Godspeed | Die Ankunft
sie jeder im Raum mitbekommt:
»Er wurde umgebracht?«
Oh, Mist.
Ich beschleunige meine Schritte, schiebe die Leute zur Seite und haste zu Amy und der Frau. Dort angekommen, deutet Amy mit einer Kopfbewegung auf die kreischende Person und flüstert mir zu: »Das ist Juliana Robertson.«
Robertson – derselbe Nachname wie der Typ, den Orion auf dem Gewissen hat.
»Mein Mann!«, kreischt Juliana und presst eine Hand gegen die geschlossene Tür von Kammer 100 .
Dann ballt sich ihre Hand zur Faust. Sie wirbelt herum und reißt an Amys Tunika. »Was ist passiert?«, faucht sie. »Sag mir, welches Schwein meinen Mann
ermordet hat
!«
Amys Augen sind vor Angst ganz groß. »Es war …« Sie verstummt. Ich weiß, dass sie behaupten wollte, dass es ein Unfall war, aber sie bringt die Lüge nicht über die Lippen.
»Wer?«
, brüllt Juliana Robertson Amy ins Gesicht. Amy zieht den Kopf ein und ich stoße Juliana zur Seite und befreie Amy aus ihrem Griff. Sofort verliert sie das Interesse an uns und fährt herum. »Welcher von euch Freaks war das?«, kreischt sie den Menschen vom Schiff entgegen, die sie mittlerweile umstellt haben. Ich finde es einen Moment lang beinahe komisch, dass sie uns für Freaks hält, weil wir uns ähnlich sehen, während unsere Leute dasselbe zu Amy gesagt haben, weil sie anders aussieht. »Welcher Feigling hat meinen armen Mann getötet, als er wehrlos war? Wer?« Sie kocht vor Wut und ihr Hass kennt keine Grenzen.
Meine Leute haben keine Ahnung, wie sie darauf reagieren sollen. Für sie sind die Aufgetauten gefährlich. Viele von ihnen sind derselben Meinung wie Orion und finden, dass er richtig gehandelt hat. Und Juliana trägt dieselbe grünbraune Kleidung wie die anderen Militärangehörigen – sie ist Soldatin, ihre Ausbildung macht sie noch gefährlicher.
Jetzt sind alle Augen auf mich gerichtet – ich bin es, der sie alle beschützen soll.
Juliana folgt ihren Blicken, aber sie versteht nicht, was sie bedeuten. Sie denkt, die Blicke wären ein stummer Vorwurf, vergleichbar mit einem Geständnis, dass ich ihren Mann umgebracht habe.
Sie stürzt sich kreischend auf mich, und bevor ich irgendetwas tun kann, trifft ihre Faust auf meinen linken Wangenknochen und schleudert meinen Kopf nach hinten. Ich taumele rückwärts und hebe schützend die Hände.
»Lassen Sie Junior in Ruhe!«, brüllt einer von der Schiffsbesatzung – ein Mann namens Heller, ein Landwirt vom Versorgerdeck – und hält Juliana zurück, als sie zum zweiten Mal ausholt, um mich zu schlagen.
»Nein, warte –«, beginne ich.
»Lass die Finger von ihr!«, befiehlt eine andere Aufgetaute und mischt sich in das Handgemenge ein.
Und dann bricht Chaos aus.
Die Leute von der Erde sind zwar rabiater, aber wir sind in der Überzahl. Als die Kampfhandlungen eskalieren, weichen die Aufgetauten zurück, bis sie mit dem Rücken an den Kryo-Kammern stehen. Geschrei und Gebrüll übertönen jedes andere Geräusch. Eine Frau, die ich für Amys Mutter halte – sie haben beide dieselben grünen Augen –, packt Amy am Handgelenk und zieht sie aus dem Getümmel. Ich schlucke den Kloß in meinem Hals herunter. Es ist meine Schuld, dass im Shuttle gekämpft wird, wie es auch schon auf der
Godspeed
meine Schuld war. Ich bin es, der nicht für Amys Sicherheit sorgen kann. Ich ramme den Finger auf meine Dra-Kom – sinnlos.
Also steige ich auf den nächstbesten Tisch und schreie: »Aufhören! AUFHÖREN !«
Es bringt gar nichts.
Es ist ein Kampf, der von Wut und Angst genährt wird.
Fäuste schlagen zu; Blut strömt aus frischen Wunden. Ein Stuhl wird in die Menge geworfen und dann mit ohrenbetäubendem Krachen gegen eine Kryo-Kammer geschmettert. Juliana Robertson will sich auf mich stürzen, wird aber von einem meiner Leute weggestoßen. Ich springe vom Tisch und werfe mich zwischen die beiden.
» SCHLUSS DAMIT !«, brüllt Colonel Martin von der Tür aus. Die Leute in seiner Nähe zögern, aber der Kampf geht weiter. » ICH SAGTE , SCHLUSS DAMIT !«, brüllt er noch einmal und marschiert mitten ins Getümmel. » AUSEINANDER !«
Und tatsächlich lassen die Leute voneinander ab.
Die Militärangehörigen, die bei uns zurückgeblieben sind, hören auf, zuzuschlagen. Sogar Juliana Robertson. Ihr strömt Blut aus beiden Nasenlöchern und ihre Augen sind rot, aber ihre geballten Fäuste lockern sich, und sie tritt wortlos zurück.
»Was zum Teufel geht hier vor?«, wütet Colonel Martin. Sein Blick springt zwischen
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