Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Godspeed Bd. 1 - Die Reise beginnt

Godspeed Bd. 1 - Die Reise beginnt

Titel: Godspeed Bd. 1 - Die Reise beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beth Revis
Vom Netzwerk:
brüllt Harley. Er ist jetzt fast ganz vorn, hat den Ältesten beinahe erreicht. »Mir wird es erst reichen, wenn ich echte Erde unter meinen Füßen spüre!«
    Der Älteste tritt einen Schritt vor und steht plötzlich direkt vor Harley. Er krümmt einen Finger, und obwohl Harley so wütend ist, beugt er sich vor, um zu hören, was der Älteste ihm ins Ohr flüstert. Harleys Gesicht ist kalkweiß und seine Augen starren entsetzt ins Leere. Als der Älteste ihm nichts mehr zu sagen hat, richtet sich Harley wieder auf, sieht sich zu uns anderen um und rennt aus dem Großen Raum. Er stürmt auf die Luke zu. Wir alle schweigen und lauschen seinen Schritten, bis das Geräusch verklingt.
    Ich werfe Amy einen Blick zu, weil ich erwarte, dass sie genauso wütend ist. Sie war jedenfalls wütend genug, als ich ihr verraten habe, dass sie noch fünfzig Jahre auf die Landung warten muss – was empfindet sie jetzt, wo es noch fünfundsiebzig Jahre dauert, bis wir einen Fuß auf den neuen Planeten setzen können? Mir schlägt das Herz bis zum Hals. Wenn ihre Eltern wiederbelebt werden, wird ihre Tochter vermutlich schon tot sein. Und Amy wird sich nie von ihnen verabschieden können.
    Amys Gesicht ist zwar blass, aber in ihren Augen ist kein wütendes Funkeln.
    »Amy?«, frage ich leise. Sie sieht mich an. »Was sagst du dazu?«
    Schweigen. »Es ist traurig«, sagt sie, aber in ihrer Stimme spüre ich keine Traurigkeit. »Ich bedaure, dass es so gekommen ist. Aber ich schätze, es ist in Ordnung so.« Ihre Worte klingen so eintönig und sie wirkt vollkommen teilnahmslos.
    »Was ist los mit dir?«, will ich wissen.
    »Nichts«, sagt Amy und starrt vor sich hin. »Die Sterne sind hübsch«, fügt sie noch hinzu.
    »Das sind keine echten Sterne!«, zische ich ihr ins Ohr. »Siehst du das nicht?«
    »Ich mag diese kleinen Schweife wie bei Kometen.«
    Ich rücke dichter an sie heran. »Du hast echte Sterne gesehen! Du weißt, dass die hier unecht sind! Die Schweife sind nur dazugemalt worden, damit es aussieht, als würden wir schnell fliegen!«
    »Aber wir fliegen doch schnell«, sagt Amy und zeigt auf den Ältesten. »Das hat er uns gesagt.«
    Ich trete einen Schritt zurück und mustere sie. »Was ist los mit dir?«, frage ich wieder.
    Sie blinzelt. »Psst«, macht sie. »Unser Ältester spricht.«
    Ich sehe sie fassungslos an. Unser Ältester? Unser Ältester?!
    »Freunde«, sagt der Älteste, »ich weiß, dass das keine gute Nachricht ist. Aber ich habe euch hergebeten, damit ihr die Sterne seht und euren Kindern, wenn sie geboren sind, vom Himmel erzählen könnt, der eines Tages ihnen gehören wird! Und von der Welt, die ihre Heimat sein wird!«
    Die Leute jubeln. Sie jubeln tatsächlich.
    Sogar Amy.

53
    Amy
    Ich fühle mich komisch.
    Nicht komisch im Sinne von witzig, sondern merkwürdig komisch.
    Lauf , befiehlt mein Körper meinem Gehirn. Wenn etwas nicht stimmt, renne. Wenn du rennst, fühlst du dich besser. Normal.
    Aber wieso rennen? Wohin auch? Was soll das bringen?
    Kommt mir albern vor zu rennen.
    Kann genauso gut hier stehen bleiben.
    Und warten.
    Die Welt kommt mir irgendwie langsam vor.
    Als würde man durch Wasser waten.
    Der Jubel wabert über mich hinweg wie eine warme Welle der Freude. Ich stimme voller Glück ein und werde Teil der Menge. Junior sieht mich komisch an (nicht lustig-komisch, sondern merkwürdig-komisch), und er jubelt nicht. Keine Ahnung, wieso.
    »Warum jubelst du nicht?«, frage ich ihn.
    Junior lässt sich mit seiner Antwort so viel Zeit, dass ich die Frage fast schon wieder vergessen habe, als er endlich antwortet. »Weil ich keinen Grund zum Jubeln habe.«
    Seit wann braucht man einen Grund zum Jubeln? Wieso soll man nicht einfach … jubeln?
    Die anderen beginnen, das Regentendeck zu verlassen. Ich stehe nur da und sehe zu, wie sie gehen. Ihre Bewegung lässt den Boden ein wenig vibrieren, ähnlich den Ringen, die entstehen, wenn man einen Kieselstein in einen Teich wirft. Ich schließe die Augen und spüre die Welt mit den Füßen.
    Einen Augenblick lang erinnere ich mich an die Erde. Ich erinnere mich an die Kreise in einem Teich.
    Die Erinnerung verblasst. Ich bin hier. Jetzt. Nicht dort.
    Wieso denke ich an die Erde?
    Junior berührt meinen Arm. Ich mache die Augen auf. Alle sind fort. Alle außer Junior, dem Ältesten und mir.
    Junior geht auf den Ältesten zu. Er dreht sich um und sieht mich an. »Kommst du?«
    Ach, ja. Natürlich. Ich folge ihm.
    Der Älteste betrachtet mich. Mein

Weitere Kostenlose Bücher