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Gnosis

Gnosis

Titel: Gnosis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Fawer
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als reine Farben oder Klänge.»
    «Platonische Ideen», flüsterte Winter, die plötzlich an eine Unterhaltung mit Miss Zinser vor sechzehn Jahren denken musste.
    Dietrich sah Winter verdutzt an und nickte. «Wenn ich mich recht an meinen Philosophieunterricht erinnere – ja. Die Gefühle und die daraus resultierenden sensorischen Wahrnehmungen sind rein und abstrakt, genau wie Platos Ideale.»
    «Und die Halsketten?», fragte Elijah und tastete nach der, die er trug.
    «Hochmagnetisiertes Metall. Es umgibt seinen Träger mit dem der Kette eigenen elektromagnetischen Feld und wehrt dadurch die Außenwelt ab.»
    «Nicht vollständig.»
    «Nein, wohl nicht.»
    Ein kalter Schauer lief Winter über den Rücken, als sie an das unsichtbare Kraftfeld dachte, von dem sie ihr halbes Leben umgeben war. Sie verdrängte den Gedanken und stellte eine weitere Frage.
    «Sie haben uns erklärt, wie wir Emotionen empfangen. Aber was ist mit meiner Fähigkeit, welche zu übertragen?»
    «Ihr elektromagnetisches Feld ist so stark, dass es die bioelektromagnetische Strahlung außerhalb Ihres Bewusstseins beeinflusst, was eine Kettenreaktion in den elektromagnetischen Feldern der anderen auslöst. Somit sind Sie in der Lage, deren Emotionen gegen Ihre eigenen auszutauschen. Und deren Willen auch.»
    «Den Willen?»
    «Ja. Der Wille wird vom Verlangen gesteuert. Und das Verlangen steuern Sie.»
    Winter dachte daran, was sie bei ihrem Vater über das Verlangen gelernt hatte – es war der Grund für alles Leid. Es gefiel ihr nicht, sich so zu sehen, aber sie konnte die Wahrheit nicht leugnen.
    «Sie meinen, ich zapfe buchstäblich das Bewusstsein anderer Leute an?»
    «Mehr als das. Sie kommen dem Bewusstsein der anderen zuvor, indem Sie die Energie verändern, die deren Bewusstsein erst erschafft. Sie lesen nicht einfach Gedanken. Sie schreiben sie.»
    Winter war ganz benommen.
    «Deshalb will Valentinus auf dem Times Square die Leute aufstacheln», sagte Elijah. «Um seinen Anhängern auf der ganzen Welt die geballte Energie der elektromagnetischen Felder von einer Million Menschen zu senden.»
    «Nur so kann Valentinus die moralischen Bedenken der hundertneun Menschen gleichzeitig aus dem Weg räumen.»
    «Wenn wir also den Aufruhr vereiteln, können wir ihn an seinem Vorhaben hindern», sagte Elijah.
    «Es ist zu spät.» Dietrich schüttelte den Kopf. «Valentinus hat seine Anhänger bereits programmiert. Es sei denn, Sie wären in der Lage, Einfluss auf 50.000 Leute zu nehmen, die auf Kokain und LSD sind …»
    «Die Kapsel», sagte Elijah.
    Dietrich nickte. «Ein stimulierend-halluzinogener Cocktail, der Valentinus’ Anhängern nicht nur das Gefühl geben wird, unbesiegbar zu sein, sondern außerdem dazu führt, dass sie ihre Umgebung hyperaufmerksam wahrnehmen. Wie Sie schon gemerkt haben, sendet das Röhrchen ein emotionales Projektionssignal aus.»
    «Warum hat Valentinus seinen Jüngern erzählt, dass da Zyankali drin ist?», fragte SpyGurl.
    «Wahrscheinlich, damit sie mit Leib und Seele handeln. Wenn sie glauben, dass sie gleich sterben müssen, werden sie eher geneigt sein, Valentinus’ Befehle zu befolgen – so wahnsinnig diese auch sein mögen.» Dietrich wandte sich Elijah zu. «Es gibt keine Möglichkeit, ihn aufzuhalten. Wahrscheinlich würde es Sie nur in den Wahnsinn treiben.»
    Elijahs Kehle wurde trocken. Der bloße Gedanke an den Times Square war ihm ein Horror. Noch dazu 50.000 Psychotiker unter Drogen … ein kalter Schauer lief ihm über den Rücken.
    «Wie projiziert er diese Emotionen auf seine Anhänger in der ganzen Welt?», fragte Grimes. «Da braucht er einen – also – einen gewaltigen Sender, oder? Wenn wir den ausschalten könnten …»
    «Unmöglich», sagte Dietrich. «Die Projektionssignale laufen über die Sendemasten der Telefongesellschaften. Man müsste alle fünfhundert gleichzeitig ausschalten. Wenn man nicht die Betreiber überreden will, für die eine Stunde alles abzustellen, bleibt nur, die Masten in die Luft zu sprengen.»
    «Manchmal sind sie überlastet …», sagte Stevie mit verträumtem Blick.
    «Selbst wenn es Ihnen gelingen würde – nach dem 11. September haben alle Telefongesellschaften ihre Basisstationen mit Backup-Systemen ausgestattet, die innerhalb von zwei Minuten nach einer Notabschaltung wieder hochfahren.»
    «Wäre das vielleicht Zeit genug?», fragte Winter. «Ich meine, wenn das alles Punkt Mitternacht passieren soll …»
    «Möglich.» Dietrich zuckte mit den

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