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Gnadentod

Gnadentod

Titel: Gnadentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Burke geht nach Seattle, um Medizin zu studieren. Er kommt ganz schön herum.«
    »Er tut einfach nichts anderes«, sagte Fusco. »Eine Sache ist allerdings merkwürdig: Bevor er in Seattle auftauchte und sich einen gebrauchten VW-Bus kaufte, hat er nie offiziell einen Wagen besessen. Wie ich schon sagte, ein Retrovirus - ändert sich dauernd, ist nicht zu fassen.«
    »Wer ist in Seattle gestorben?«
    »Die University of Washington war nicht sehr kooperativ, was die Herausgabe von Unterlagen betrifft. Im Gegenteil, offiziell hat es auf keiner ihrer Stationen eine Reihe ungewöhnlicher Sterbefälle unter Patienten gegeben. Aber würden Sie sich darauf verlassen? Jedenfalls sind dort oben jede Menge Serienmorde verübt worden.«
    »Also ist Burke wieder bei den jungen Frauen gelandet? Was ist los, ist er der Green-River-Killer?«
    Fusco lächelte. »Kein Tatort des Green-River-Killers passt zu Burkes früheren Taten, aber ich weiß von mindestens vier Fällen, bei denen sich eine genauere Untersuchung lohnt. Frauen, die mit Stich- und Schnittwunden an Bäume gefesselt in ländlicher Umgebung zurückgelassen wurden, alle innerhalb eines Umkreises von hundertfünfzig Kilometern um Seattle. Und alle ungelöst.«
    »Burke spielt tagsüber mit Infusionsschläuchen herum, schneidet in seiner Freizeit junge Frauen auf und studiert nebenbei noch Medizin?«
    »Bundy hat getötet und gearbeitet, während er Jura studierte. Burke ist viel schlauer, obwohl er wie die meisten Psychopathen zu einer gewissen Nachlässigkeit neigt. Das hätte ihn fast seinen Dr. med. gekostet. Es hat einen Sommer damit zugebracht, seine schlechten Noten in Naturwissenschaften wettzumachen, mit seinen klinischen Fertigkeiten sah es auch nicht viel besser aus, und sein Examen bestand er nur mit Mühe und Not. Immerhin machte er seinen Abschluss und bekam eine Stelle als Assistenzarzt in einer Klinik der Veterans Administration in Bellingham. Auch hier ist es mir nicht gelungen, an die Unterlagen heranzukommen, aber falls jemand feststellt, dass eine ungewöhnliche Zahl von Veteranen auf seiner Station das Zeitliche gesegnet hat, während Burke Dienst hatte, dann wundert mich das nicht allzu sehr. Er absolvierte ein Praktikum als Assistenzarzt in der Unfallmedizin am gleichen Krankenhaus, bekam eine Stelle mit einem sechsstelligen Gehalt bei Unitas, zog nach New York zurück und erweiterte seinen Fuhrpark um einen zusätzlichen Wagen.«
    »Er hat den Bus behalten?«, fragte ich.
    »Allerdings.«
    »Was für einen Wagen?«, sagte Milo. Ich wusste, dass er sich fragte, ob es ein BMW war.
    »Ein drei Jahre alter Lexus«, sagte Fusco. »Meiner Ansicht nach ist Unfallmedizin perfekt für einen verstörten Einzelgänger - jede Menge Blut und Leiden, man muss Entscheidungen treffen, bei denen es um Leben und Tod geht, schneiden und zuammenflicken, die Arbeitszeit ist flexibel - man arbeitet vierundzwanzig Stunden am Stück und hat dann ein paar Tage frei. Außerdem gibt es keine Nachuntersuchung von Patienten, keine langfristigen Beziehungen, keine Praxis, kein Personal. Burke hätte jahrelang so weitermachen können, aber er ist immer noch ein Psychopath und hat diese Neigung, Mist zu bauen. Was er schließlich auch getan hat.«
    Milo lächelte. Er lebte seit fünfzehn Jahren mit einem Unfallarzt zusammen. Ich selbst hatte Ricky das Loblied der Freiheit singen hören, die man ohne langfristige Bindungen genoss.
    »Indem er seinen Chef vergiftete«, sagte Milo. »In dem Artikel stand, er sei wegen fragwürdiger medizinischer Praktiken suspendiert worden. Was heißt das?«
    »Er hatte sich angewöhnt, nicht in der Unfallstation aufzutauchen, wenn er Dienst hatte. Außerdem hatte er kein gutes Verhältnis zu den Patienten. Sein Chef - Dr. Rabinowitz - sagte, manchmal wäre Burke großartig zu Patienten gewesen. Charmant, mitfühlend, und er hätte sich besonders viel Zeit für Kinder genommen. Aber dann wieder wäre er wie ausgewechselt gewesen - hätte die Beherrschung verloren, Patienten vorgeworfen, sie dramatisierten ihren Zustand oder täuschten ihn vor, richtig unverschämt. Er versuchte tatsächlich ein paar Patienten aus der Unfallstation rauszuwerfen, sie sollten aufhören, Betten zu belegen, die von Kranken benötigt würden. Gegen Ende passierte das immer häufiger. Burke wurde wiederholt abgemahnt, aber er stritt einfach ab, dass so etwas je vorgefallen sei.«
    »Klingt, als hätte er allmählich die Nerven verloren«, sagte Milo und sah mich

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