Donny sich zur Zeit der Ausstellung aufhielt?«
»Nein, aber im Gefängnis war er nicht. Er wurde erst vier Monate später das erste Mal verhaftet.«
»Seine Mutter sagte, er hätte zu dem Zeitpunkt bereits auf der Straße gelebt«, sagte ich. »Er ist vielleicht in den Osten gegangen, ist in Colorado gelandet und hat ein leer stehendes Gebäude gefunden, in dem er sich auf seine Kunst
Weitere Kostenlose Bücher