Godspeed | Die Ankunft
Flüstern.
Junior beugt sich vor und betrachtet die kleine Metallplatte genauer. Er studiert die winzigen Worte, die unter dem Symbol stehen. »Dies ist der Fundort der ersten Interstellar-Sonde, gestartet im Jahr 2310 , die alle nötigen Informationen für die erste erfolgreiche extra-solare Kolonie
Explorer
lieferte, gegründet 2327 «, liest er. »Im Gedenken an die Besatzung der
Godspeed
, die ihr Bestes gegeben hat. 2036 – 2336 .«
»Die glauben, wir haben es nicht geschafft«, stelle ich fest.
Ich zeige auf die zweite Jahreszahl: 2336 . Da hätte die
Godspeed
landen sollen. Aber wir sind nicht gelandet.
»Sie haben die Sonde gefunden«, sagt Junior bedrückt. »Aber
uns
nicht.«
Ich denke an die Schwerkraftröhren und die Floppys auf dem Schiff, Technologien, die entwickelt wurden, während ich eingefroren war. »Die Technik schreitet rasant fort«, sage ich. »Meine Großeltern haben zigtausend Dollar für einen Computer bezahlt, der größer war als mein Fernseher und nur einen Bruchteil vom Speicherplatz meines Handys hatte.« Ich plappere drauflos, aber ich kann mich nicht bremsen. »Meine Großeltern haben CD s benutzt, um Musik zu hören, anstatt sie runterzuladen, meine Urgroßeltern hatten Kassetten und meine Ururgroßeltern haben noch Schallplatten gehört.«
Junior sieht mich mit großen Augen verschreckt an, aber er begreift, was ich damit sagen will. »Das erste Flugzeug wurde um 1900 gebaut und rund siebzig Jahre später ist der erste Mensch auf dem Mond gelandet.«
Ich schlucke. » 2029 hat meine Großmutter Urlaub im Mond-Hotel gemacht und 2036 wurden meine Eltern und ich auf Eis gelegt und ins Universum geschossen.«
Die Technologie schreitet schneller und schneller fort.
Ich sehe mich in dieser überaus modernen, gepflegten Kommunikationszentrale um.
Wir sind nicht die erste Kolonie von der Erde
.
»Wir haben uns bei unserer eigenen Landung verspätet«, sagt Junior tonlos. Er berührt ein kleines Blinklicht unter der Plakette. »Ein Ortungssender. Deswegen ist das Shuttle hier gelandet.«
Mitten in einer Welt, die uns schon längst überholt hat.
Die erste Sonde wurde zwanzig Jahre vor der geplanten Landung der
Godspeed
von der Erde losgeschickt. Anscheinend gefielen der FRX die Daten, die sie übermittelt hat, und sie brachte daraufhin ein schnelleres Schiff auf den Weg, um noch vor unserer Ankunft den Planeten zu kolonisieren. Dass die Häuser die perfekten Abmessungen für menschliche Bewohner haben, liegt also nicht daran, dass es auf der Zentauri-Erde zufällig irgendwelche Wesen gab, die dieselbe Größe und dieselben Bedürfnissen hatten wie wir … sondern daran, dass
Menschen diese Häuser gebaut haben.
Diese Menschen haben sich dort niedergelassen und die
echte
erste Kolonie gegründet.
Und das ist so lange her, dass die Gebäude jetzt nur noch Ruinen sind
.
Was in der Zwischenzeit passiert ist? Diese erste Kolonie hat sich zu einer modernen Hightech-Gesellschaft entwickelt und die staubigen Häuser hinter sich gelassen.
Das sollte mich nicht überraschen. Es ist schließlich nicht so, dass sie nach dem Start der
Godspeed
aufgehört haben, Raumschiffe und Raketen zu entwickeln. Sie haben seitdem etwas Besseres hervorgebracht, und als ihnen die von der Sonde übermittelten Informationen verrieten, dass es hier etwas gab, was sie haben wollten, haben sie ein weiteres Schiff losgeschickt – ein viel schnelleres.
Wieso sollten sie auf unsere Landung warten, wenn es hier Energievorkommen gibt, die auf der Erde gebraucht werden?
»Unsere ganze Mission … war sinnlos«, stelle ich fest. »Alles, was wir getan haben, alle Opfer die wir gebracht haben – es war alles umsonst. Die Erde hat diesen Planeten längst erobert. Sie kamen, sahen und gingen wieder. Und jetzt sind wir hier. Allein. Diese ganze blöde Sache war
für nichts
!« Ich fauche diese letzten Worte. »Was für eine idiotische, sinnlose Mission.
Natürlich
wurde ein schnelleres Raumschiff entwickelt, während wir unterwegs waren. Fünfhundert Jahre vor dem Start? Da hat der verdammte Shakespeare gelebt! In den Augen der Erde sind wir jetzt genauso veraltet wie
Shakespeare
! Unser Schiff ist dasselbe, was früher eine verdammte
Pferdekutsche
war!«
Junior hält meine Hände fest, und erst da merke ich, dass ich wie wild damit herumgewedelt habe.
»Sie konnten keinen Kontakt zu uns aufnehmen«, sage ich. »Die Kommunikation ist abgebrochen, bevor wir überhaupt hier ankamen. Wahrscheinlich haben sie
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