Godspeed Bd. 2 - Die Suche
nichts dagegen tun – ich lächle zurück. Das hat wirklich prima funktioniert. Wenn Junior gestern in der Stadt ein paar von diesen Pflastern gehabt hätte, wären die Dinge vielleicht nicht so eskaliert. Und wenn ich in der Bibliothek eins davon gehabt hätte, als Luthor hereinkam …
»Kann ich ein paar von den Pflastern haben?«, frage ich Kit.
Sie mustert mich mit gerunzelter Stirn. »Hast du nicht zugehört? Die können gefährlich sein. Wir versuchen, alle zurückzubekommen, die gestohlen wurden. Eigentlich sollten sie nur von Doc, mir oder den Krankenschwestern eingesetzt werden.«
Interessant. Die Pflaster wurden gestohlen.
»Kann ich denn wenigstens eins haben?«, frage ich.
Kit schaut mich mit großen Augen an. Wahrscheinlich denkt sie, dass es mich deprimiert, der einzige Freak an Bord zu sein – außerdem ist sie eigentlich immer nett zu mir.
»Verrat es Doc nicht«, flüstert sie und steckt mir ein Medipflaster zu. Ich schiebe es in dieselbe Tasche, in der auch der Floppy aus der Waffenkammer steckt.
Vor dem Verlassen des Krankenhauses ziehe ich mir die Kapuze über den Kopf, aber jetzt, da ich mit einem Phyduspflaster bewaffnet bin, spare ich mir das Kopftuch. Ich gehe schnurstracks zum Archiv. Viel Hoffnung habe ich zwar nicht, aber Orion hat mir diese Hinweise – die echten Hinweise – hinterlassen. Auch wenn der letzte Hinweis wirklich manipuliert war, hatte Orion doch einen ziemlich ausgeklügelten Plan, mich dorthin zu führen, wo er mich haben wollte. Bis jetzt kamen alle Hinweise von Harleys Bildern oder aus der Bibliothek. Vielleicht finde ich dort auch den nächsten.
Ja. Ganz bestimmt. Es wird garantiert ein Kinderspiel, in all den Bücher-, Kunst- und Artefaktsammlungen einen Hinweis zu finden – vorausgesetzt, dass überhaupt einer da ist. Zum ersten Mal kommt mir die Godspeed tatsächlich riesig vor. Wahrscheinlich überlebt eher ein Schneeball in der Hölle, bevor ich hier etwas finde.
Aber dann muss ich doch grinsen. Immerhin bestand Dantes Hölle aus Eis.
Beim Näherkommen bemerke ich eine dicht gedrängt stehende Gruppe Leute auf der Veranda des Archivs. Ich ziehe mir die Kapuze tiefer ins Gesicht und spiele in meiner Tasche mit dem Phyduspflaster.
»Das Schiff braucht Führung«, sagt ein Mann.
Ich bleibe am Geländer stehen und wage nicht, die Stufen hochzusteigen. Stattdessen drehe ich mich um, damit die Gruppe nur die Rückseite meiner Jacke sieht.
»Bartie?«, fragt eine Frau. »Oder vielleicht Luthor?«
»Vielleicht einer der beiden. Aber nicht unbedingt. Auf jeden Fall jemand Älteres. Mit mehr Erfahrung.«
Ich bemühe mich, unauffällig und uninteressiert zu wirken, aber ich lausche angestrengt, um bloß kein Wort zu verpassen.
»Junior ist sein ganzes Leben auf diese Aufgabe vorbereitet worden«, sagt eine Frau. Am liebsten würde ich jubeln – wenigstens eine Person, die auf Juniors Seite ist.
Einer der Männer lacht verächtlich auf. »Junior hat dem Ältesten doch nie zugehört . Die beiden sind zu verschieden.«
Ich denke an die riesigen Behälter auf dem Kryo-Deck, in dem die Klone des Ältesten herumschwimmen. Sie sind sich ähnlicher, als der Mann ahnt. Das ist eine Sache, die Junior für sich behält, was ich gut verstehen kann – immerhin geht es nur ihn selbst etwas an.
»Habt ihr nicht bemerkt, wie klein die Rationen geworden sind? Heute gab es nicht einmal Mittagessen. Junior glaubt, wenn er unser Essen kontrolliert, kontrolliert er auch uns. Und wenn das nicht funktioniert, setzt er die Pflaster ein. Diese Dinger sind gefährlich – es sind schon Leute daran gestorben.«
»Ich wüsste zu gern, wie sich diese verdammten Pflaster überall ausbreiten konnten«, sagt eine Frau mit einer tiefen Stimme. »Ich glaube fast, dass Junior nach dem Ärger bei der ESZU dafür gesorgt hat. Er mischt das Zeug vielleicht nicht mehr in unser Wasser, sorgt aber trotzdem dafür, dass es bei den Aufständischen ankommt.«
»Doc sagt, die Pflaster wären gestohlen worden«, sagt die einzige Frau der Gruppe, die auf Juniors Seite ist.
»Das sagt er«, erwidert der Mann sofort. »Aber Doc ist dem Ältesten immer in den Hintern gekrochen. Ich wette, Junior hat ihn beauftragt, dafür zu sorgen, dass alle, die Ärger machen, mit einem dieser Pflaster ausgeschaltet werden.«
»Ja, aber –«, setzt die Frau an.
Ich habe genug. »Wollt ihr wirklich noch länger hier herumstehen und Lügen über Junior verbreiten?«, fahre ich die Gruppe an und
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