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Godspeed | Die Ankunft

Godspeed | Die Ankunft

Titel: Godspeed | Die Ankunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beth Revis
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wie unbedeutend es dir auch erscheinen mag, kann mir helfen, diese Schiffsgeborenen besser zu verstehen.«
    Mir gefällt nicht, wie er »diese Schiffsgeborenen« sagt, als machte sie die Tatsache, dass sie auf dem Schiff geboren wurden, irgendwie weniger menschlich als die, die auf der Erde geboren wurden.
    »Was du wirklich wissen willst«, sage ich, »ist doch vielmehr, was du tun kannst, damit wir einander nicht an die Kehle gehen, richtig?« Der Kampf ist uns noch zu gut im Gedächtnis. Wir sind ein Pulverfass, und ein einzelner Funke reicht aus, um es in die Luft zu jagen.
    Dad nickt und wartet darauf, dass ich fortfahre.
    »Lass uns nach draußen gehen«, stoße ich hervor und merke selbst, dass ich schon wieder anfange zu betteln. »Lass alle Leute den Planeten sehen. Lass sie wissen, was jenseits der Wände ist. Diese Leute – sie hatten
noch nie
etwas anderes als ihren Stahlkäfig. Wenn du die Tür öffnest und sie die Welt sehen lässt, werden sie sie lieben und alles dafür tun, dass diese Mission ein Erfolg wird. Sie werden alles tun, was nötig ist, um sich eine neue Heimat zu schaffen.«
    »Es ist zu gefährlich –«, beginnt Dad, aber ich falle ihm ins Wort.
    »Das Gefährlichste, was du machen kannst, ist, diese Türen geschlossen zu halten. Öffne sie oder die Leute reißen die Wände mit ihren eigenen Händen nieder.«
     
    Dad leitet die Leute in Hundertergruppen hinaus, mit einem bewaffneten Soldaten an der Seite von je zehn Personen. Während er die Gruppen einteilt, werfe ich Junior einen triumphierenden Blick zu. Doch Junior schaut mürrisch weg.
    »Was hast du?«, frage ich ihn halblaut, während Dad die erste Gruppe losschickt.
    »Nichts.«
    »So geht das nicht!«, fahre ich ihn so energisch an, dass er verblüfft zu mir aufschaut. »Du kannst nicht einfach schmollen und mir nicht sagen, was los ist. Was stört dich?«
    »Kommt es dir nicht auch ein bisschen … manipulativ vor?«, fragt er.
    »Was?«
    Junior wirft einen Blick zum Ausgang, wo Dad dem Militärpersonal, das vor ihm strammsteht, Befehle erteilt.
    »Mein
Vater
?«, frage ich fassungslos. »Du glaubst, er manipuliert die Leute?«
    »Genau dasselbe hätte der Älteste getan«, sagt Junior und weicht meinem Blick schon wieder aus. »Den Leuten etwas richtig Großes zu geben, um sie von dem abzulenken, was wirklich wichtig ist.«
    »Und wovon bitte will mein Dad die Leute ablenken? Dem Planeten? Genau der ist es nämlich, den er ihnen gibt. Und das war
meine
Idee, nicht seine.«
    Junior schweigt einen Moment lang. »Tut mir leid«, sagt er schließlich, aber ich bin nicht sicher, ob er es wirklich so meint. Er sieht mich an.
    »Es tut mir leid«, wiederholt er, diesmal ernsthafter. »Ich glaube nicht wirklich, dass dein Vater so ist wie der Älteste.«
    Ich lächle ihn etwas gequält an, aber wir wissen beide, woher Juniors Gedanken zu diesem Thema kommen. Von Orion. Obwohl er eingefroren ist, steht er immer noch zwischen uns.
    Dad sorgt mit Absicht dafür, dass die ersten Personen, die das Shuttle verlassen, die Schiffsgeborenen sind, trotz der Proteste von Wissenschaftlern wie meiner Mutter, die es kaum erwarten können, den Planeten zu erforschen. Aber wenigstens ist Junior dafür dankbar, glaube ich, und die meisten Leute von der
Godspeed
freuen sich über diese Gelegenheit.
    Auch wenn nicht alle sie ergreifen. Etwas über die Hälfte der Leute wagt sich unter dem Schutz der bewaffneten Männer hinaus. Alle anderen haben zu viel Angst und ziehen es vor, die schützenden Stahlwände nicht zu verlassen, die sie schon ihr ganzes Leben lang umgeben haben. Schon jetzt stinkt das Shuttle nach Schweiß, Abwasser und vielen unreinen Menschen. Dad hat Emma beauftragt, die drei Personen, die die Landung nicht überlebt haben, draußen zu beerdigen, aber gegen die anderen Gerüche kann er auch nichts tun. Ich weiß nicht, was Junior und Dad vorhaben, wenn es an der Zeit ist, das Shuttle endgültig zu verlassen. Kit sieht vollkommen erledigt aus und ihr Vorrat an gelben Beruhigungspflastern ist beinahe aufgebraucht.
    Mir fällt jedoch auf, dass niemand eines der grünen Phyduspflaster trägt.
    Junior und ich sind in der letzten Gruppe, die hinausgeht, zusammen mit den Leuten von der Erde, die schon ungeduldig warten. Die Wissenschaftler sind kaum zu bremsen. Meine Mutter hält Probengläser in beiden Händen, und ihr Lächeln ist so breit, dass selbst
mir
die Wangen wehtun. Dad steht an der Tür zur Brücke und zählt lautlos mit, als

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