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Gnosis

Gnosis

Titel: Gnosis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Fawer
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sagte, spürte sie, dass sie nicht so sicher war. Michael, der Überfall und ihre Mutter – die letzten zwölf Stunden waren so aufreibend gewesen, dass etwas emotionale Entspannung ihr vielleicht guttun würde. Entspannung, die sie nur beim Spielen fand.
    «Ich habe ein furchtbar schlechtes Gewissen, dass ich dich überhaupt darum bitte, nach allem, was mit Michael vorgefallen ist …» Er holte tief Luft, dann sprach er hastig weiter. «Wenn du heute Abend nicht spielst, wird sich Sony zurückziehen. Du stehst an einem entscheidenden Wendepunkt, Winter. Es könnte sein, dass du eine solche Chance nie wieder bekommst. Deine Mutter hat so hart dafür gearbeitet. Sie würde nicht wollen, dass du ihretwegen aufgibst.»
    Reginald hatte recht. Aber wie sollte sie das schaffen? Ihre Mutter war tot. Tot.
    «Ich kann nicht.»
    «Bitte, bitte, bitte überleg es dir nochmal», winselte Reginald und knetete ihre Hände. «Du könntest die Aufführung Carol widmen. Du musst spielen! Du musst einfach!»
    Plötzlich durchdrang Winter ein Verlangen, wie das leise Läuten eines Windspiels. Reginald hatte recht. Sie musste spielen. Ohne ihre Mutter war sie ganz allein – bis auf ihre Musik. Sie ließ den Kopf hängen und nickte kurz.
    «Okay», sagte sie.
    Reginald umarmte sie, und die Glöckchen verklangen, um tiefer, summender Erleichterung zu weichen. Winter ließ los und sah sich überrascht um.
    «Hast du das gehört?», fragte sie.
    «Was gehört?»

KAPITEL 10
30. DEZEMBER 2007 – 2:11 UHR (45 STUNDEN, 49 MINUTEN BIS ZUR NACHT DES JÜNGSTEN GERICHTS)
     
     
    Stevie grunzte und rollte sich auf die Seite. Es schien, als würde er jeden Moment aufwachen, doch dann schnarchte er wieder. Elijah war erleichtert. Er musste herausfinden, was los war, bevor sein Vetter aufwachte, denn dann würde er sich auf nichts mehr konzentrieren können, nur noch auf Stevies Bedürfnisse.
    Zum hundertsten Mal betastete Elijah seinen nackten Hals. Nach dem ganzen Irrsinn seit dem Überfall dachte er immer wieder an diesen einen entscheidenden Moment zurück. Natürlich hatte er auch an andere Dinge gedacht, aber diese Gedanken – Emotionen eigentlich – waren ganz offensichtlich nicht seine eigenen gewesen. Es waren Stevies. Und Stevies Emotionen erwiesen sich als unerträglich übermächtig, sodass Elijah nichts weiter übrigblieb, als sich zu fügen.
    Draußen vor der U-Bahn war Stevie Grimes auf den Bürgersteig hinausgetreten, was ihnen einen gewissen Bewegungsfreiraum bescherte, weil alle Passanten dem irre grinsenden Penner, leichenblass und mit roten Haaren, weiträumig auswichen.
    «Wo gehen wir hin?», hatte Elijah aufgeregt und schon wieder hungrig gefragt.
    «Ins gelobte Land», sagte Grimes und deutete auf das monumentale gelb leuchtende M.
    Schon als sie den gutbesuchten Laden betraten, stieg ihm dieser unverkennbare Duft in die Nase, und prompt lief ihm das Wasser im Mund zusammen.
    «Platz da!», grölte Grimes und drängelte sich rüde durch die Kundschaft. «Hier kommt ein hungriger Penner! Aus dem Weg!»
    Ob es nun an Stevies Ausdünstungen oder seinem unverschämten Benehmen lag – niemand erhob Einwände. Als er vor dem pummeligen Teenager an der Kasse stand, wartete Stevie die Begrüßung gar nicht erst ab.
    «Big Mac Sparmenü, neun McNuggets mit süßsaurer Soße, eine Apfeltasche, einmal McDonaldland-Kekse und eine Cola Light – ich liebe es.»
    «Möchten Sie Ihre Mahlzeit extragroß?»
    «Scheiße, na logo!», rief Grimes und schlug mit der flachen Hand auf den Tresen. Dann drehte er sich zu Elijah um: «Willst du auch was?»
    «Ich nehm das Gleiche», sagte Elijah – überwältigt und zugleich angewidert von rosarotem Heißhunger.
    Zwei Minuten später trugen sie ihre Tabletts zu einem der grauen Tische. Keiner von beiden vergeudete Zeit. Synchron klappten sie die Pappschachteln auf, nahmen ihre Burger heraus und bissen hinein.
    Etwas derart Köstliches hatte Elijah noch nie gegessen. Die Kombination aus scharfer Soße, saftigem Fleisch, deftigem Käse und süßem Brötchen explodierte förmlich in seinem Mund. Er kaute und schlang alles herunter. Er konnte es kaum erwarten, so bald wie möglich wieder abzubeißen.
    Als Nächstes rissen sie zwei Ketchuptütchen auf und machten sich über die Pommes her. Sie aßen schweigend und stopften alles so schnell wie möglich in sich hinein, dann wandten sie sich den McNuggets zu.
    Genau wie Stevie tunkte auch Elijah sein Hühnchen in die Honigsoße, bevor er es

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