Gnadentod
hat sich rausgestellt, dass er bekannt war bei uns. Wegen der Hollywoodsanierung hat uns das Büro von Stadträtin Goldstein die Anweisung gegeben, ein Auge auf die Durchreisenden zu haben - die Penner-Streife, wie wir sie immer genannt haben, gab es einen Monat lang. Salcidos Name tauchte in einer Akte dieser Streife auf. Keine Festnahme, sie haben nur besetzte Häuser abgeklappert, um festzustellen, was die Hausbesetzer vorhatten. Wenn sie etwas von Drogen oder ein anderes Verbrechen mitbekamen, konnten sie eine Verhaftung vornehmen, aber im Grunde ging es nur darum, Stadträtin Goldstein zufrieden zu stellen.«
Milo schlug die Akte auf. »Salcido hat in einem leer stehenden Gebäude in der Nähe der Kreuzung Western und Hollywood gewohnt - das mit dem großen Fries auf der Front, ich glaube, Louis B. Mayer oder ein anderer Filmmogul hat es bauen lassen. Später haben die Penner-Cops herausgefunden, dass er vorbestraft war, und haben einen entsprechenden Vermerk gemacht«, sagte sie.
»Unsere Steuergelder bei der Arbeit.« Milo blätterte die Seiten der Akte durch. »Hat er allein dort gelebt?«
»Solange kein Kollege verzeichnet ist, den wir kennen, wahrscheinlich ja.«
»Hier steht, man hat ihn in »einem Raum voller Müll< gefunden.«
»Wie Sie sehen, hat er behauptet, erwerbstätig zu sein, konnte das aber nicht belegen. Die Streife hat ihn als geisteskrank eingestuft, wahrscheinlich drogenabhängig, und vorgeschlagen, dass er sich bei der Gesundheitsfürsorge meldet. Er hat sich geweigert.«
»Warum haben sie ihn nicht zur Räumung gezwungen?«
»Ohne eine Beschwerde des Hauseigentümers besteht dazu kein Grund. Ich habe heute Morgen in dem Gebäude vorbeigeschaut, aber er ist verschwunden, es ist niemand mehr dort. Nur Bauarbeiter, große Umbaumaßnahme. Tut mir Leid, dass ich nicht mehr habe.«
»Hey, das ist besser als nichts - vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben«, sagte Milo. »Besetzt ganz allein ein ganzes Haus …«
Ich wusste, dass er an das verlassene Gebäude in Denver dachte. Er blätterte eine Seite um. »Kein Foto?«
»Die Penner-Streife hatte keine Kamera dabei. Aber sehen Sie auf der letzten Seite nach. Ich habe vom Gefängnis in Marin County ein Foto gefaxt bekommen, das sie dort bei der Einlieferung gemacht haben. Die Qualität ist leider nicht gerade überwältigend.«
Milo fand das Bild, musterte es und reichte es mir.
Es zeigte Eldon Salcido Mate, wie er gerade seine Haftstrafe antrat, eine Plakette mit Ziffern an einer Kette um seinen Hals baumelnd, mit dem obligatorischen mürrischen Starren, aufgelockert durch ein hartes, heißes Licht in den Augen, das entweder auf seinen Wahnsinn oder nur auf das grelle Licht des Raums zurückzuführen war.
Er hatte langes, strähniges Haar, war aber glatt rasiert. Heller Teint, wie Guillerma Salcido gesagt hatte, ein rundes Gesicht mit fliehendem Unterkiefer. Feine, zarte Gesichtszüge, vorzeitige Fältchen. Ein junger Mann, der zu schnell alterte.
Er besaß eine verblüffende Ähnlichkeit mit einem Gesicht auf einem Seziertisch; Guillerma Mate hatte Recht gehabt. Donny war der Sohn seines Vaters.
Milo las weiter in der Akte. »Hier steht, er hat behauptet, er arbeitete in einem Tattoo-Studio auf dem Boulevard, wüsste aber nicht mehr, in welchem.«
»Ich hab’s in ein paar Läden versucht, aber niemand kennt ihn. Der Gefängnisaufseher in Marin sagte aber, Salcido hätte andere Häftlinge tätowiert und dadurch wäre er vermutlich heil über die Runden gekommen.«
»Inwiefern?«, fragte ich.
»Das Gefängnis ist unter verschiedene Gangs aufgeteilt«, sagte sie. »Jemand, der keiner bestimmten Gruppe angehört, ist Freiwild, es sei denn, er hat etwas zu bieten. Salcido hat seine Kunst verkauft, aber der Aufseher sagte, niemand hätte ihn in seiner Gang haben wollen, weil sie ihn alle für verrückt hielten.«
»Tätowierungen«, sagte Milo. »Der Junge zeichnet gern.«
Petra nickte. »Ich habe von dem Gemälde gelesen. Glauben Sie, er war das?«
»Scheint mir ein sicherer Tipp zu sein.«
»Wie sieht das Bild aus?«
»Ich würde es nicht in mein Esszimmer hängen wollen.« Milo schloss die Akte. »Sie sind doch selbst Malerin, nicht wahr?«
»Das würde ich kaum so nennen.«
»Kommen Sie, ich habe doch schon Werke von Ihnen gesehen.«
»Schnee von vorgestern«, insistierte sie.
»Möchten Sie das Bild sehen?«
Sie sah auf ihre Uhr. »Klar, warum nicht?«
Sie hielt das Bild mit gestreckten Armen hoch,
Weitere Kostenlose Bücher