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Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)

Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)

Titel: Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)
Autoren: Michelle Paver
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endlich!«
    Trotz der dicht bewaldeten Küste saß Pirra die Angst, entdeckt und verfolgt zu werden, im Nacken.
    Erst als sie in einem Dickicht aus Kastanien und Bergahorn eintauchten, in dem Spatzen lärmten, gelang es ihr, die ärgste Furcht abzuschütteln.
    Als sie nach einer Weile an einer Quelle vorbeikamen und Pirra im Moos niederkniete, um ihren Durst zu löschen, bemerkte sie plötzlich, dass sie vollkommen erschöpft war. »Ich kann keinen Schritt weiter«, stöhnte sie. »Ich weiß nicht mal, wann ich das letzte Mal geschlafen habe. Ist es noch weit bis zu unserem Lager?«
    »Schätzungsweise noch einen halben Tagesmarsch.«
    »Ist das hier ein sicherer Rastplatz?«
    »Wir sind nirgendwo in Sicherheit«, raunte Hylas.
    Sie zögerte. »Ich habe wirklich geglaubt, du weißt über Telamon Bescheid. Immerhin ist er dein bester Freund.«
    »War«, stieß Hylas zwischen den Zähnen hervor. »Er war mein bester Freund.«

    Unter ein paar Schößlingen fanden sie einen Schlafplatz, den Hylas mit Zweigen tarnte. Pirra machte sich auf die Suche nach Nahrung und kam bald zurück. Da die Bäume bis an den Strand hinunter wuchsen, hatte sie einen kurzen Ausflug ans Ufer riskiert und Seeigel gesammelt. Sie verzehrten sie roh und schaufelten sich das nahrhafte, glibberige Innere mit den Fingern in den Mund. Pirras verwunderte Seitenblicke machten Hylas wütend. Er fühlte sich schrecklich bloßgestellt.
    Schließlich sagte sie: »Ich habe mich sowieso gefragt, wieso ihr Freunde seid, obwohl er zu den Krähen gehört.«
    Er warf ihr einen bösen Blick zu.
    »Als du mir davon erzählt hast, konnte ich nicht wissen, ob du die Wahrheit sagst. Deswegen habe ich geschwiegen. Später, in den Höhlen, habe ich dir natürlich vertraut, aber anschließend ging alles so schnell, dass einfach keine Zeit mehr zum Reden war.«
    Hylas stieß den Dolch in den Boden und sah zu, wie das Zittern der Klinge allmählich nachließ. Vor Wut, Trauer und Fassungslosigkeit war ihm übel. Waren sie überhaupt je Freunde gewesen, oder hatte Telamon ihn von Anfang an belogen? Aber warum nur?
    Er dachte an den Angriff der Krähen. Telamon hatte sich im Streitwagen seines Vaters auf die Suche nach ihm gemacht. Angeblich hatte er keine Ahnung gehabt, warum die Krähen es auf Fremdlinge abgesehen hatten. Sobald ich davon gehört habe, bin ich los, um dich zu warnen. Ich habe Scram gefunden … und ihn begraben.
    Waren das lauter Lügen gewesen? Aber was hätte Telamon davon gehabt?
    Den letzten Seeigel brachte Pirra als Opfer zum Meer. »Von den Krähen weit und breit keine Spur«, sagte sie bei ihrer Rückkehr. »Ich habe das Wrack in der Ferne gesehen. Du hast recht gehabt, es dauert mindestens noch einen halben Tag, bis wir dort sind. Können wir nicht hierbleiben, bis es dunkel wird?«
    Er gab keine Antwort, sondern zeichnete mit dem Finger das Rad am Griff des Dolches nach. Ein Wagenrad, das ihre Feinde zermalmt, hatte Akastos gesagt.
    Lag in diesem einfachen Bronzedolch wirklich der Schlüssel zur Macht des Herrscherclans von Mykene? Doch insgeheim wusste Hylas bereits, dass es die Wahrheit war.
    Er dachte daran, was Akastos außerdem gesagt hatte: Die Krähen hatten ihren Dolch verloren und deshalb verfolgten sie die Fremdlinge.
    Aus welchem Grund glaubten sie, dass ausgerechnet ein Fremdling den Dolch gestohlen hatte? Wieso hielten sie ihn für den Dieb?
    »Warum starrst du ständig diesen Dolch an?«, fragte Pirra leise. Trotz ihrer Erschöpfung ließ sie ihn nicht aus den Augen.
    Er erzählte ihr alles. Von dem Sterbenden im Grabhaus, der ihm das Messer gegeben und ihm das Leben gerettet hatte. Er berichtete ihr auch, was Akastos gesagt hatte.
    Nachdem er geendet hatte, herrschte tiefe Stille. Die Bäume schienen dazustehen wie vom Donner gerührt, sogar die Spatzen waren verstummt. Lediglich der Zikadenchor zirpte ungerührt weiter.
    Pirra brach das Schweigen zuerst. »Bist du sicher, dass es sich um diesen Dolch handelt?«
    »Er ist mit dem Wagenrad geschmückt, genau wie Akastos es beschrieben hat.« Er sah sie an. »Kennst du den Keftiu, der ihn mir gegeben hat?«
    »Nein, und ich weiß auch nicht, aus welchem Grund er ihn gestohlen hat. Wahrscheinlich wurde der Dolch in Mykene aufbewahrt. Wie und warum ist er von dort bloß nach Lykonien gekommen?« Sie nagte nachdenklich an ihrer Lippe. »Ich habe nie zuvor von diesem Dolch gehört, ebenso wenig wie die anderen Bewohner auf Keftiu, vermute ich. Die Krähen haben den Raub bestimmt geheim
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