Godspeed | Die Ankunft
gestürmt.
Ich kann mir ein Grinsen nicht verkneifen; es stört mich gar nicht, so früh geweckt zu werden, wenn Amy mein Wecker ist.
Dann sehe ich ihr Gesicht. »Was ist passiert?«, frage ich, springe auf, nehme eine Tunika von meinem Kleiderhaufen und streife sie über den Kopf. Trotz der frühen Stunde ist es schon wieder heiß und schwül.
»Kit«, schnauft Amy, die immer noch außer Atem vom Rennen ist. »Komm mit.«
Ich haste hinter ihr her und schlüpfe im Gehen in meine Mokassins. »Was ist passiert?«, frage ich noch einmal, doch ich ahne Böses. Neben Amy ist Kit einer der wenigen Menschen auf diesem Planeten, denen ich vollkommen vertraue – und sie ist einer meiner wenigen Freunde. Wenn ihr etwas zugestoßen ist …
»Ich weiß es nicht«, sagt Amy. Ihr Blick huscht zum Fuß des Hügels, wo Colonel Martin Emma und Chris Befehle gibt und dabei in die Ferne zeigt.
»Was soll das heißen?«, frage ich. »Geht es ihr gut?«
»Ich weiß es nicht«, wiederholt Amy. Sie nimmt meine Hand und zieht mich hinter sich her zu Colonel Martin. »Heute Morgen hat Dad versucht, sie zu finden, um mit ihr die Liste durchzugehen, auf der sie aufgeschrieben hat, was die Leute am besten können. Er wollte ihnen langfristige Projekte zuweisen. Aber Kit ist weg.«
»Wie
weg
?« Ich verstehe gar nichts. Es ist kaum Morgen; die Sonnen sind gerade aufgegangen.
»Dad glaubt, dass sie bloß ein bisschen in der Gegend herumwandert und bald wieder auftauchen wird.«
»Das würde Kit nie tun«, verkünde ich.
Amy wirft mir einen kurzen Blick zu. »Ich weiß.«
Colonel Martin dreht sich um, als wir angerannt kommen. »Amy«, sagt er streng. »Ich habe dich gebeten, Junior nicht mit dieser Sache zu behelligen.«
»Dad, Kit würde nicht einfach
weggehen
. Wenn sie vermisst wird, bedeutet das, dass etwas passiert ist.«
Ich sehe Amy an. Eines wissen wir beide: Wenn sie vermisst wird, ist es wahrscheinlich schon zu spät.
»Ich habe mich bereits freiwillig gemeldet, nach ihr zu suchen«, verkündet Emma und runzelt die Stirn.
»Und ich habe bereits wiederholt erklärt, dass das nicht nötig ist«, widerspricht Colonel Martin energisch. »Ich habe ein paar Soldaten zum Shuttle geschickt, damit sie nachsehen, ob sie dort ist.«
»Das würde sie nicht tun«, sage ich.
»Wir haben keine Zeit, die gesamte Mission auf Eis zu legen, nur weil eine Frau unbedingt spazieren gehen muss – gegen meinen ausdrücklichen Befehl, wie ich erwähnen möchte.«
»Dad«, sagt Amy so entschlossen, dass er tatsächlich ein bisschen überrascht aussieht. »Kit würde
nicht
einfach weggehen. Das passt nicht zu ihr.«
Colonel Martin lässt ihre Worte sacken.
Chris taucht an seiner Seite auf. Am liebsten würde ich ihn wegschubsen; ich brauche wirklich nicht noch jemanden, der behauptet, dass Kit sich nur verlaufen hat.
»Lass uns auf die Männer warten, die ich zum Shuttle geschickt habe«, sagt Colonel Martin, aber er klingt jetzt nicht mehr wie der große Befehlshaber. »Vielleicht ist sie wirklich dorthin gegangen, um Vorräte zu holen …«
»Das würde sie
nicht
tun«, beharre ich auf meiner Meinung. »Kit gehört zu meinen Leuten und ich kenne sie. Sie würde die Kolonie niemals verlassen, ohne mir Bescheid zu sagen. Ich versichere Ihnen – wenn sie verschwunden ist, stimmt etwas nicht.« Ich beobachte, wie erste Zweifel auf Colonel Martins Gesicht auftauchen. Er will nicht, dass Kit entführt worden ist, will nicht, dass es seine Schuld ist. Seine Wachen haben sie nicht beschützt. Aber ich habe keine Zeit für Colonel Martins verletzte Gefühle. »Wenn Sie nichts unternehmen, mache ich es«, sage ich. »Ich werde Suchtrupps zusammenstellen.«
»Ich helfe dir«, sagt Amy sofort.
»Ich auch.« Emma wirft Colonel Martin und Chris einen angewiderten Blick zu.
Wir arbeiten schnell. Sobald bekannt wird, dass Kit verschwunden ist, melden sich Freiwillige – nach knapp einer Stunde sind es bereits über hundert.
Colonel Martin betrachtet die Gruppe, die sich auf der Wiese versammelt hat. Der Suchtrupp sieht aus, als wäre er zu allem entschlossen, und die Leute tragen Waffen – Schaufeln und Sensen und in manchen Fällen einfach nur dicke Äste, am Griff glatt geschnitzt, als behelfsmäßige Keulen.
»Sie brauchen keine Stöcke. Meine Männer haben Schusswaffen«, sagt Colonel Martin. Meine Leute bewaffnet zu sehen, macht ihn nervös. Ich speichere diese Information in meinem Hinterkopf ab.
»Schusswaffen konnten Kit nicht
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