Godspeed Bd. 2 - Die Suche
Fettfilm verschmiert. Ich versuche, sie mit dem Ärmel sauber zu wischen, aber eigentlich verteile ich den Dreck nur. Ich will Maraes Körper nicht behandeln wie ein kaputtes Bauteil, das einfach weggeworfen wird, aber ich kann ihre Reise zu den Sternen auch nicht länger hinauszögern. Also eile ich in den Maschinenraum, hole ein paar saubere Tücher und lege sie in die Box.
Ich packe Marae an den Schultern, Shelby umfasst ihre Füße. Wir müssen Maraes Knie anwinkeln und ihren Rücken krümmen, damit sie in die Box passt. Sie liegt schließlich so zusammengekrümmt da wie ein Baby im Mutterleib.
Shelby beugt sich noch einmal zu Marae.
»Ich weiß nicht, wie ich das ohne dich schaffen soll«, flüstert sie ihr zu. »Aber ich werde es versuchen.«
Die Techniker versammeln sich, als wir mit der Transportbox herauskommen. Für die meisten von ihnen ist dies die erste Tote, die sie zu sehen bekommen. Unter der Führung des Ältesten war der Tod ein methodisches, geplantes Ritual, das im Krankenhaus stattfand.
Sie starren Maraes Körper an; ich halte den Kopf gesenkt. Die harten Linien des Metalls verschwimmen vor meinen Augen. Ich fahre mir wütend mit den Händen über das Gesicht.
Dann ziehe ich meine Schultern nach unten und straffe meinen Rücken.
Ich sehe stur geradeaus und erlaube nur meinem zuckenden Mundwinkel, einen Hinweis darauf zu geben, wie schmerzhaft das für mich ist.
46
Amy
Ohne Junior macht es wenig Sinn, die Treppe weiter zu erforschen, deshalb gehe ich in den Garten hinter dem Krankenhaus. Bartie und seine Truppe sind weg. Luthor auch. Das platt getretene Gras rund um die Bank ist der einzige Hinweis auf das Treffen, das hier stattgefunden hat. Ich ziehe meine Mokassins aus und gehe durch das kühle Gras zum Ufer. Zu gern würde ich jetzt Kontakt zu Junior aufnehmen, aber ich habe Angst, ihn bei etwas Wichtigem zu stören. Ich setze mich auf den Rasen, ziehe die Knie bis ans Kinn und betrachte die reglose Oberfläche des Teichs. Ich versuche, auf den Grund zu sehen – das Wasser ist klar und nicht sehr tief, aber jenseits der Seerosenwurzeln wird es grünlich braun, und ich kann nichts mehr erkennen.
Ich lehne mich zurück und das Gras kitzelt meinen Nacken. Meine Füße bewegen sich auf den Teich zu, bis meine Zehen das kühle Wasser berühren. Ich lasse die Füße in den Teich hängen und schließe die Augen. Die Solarlampe über mir spendet zwar Wärme und Licht, aber hinter meinen geschlossenen Lidern sehe ich dasselbe rötliche Schimmern wie auf der Erde, wenn ich draußen in der Sonne lag.
Ein Schatten fällt auf mich und die Helligkeit verblasst – wie Wolken, die vor die Sonne ziehen. Ich öffne die Augen und sehe Junior, der sich über mich beugt.
»Hey«, sage ich und bin plötzlich ganz atemlos. All meine Vorsätze, ihm die Treppe zu zeigen und mit ihm das Schiff zu erforschen, sind wie weggeblasen. Er setzt sich neben mich. Die Erschöpfung steht ihm ins Gesicht geschrieben.
»Was ist los?«
Junior murmelt etwas Unverständliches vor sich hin.
Ich würde ihm zu gern näher sein, ihm zeigen, wie leid mir sein Verlust tut, aber ich weiß, dass Worte jetzt nicht helfen.
Junior streckt sich im Gras aus und starrt an die Decke des Versorgerdecks. Auf der Erde wäre das jetzt sehr schön. An einem Teich im Gras zu liegen und wie kleine Kinder zu den Wolken aufzusehen. Aber wir sind nicht auf der Erde, die Wolken sind nur gemalt, und selbst wenn da draußen ein Planet ist, fühlt er sich sehr weit weg an.
»Marae ist ermordet worden. Wie Stevy. Dieselben Worte auf den Medipflastern.«
»Es tut mir leid«, sage ich. Worte, mit denen man nichts falsch machen kann.
»Ich will wissen, wer das war.«
»Vielleicht dieselbe Person, die versucht hat, Orions letzten Hinweis zu verbergen«, sage ich. Und bevor Junior etwas entgegnen kann, füge ich hinzu: »Und vielleicht die Person, die deinen Raumanzug sabotiert hat.«
»Sabotiert?«, fragt Junior entsetzt.
Ich drehe den Kopf zur Seite, um Junior durch das leuchtend grüne Gras hindurch anzusehen. »Wer auch immer die Hinweise verändert hat, um uns von der Spur abzubringen, könnte ganz leicht ein Loch in den Schlauch der Sauerstoffzufuhr gemacht haben. Wenn du dabei draufgegangen wärst, hättest du niemandem sagen können, was du gesehen hast. Und du weißt ja selbst, wie knapp es war.«
Junior will gerade etwas sagen, als er eine Kom-Nachricht erhält. »Doc sagt, dass Bartie bei der ESZU ist und Ärger macht. Schon
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