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Godspeed Bd. 2 - Die Suche

Godspeed Bd. 2 - Die Suche

Titel: Godspeed Bd. 2 - Die Suche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beth Revis
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auf mich herab. Sie haben meinem Befehl zwar gehorcht, aber ihre Blicke sprechen Bände.
    Mir knurrt der Magen – meine letzte richtige Mahlzeit hatte ich gestern – aber ich nehme mir erst die Zeit, etwas zu essen, als Marae darauf besteht. Die Straßen sind leer, doch wir halten trotzdem Wache, bis sich die Solarlampe ausschaltet. Auf der Fahrt durch die Schwerkraftröhre ins Technikdeck fällt mir auf, dass fast alle Lichter der Stadt noch brennen. Ich kann mir gut vorstellen, wieso die Leute noch wach sind und worüber sie reden.
    Fast alle Techniker bleiben in der Stadt – sie wohnen dort und kommen nur zur Arbeit aufs Technikdeck – nur Marae folgt mir in der Schwerkraftröhre. Unsere Schritte hallen auf dem Metallboden, und mir wird bewusst, dass ich vollkommen vom Rest des Schiffs abgeschottet sein werde, wenn auch Marae das Technikdeck wieder verlässt und ich allein zum Regentendeck hochfahre. Dann werden zwei leere Decks zwischen mir und den Menschen liegen.
    Wir gehen auf das laute Brummen und Rasseln der Maschine zu. Obwohl es im Maschinenraum dunkel ist, wirft der Antrieb einen Schatten. Es riecht nach verbranntem Schmieröl, aber seit ich weiß, dass die Maschine das Schiff nicht mehr antreibt, kommt sie mir plötzlich viel kleiner vor. Marae ignoriert sie und steuert direkt auf eine schwere verschlossene Tür zu.
    Die Brücke.
    Ich erinnere mich an die Worte des Ältesten, bevor er anfing, mich zu unterrichten – die Brücke gehört den Technikern. Ich bin für die Menschen zuständig, nicht für das Schiff.
    Marae öffnet die Tür und lässt mich zuerst eintreten. Über die Brücke spannt sich eine gewölbte Metalldecke. Der Raum hat die Form eines zugespitzten Ovals und man steuert automatisch die Spitze an. Hier befinden sich zwei Reihen Schaltpulte mit Monitoren. An der Vorderseite des Raums ist eine große V-förmige Kontrolltafel eingebaut.
    Ich setze mich davor und versuche, mir vorzustellen, wie es sein muss, dieses gigantische Raumschiff zur neuen Erde zu steuern.
    Aber das kann ich nicht … Die Vorstellung von mir als triumphierenden Anführer, der das Schiff landet, ist einfach absurd.
    Ich springe vom Stuhl auf. Der Älteste hatte recht. Ich gehöre hier nicht hin.
    Marae steht vor einer der Schalttafeln. Dort befinden sich zwei dunkle Monitore, die beide nichts anzeigen. Einer ist mit KOMMUNIKATION beschriftet, der andere mit NAVIGATION. »Ich habe heute daran gearbeitet, wie du es gewünscht hast, bis du mich wegen … der Probleme gerufen hast«, sagt sie und fährt mit dem Finger über das Metallschild, auf dem Navigation steht.
    »Konntest du herausfinden, wo wir sind?«, frage ich neugierig.
    Marae verzieht das Gesicht. »Es ist eine einzige Katastrophe.« Sie hebt die Abdeckung unter den Bildschirmen an und zeigt mir ein Gewirr aus Drähten und Platinen. »Wenn ich raten müsste, würde ich sagen, dass das mit Absicht geschehen ist, wahrscheinlich schon zur Zeit der Seuche – immerhin haben wir den Kontakt zur Erde ungefähr um diese Zeit verloren.«
    »Also hat jemand, vermutlich der Seuchen-Älteste, die Verbindung zur Erde abgebrochen und die Navigationseinrichtung zerstört?«, frage ich, denn mir ist natürlich nicht entgangen, dass beide Module im selben Schaltpult untergebracht sind.
    Marae zuckt mit den Schultern und verbirgt die verwüstete Elektronik wieder unter der Abdeckung. »Ich versuche, alles wieder in den Griff zu bekommen.«
    Sie bemüht sich zwar, sich nichts anmerken zu lassen, aber ich kann dennoch ihre Enttäuschung heraushören. »Es tut mir leid. Ich weiß, dass das Problem mit den Versorgern deine Arbeit unterbrochen hat.«
    Marae mustert mich. »Du hast dich heute gut gehalten«, sagt sie schließlich.
    »Gut gehalten?«, schnaube ich. »Wir waren nur einen Schritt von einem Aufstand entfernt. Beim nächsten Mal wird es bestimmt einer werden. Aber – ich danke dir. Es hat mir sehr geholfen, dass deine Techniker auf meiner Seite waren.«
    »Die Techniker stehen immer auf der Seite des Ältesten«, sagt Marae so selbstverständlich, als hätte sie mir gerade erzählt, dass der Name unseres Schiffes Godspeed lautet oder dass die Wände aus Stahl sind. »Aber … dir ist hoffentlich klar, Junior, dass dieser Einsatz nicht nötig gewesen wäre, wenn du die Besatzung wieder unter Phydus gesetzt hättest. Wenn wir die Versorger unter Kontrolle hätten, könnten sich meine Techniker ganz auf das Antriebs- und Navigationsproblem

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