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Godspeed Bd. 1 - Die Reise beginnt

Godspeed Bd. 1 - Die Reise beginnt

Titel: Godspeed Bd. 1 - Die Reise beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beth Revis
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Lichteffekten täuschen lassen?
    Gerade will ich Amy fragen, was sie von den unechten Sternen hält, da öffnet sich die Zimmertür des Ältesten.
    Er tritt heraus, gekleidet in seine offizielle Ältesten-Kleidung: eine schwere Robe, die auf den Schultern mit Sternen bestickt ist und am Saum mit wundervollen grünen Pflanzen – die Hoffnung von allen hier an Bord.
    »Freunde«, sagt der Älteste in seiner besten Großvaterstimme, »nein, Familie .«
    Die Versorger rund um mich herum seufzen, die Frauen reiben ihre Bäuche und lächeln ihre Männer an.
    »Ich habe euch aus einem bestimmten Grund hierher eingeladen. Zuerst einmal wollte ich euch die Sterne zeigen.« Er schwenkt die Hand nach oben, und jedes Gesicht folgt der Bewegung, alle Augen richten sich auf die hell leuchtenden »Sterne«.
    »Seht ihr die Schweife, die die Sterne hinter sich herziehen?«, fährt der Älteste fort, und die Versorger nicken. »Sie zeigen, wie schnell unser Schiff fliegt, während wir durch das All unser neues Zuhause ansteuern.«
    Ich werfe Amy einen Blick zu, aber sie starrt nur nach oben. Ich glaube, sie hat noch nicht gemerkt, dass die Sterne nicht echt sind. Ich sehe zu Harley hinüber. Er schaut mich quer durch den Raum an und legt seine Stirn in Falten. Er weiß, dass hier etwas nicht stimmt.
    »Wie ihr wisst, seid ihr, die junge Generation, diejenigen, die auf der Zentauri-Erde landen werden.« Der Älteste macht eine Kunstpause und seufzt dramatisch. »Aber leider wird uns das nicht vergönnt sein.«
    Die Menge beginnt zu murmeln. Das kleine rote Licht, das die Godspeed darstellt, bewegt sich rückwärts, fort von der Zentauri-Erde.
    »Die Maschine der Godspeed ist müde, Freunde, und das Schiff kann nicht schneller fliegen. Eigentlich sollten wir in fünfzig Jahren landen.«
    »In 49 Jahren und 264 Tagen«, ruft jemand dazwischen. Wie auf Kommando drehen sich alle zu Harley um, der den Ältesten anstarrt. Sein Gesicht ist blass, was sein blaues Auge umso deutlicher hervortreten lässt.
    Der Älteste lächelt freundlich. »Ganz recht. Und innerhalb eurer Lebensspanne, Freunde. Aber ich fürchte, dass wir das vielleicht nicht schaffen werden. Es wird länger als fünfzig Jahre dauern, bis wir landen können.«
    »Wann?« Harleys Stimme ist jetzt weniger aggressiv, beinahe ängstlich.
    »Wir müssen hoffen, Freunde, dass sich die Wissenschaft irrt und die Zentauri-Erde näher ist, als wir glauben.«
    »Wann?«
    »Noch fünfundsiebzig Jahre bis zur Landung«, sagt der Älteste geradeheraus. »Fünfundzwanzig Jahre mehr, als wir dachten.«
    Auf dem Regentendeck herrscht Stille. Fünfundzwanzig zusätzliche Jahre? Ich werde kein alter Mann sein, wenn wir landen – ich werde tot sein. Ich umklammere Amys Hand, ohne es zu merken. Sie erwidert den Händedruck so zart, dass ich es kaum spüre.
    »Fünfundzwanzig Jahre mehr?!« , schreit Harley und stößt die Leute weg, um sich durch die Menge zum Ältesten vorzuarbeiten. »Fünfundzwanzig mehr ?!«
    Bartie und Victria halten Harley zurück. Er schluckt schwer, als würde er sich gleich vor uns allen übergeben. Ich höre ihn murmeln: »74, 264 … 74, 264 …«
    »Fünfundzwanzig mehr«, übertönt der Älteste Harley. »Es tut mir leid, aber ich kann nichts dagegen tun. Für euch wird es zu spät sein, das Land zu sehen … aber eure Kinder …«
    Überall um mich herum legen sich Frauen die Hände auf den Bauch. »Unsere Kinder«, sagt die Frau neben mir zu ihrem Mann. »Unsere Kinder werden das Land sehen.«
    Die Worte verbreiten sich wie ein Lauffeuer und alle Versorgerfrauen flüstern den Babys in ihrem Bauch etwas zu. Es sind Worte der Hoffnung, Worte des Trosts. Sie selbst sind sich egal. Wichtig sind nur die Kinder, die in ihnen heranwachsen, und deren Zukunft.
    »Sich bei einer mehrere Jahrhunderte dauernden Reise um fünfundzwanzig Jahre zu verschätzen, ist keine so große Sache, Freunde«, beteuert der Älteste, und ich sehe, wie einige Versorger zustimmend nicken.
    »Ist es wohl!«, brüllt Harley und reißt sich von Bartie und Victria los. »Sie haben uns Land versprochen, Sie haben uns ein Heim versprochen, und Sie haben uns echte Sterne versprochen, und jetzt sagen Sie uns, dass wir sterben werden, bevor wir die Chance hatten, Luft zu atmen, die nicht schon all die Jahrhunderte wiederverwendet wurde?!«
    »Aber unsere Kinder«, beschwichtigt ihn eine der Bauersfrauen. »Unsere Kinder werden die Erde sehen. Das reicht uns.«
    »Aber mir reicht es nicht !«,

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