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Godspeed | Die Ankunft

Godspeed | Die Ankunft

Titel: Godspeed | Die Ankunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beth Revis
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uns gesehen, aber da sie nicht mit uns sprechen konnten und wir auch nie gelandet sind, haben sie vermutet, dass wir alle tot waren.« Jetzt laufen mir die Tränen übers Gesicht, obwohl ich nicht erklären könnte, wieso ich weine. »Wenn man fünfhundert Jahre lang keinen Ton von sich gibt, wird man eben für tot gehalten.« Selbst wenn man noch lebt.
    Ich erinnere mich so deutlich wie im Moment des Erwachens daran, wie es sich anfühlt, eingefroren zu sein. Mein Kopf hat diese Erinnerung bisher so geschickt verdrängt wie einen schlechten Traum, aber hier, unter einem Himmel voller Sterne, die funkeln wie Augen, kann ich an nichts anderes mehr denken, als im Eis zu stecken, lebendig, aber zu keiner Regung fähig. Ich denke daran, wie still es war und dass mich nichts berühren konnte. Ich denke daran, wie gefangen ich mich gefühlt habe, wie ich bei vollem Bewusstsein war und trotzdem nicht einmal blinzeln konnte.
    Ich denke auch daran, dass ich
das alles
vollkommen umsonst durchgestanden habe.
    Zum ersten Mal seit dem Verlassen des Schiffs fühle ich mich gefangen.
    »Jetzt fragt sich doch nur, wo diese Leute sind«, stellt Junior fest. Er schaut durchs Fenster, als erwartete er jenseits der Glasscheibe eine moderne Stadt. »Wenn es schon eine Kolonie gab«, fährt er nachdenklich fort, »hätte sie doch bestimmt versucht, Kontakt zu uns aufzunehmen. Sie hätten unsere Landung sehen müssen, so dicht bei ihrer Anlage. Wenn es Menschen sind und sie diese Plakette graviert haben« – er zeigt auf unseren Nachruf über der Schalttafel – »dann sollten sie uns doch zur Hilfe kommen.«
    Aber es ist niemand gekommen.

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30 Junior
    Amy ist ganz weiß – nicht blass, sondern
kreideweiß
. »Alles in Ordnung?«, frage ich.
    »Mein Dad«, wispert Amy.
    Ich rühre mich nicht und warte darauf, dass sie weiterspricht.
    »Er hat es gewusst und vor uns geheim gehalten. Die ursprüngliche Kolonie. Diese Anlage. Das war es, was er vor dir verbergen wollte. Vor uns allen.« Sie holt tief und zittrig Luft. »Vor mir.«
    Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Natürlich hat sie recht – schließlich kann sie mit eigenen Augen sehen, dass ihr Vater ihr die Wahrheit vorenthalten hat.
    »Warum?«, stößt sie verzweifelt aus.
    Ich stelle mich vor sie und lenke ihre wild herumhuschenden Blicke auf mich. »Das weiß ich nicht. Er wird seine Gründe haben.«
    Sie sieht mich gereizt an. »Orion hatte auch seine Gründe. Und der Älteste auch.«
    »Colonel Martin mag ja vieles sein, aber er ist weder Orion noch der Älteste.« Damit will ich Amy trösten, aber wirklich glauben kann ich es nicht. Immerhin hat der Colonel schon bewiesen, dass er kein Problem damit hat, uns Lügen und Halbwahrheiten aufzutischen.
    Amy dreht sich so hastig weg, dass ihr die roten Haare wie ein Vorhang vors Gesicht fallen. »Diese Kolonie, die vor uns da war – glaubst du, dass die Pteros alle gefressen haben?«
    »Da draußen gibt es mehr als nur Pteros«, antworte ich und denke dabei an die geheimnisvollen Tierspuren, die ich in der Nähe des Shuttles entdeckt habe, und an die Kristallschuppe, die Colonel Martin mir abgenommen hat.
    »In Dr. Guptas Blut war genveränderndes Material«, sagt Amy. »Vielleicht hat die erste Kolonie dieses Zeugs hier auf der Zentauri-Erde eingesetzt. Vielleicht ist das der Ursprung der Pteros. Vielleicht haben sie ihren eigenen Untergang herbeigeführt.« Sie gibt ein ersticktes Geräusch von sich, und ich erkenne, dass sie den Tränen nahe ist. »Wir sind ganz allein«, flüstert sie. »Die Leute, die vor uns hier waren … was auch immer mit ihnen passiert ist, sie sind alle tot. Und wir werden auch sterben.«
    »Wir werden nicht –«
    »Wir
werden sterben
!« Sie faucht mich an, und als sie zu mir herumwirbelt, kann ich die nackte Panik in ihren Augen sehen.
    »Amy«, sage ich und warte, bis sie mich ansieht. »Ich würde es niemals –
niemals
 – zulassen, dass dir etwas passiert. Das weißt du, oder?«
    Sie zögert, nickt dann aber doch.
    In diesem Moment wirkt sie so zerbrechlich, dass es mir fast das Herz zerreißt. Wir wissen beide, dass ich sie vor gar nichts beschützen kann.
    Aber ich werde tun, was ich kann, wie hoch der Preis auch sein mag.
    »Amy«, sage ich und suche ihren Blick. »Ich lie–«
    Sie presst ihre Lippen auf meine und schneidet mir damit die Worte ab. Ich versuche, das, was ich sagen wollte, durch meinen Kuss auszudrücken. Sie schlingt mir die Arme um den Nacken und zieht

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