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Gnadentod

Gnadentod

Titel: Gnadentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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sagte sie: »Und ich habe das vorhin ernst gemeint - bitte hören Sie nicht auf, mit den Cops zu arbeiten. Sie müssen an sich denken.«
    Nettes Mädchen.
    Ich sah zu, wie sie wegfuhr, glitt behutsam auf den Pacific Coast Highway und fühlte mich ziemlich gut.

16
    Als ich nach Hause kam, stand Robin in der Küche und rührte in einem Topf - in einem dieser großen blauen Dinger mit weißen Punkten. Spike lag in einer Ecke und machte begeisterte Annäherungsversuche an einen köstlich aussehenden Knochen.
    »Du siehst müde aus«, sagte sie.
    »Viel Verkehr.« Ich küsste sie auf die Wange und schaute in den Topf, in dem große Stücke Lammfleisch, Möhren, Pflaumen, Zwiebeln waren. Meine Nase füllte sich mit dem Aroma von Kreuzkümmel und Zimt und Wärme, und mir lief das Wasser im Mund zusammen.
    »Ewas Neues«, sagte sie. »Eine Tagine. Das Rezept hab ich von dem Typen, bei dem ich den Ahornzucker kaufe.«
    Ich tauchte den Löffel ein, blies, probierte. »Fantastisch, danke, danke, danke.«
    »Hungrig?«
    »Am Verhungern.«
    »Kein Schlaf, kein Essen.« Sie seufzte. »Wo war der dichte Verkehr?«
    Ich erzählte ihr, ich hätte mich mit einem Patienten am Strand treffen müssen. »Ein Notfall?«
    »Potenziell, aber er ist bereinigt.« Ich legte meine Hände um ihre Hüften, hob sie hoch und setzte sie auf dem Küchentresen ab.
    »Was wird das?«, fragte sie. »Leidenschaft mitten unter Töpfen und Pfannen, eine dieser Männerfantasien?«
    »Vielleicht später. Wenn du brav bist.« Ich ging zum Kühlschrank, holte eine angebrochene Flasche Weißwein heraus, roch daran und gosszwei Gläser ein. »Erst feiern wir.«
    »Was haben wir für einen Anlass?«
    »Es gibt keinen«, sagte ich. »Das ist es ja gerade.«
     
    Der Rest des Abends verlief ruhig. Keine Anrufe von Milo oder irgendwem sonst. Ich versuchte mir vorzustellen, wie das Leben ohne Telefon aussehen würde. Wir aßen zu viel Lamm und tranken ausreichend Wein, um albern zu werden. Die Idee des Liebesakts schien in weiter Entfernung zu liegen; wir schienen beide ganz zufrieden damit, einfach nur da zu sein.
    Also saßen wir Händchen haltend auf der Couch, reglos und schweigend. Würde es so sein, wenn wir alt wurden? Die Aussicht erschien mir großartig.
    Plötzlich veränderte sich etwas in der Atmosphäre, und wir begannen einander zu berühren, zu streicheln, zu küssen, Erkundungen zu riskieren. Schließlich waren wir nackt, ineinander verschlungen, ließen uns von der Couch auf den Boden sinken und nahmen aufgescheuerte Knie und Ellbogen, überdehnte Muskeln, lächerliche Positionen in Kauf.
    Am Ende landeten wir im Bett. Anschließend duschte Robin sich ab und verkündete, sie wolle noch ein wenig schnitzen, ob ich etwas dagegen hätte?
    Als sie zum Atelier gegangen war, fläzte ich mich in meinen großen Ledersessel und las in ein paar Zeitschriften, während im Hintergrund entspannte hawaiianische Gitarrenmusik erklang. Eine Zeit lang gelang es mir ganz gut zu vergessen. Doch dann musste ich wieder an Stacy denken. Eric. Richard. Der Verfall von Joanne Doss.
    Ich dachte darüber nach, Judy Manitow am nächsten Tag anzurufen, um herauszufinden, ob sie irgendwelche neuen Einsichten gewonnen hatte, seit sie sie zu mir geschickt hatte. Schlechte Idee. Stacy empfände das vielleicht als Einmischung. Außerdem hatte sie mir verschiedentlich zu verstehen gegeben, dass die beiden Familien durch mehr als bloße Nachbarschaftsbeziehungen miteinander verbunden waren. Joanne, die Becky Nachhilfestunden erteilt hatte, Eric, der Allison den Laufpass gegeben hatte, Becky und Stacy, die sich auseinander gelebt hatten.
    Bob, der Richards und Joannes zur Schau gestellte Zärtlichkeit mit Missfallen betrachtet hatte.
    Und Judy und Bob, die mit Beckys Problemen beschäftigt waren. Trotzdem lag ihnen Stacy so sehr am Herzen, dass sie Richard gedrängt hatten, mit mir Verbindung aufzunehmen.
    Mit mir, nicht mit Beckys Therapeutin, weil sie über ihr Privatleben wachten - Stacys Angelegenheiten um Armeslänge von denen Beckys entfernt hielten? Oder war es Beckys Entscheidung gewesen - Stacy hatte mir gerade erzählt, Becky habe sich von ihr distanziert, rede kaum noch mit ihr. Wie auch immer die Einzelheiten aussahen, es war am besten, zusätzliche Komplikationen zu vermeiden.
    Ich stand auf und goss mir einen Fingerbreit Chivas ein. Wenn man den Wein hinzurechnete, lag ich damit deutlich über meinem normalen Alkoholkonsums. Ein hawaiianischer Virtuose ließ ein in

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