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Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)

Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)

Titel: Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
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so etwas anzutun … Aber mir bleibt keine andere Wahl, sie dürfen mich einfach nicht in die Hände bekommen. Nicht nur mein eigenes Leben steht auf dem Spiel.«
    Er erhob sich, nahm die Fackel und rief zu den Schatten, die sich in der Schlucht scharten, gewandt aus: »Geister der Luft und Dunkelheit! Seht die Zeichen auf seinem Kopf und Herzen! Es sind die Zeichen Akastos’! Kommt her, er gehört euch. Ergreift ihn! Sättigt euch an ihm!«
    »Akastos!«, stieß Hylas hervor. »Das ist dein Name. Du hast mich damit und mit deinem Haar gezeichnet und willst mich hier als Lockvogel für die Erzürnten zurücklassen.«
    Der Mann namens Akastos hinkte bereits zum Ausgang der Schlucht.
    »Ohne mich findest du dein Schiff niemals«, rief Hylas verzweifelt.
    »Du hast gesagt, es ist einfach zu erreichen, wenn der Wind nicht zu kräftig weht. Seit mein Schiff untergegangen ist, kommt der Wind von Nordwesten. Das Wrack muss an der Küste im Nordwesten liegen.«
    »Selbst wenn du es findest, steckst du in der Falle, sobald die Krähen kommen! Sie kommen bestimmt! Ich kenne ein sicheres Versteck, ich kann dir helfen …«
    »Ich brauche deine Hilfe nicht.«
    »Bitte!«
    Akastos blieb stehen.
    »Lass mich nicht zurück«, flehte Hylas. »Ich habe doch nichts getan!«
    »Ich weiß«, sagte Akastos mit veränderter Stimme. »Aber das spielt keine Rolle.« Er rieb sich über das Gesicht. »Wir beide sind uns ähnlich, wir sind Überlebende. Vielleicht hast du einen Geistesblitz, wie du sie überlisten kannst.«
    »Akastos!«
    Er war bereits verschwunden.
    Die plötzliche Stille war unerträglich.
    Zwischen den Zweigen verglomm das letzte Licht. Vereinzelte bleiche Sterne blinkten auf, bis sich eilige Wolken davorschoben. In der mondlosen Nacht herrschte tiefe Finsternis.
    Die raue Borke bohrte sich in Hylas’ Schulter und Akastos’ Namenszeichen spannte auf seiner Haut. Es roch nach verbranntem Holz und bitterer Asche.
    Dann hörte er Schwingen rauschen.

H ylas zappelte wie wild, aber die Fesseln gaben nicht nach. Akastos’ Zeichen konnte er ebenfalls nicht abwischen, seine Arme waren seitlich am Oberkörper festgeschnürt.
    Am Nachthimmel rauschte etwas Dunkles heran.
    Er kramte verzweifelt in seinem Gedächtnis und stammelte dann einen Zauberspruch.
    Das Dunkle glitt vorüber, das Rauschen verklang. Hylas lauschte angestrengt. Sie würden zurückkommen, so viel war sicher.
    Die Erzürnten jagten jeden, der einen ihrer Blutsverwandten getötet hatte, und obwohl er unschuldig war, rettete ihn das nicht vor ihrer Rache. Die Erzürnten kümmerte es nicht, wer ihnen in die Quere kam. Wer ihrer Beute zu nahe war oder deren Zeichen trug, wurde gejagt.
    Akastos hatte nichts dem Zufall überlassen. Die Knoten der Fesseln waren unlösbar, und er hatte ihm sein Zeichen zweifach aufgemalt. Hylas glich einer hilflosen Ziege, die den Löwen anlocken soll.
    Ein Schattenumriss zeichnete sich am Himmel ab, ließ sich am Rand der Schlucht nieder und faltete dann die Flügel mit einem ledernen Knirschen.
    Hylas schrak zusammen.
    Schwingen rauschten, zu dem ersten Schatten gesellten sich weitere. Krallen kratzten über verkohltes Holz. Es stank nach verbranntem Fleisch. Das Dunkle bewegte sich, kam näher.
    Lauernde Stille breitete sich aus.
    Das Dunkle nahm vor seinen Augen Gestalt an, glitt in die Schlucht herab, flog sie kreuz und quer ab. Es suchte ihn.
    Hylas spürte sie, ihr vom Feuer des Chaos schwarz verbranntes Fleisch, die roten, offenen Wunden gleichenden Mäuler.
    Sahen sie ihn im Dunkeln? Hörten sie seinen abgerissenen Atem, die rinnenden Schweißtropfen? Spürten sie sein blankes Entsetzen?
    Ohne Kreuzdorn konnte er sie nicht abwehren. Lautlos murmelte er unablässig den Bannspruch und hoffte verzweifelt, dass er sich dadurch nicht verriet.
    Neben ihm, nicht weit entfernt, ein leises Scharren.
    Dort, an der Mündung der Schlucht. Hylas starrte angestrengt in die Finsternis.
    Am oberen Rand der Schlucht rührte sich das Dunkle, suchte mit gerecktem Hals nach ihm, der Beute.
    Er spürte erneut eine kaum wahrnehmbare Bewegung am Boden, diesmal etwas näher. Ein Schatten stahl sich heran. Der Zauberspruch blieb Hylas im Hals stecken, atemlose Furcht überwältigte ihn …
    »Hylas!«, flüsterte der Schatten am Boden. »Ich bin’s, Pirra!«

    Es war so finster, dass Pirra auf allen vieren zu ihm kriechen musste. Nur Hylas’ heller Schopf hatte ihr verraten, wo er sich befand.
    »Alles in Ordnung?«, fragte sie leise und zerrte an

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