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Godspeed | Die Ankunft

Godspeed | Die Ankunft

Titel: Godspeed | Die Ankunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beth Revis
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und streicht mir die Haare, hinter denen ich mein Gesicht versteckt habe, über die Schulter.
    »Keine Bewegung«, befiehlt eine Frauenstimme halblaut. Ich will mich umdrehen, doch da spüre ich bereits die Mündung einer Waffe am Hinterkopf. Ich lasse Juniors Hand los und hebe beide Hände.
    »Amy?«, fragt die Stimme. Die Waffe verschwindet von meinem Kopf. Ich drehe mich um und stehe Emma gegenüber, die einen Tarnanzug trägt und eine halb automatische Waffe in der Hand hat.
    »Emma, Sie haben mich zu Tode erschreckt!«, rufe ich aus.
    »Psst!«, zischt sie. »Oder willst du, dass die anderen Wachen herkommen und sehen, was ihr beiden Idioten hier macht?«
    Ich werfe Junior einen Blick zu. Wie viel weiß Emma?
    »Wenn ihr zwei die Hände nicht voneinander lassen könnt, dann geht in eines der Häuser«, knurrt sie. »Mitten in der Nacht am Rand des Lagers herumzuknutschen ist der beste Weg, erschossen zu werden. Ich dachte, ihr wärt –« Sie verstummt. »Ich dachte, ihr wärt Feinde.«
    Ich runzle die Stirn. Von welchen Feinden spricht sie? Emma weiß nicht, was wir gemacht haben, aber ich habe den Verdacht, dass sie mehr weiß, als sie uns sagt. Sie war an diesem Tag bei Dad, als er zur Sonde ging und dort eine hochmoderne Anlage vorfand.
    Sie weiß genau, was er seitdem geheim hält.
    Als weder Junior noch ich etwas sagen, wird sie misstrauisch. »Ihr wart gar nicht hier draußen, um zu knutschen, richtig?«
    »Nein!«, antworte ich viel zu schnell. »Emma, wir waren –«
    Sie bringt mich mit einer Handbewegung zum Schweigen. »Es ist mir egal, was ihr gemacht habt, und ich will es nicht wissen. Aber ihr seid beide nicht dumm, und ich wette, ich weiß, was los ist.« Sie wirft einen Blick zu den Häusern. »Geht nachts nicht mehr raus«, befiehlt sie streng. »Da draußen sind Dinge, von denen ihr nichts wisst.«
    Junior nickt ernst und wendet sich zum Gehen. Emma greift nach meinem Arm und hält mich fest. »Amy, das ist wichtig«, sagt sie leise und eindringlich. »Ich weiß, dass du das nicht hören willst, aber vertrau auf keinen Fall –«
    »Wer ist da?«, ruft jemand. Mein Vater.
    Schwere Schritte nähern sich uns. Dad und Chris, beide in Tarnanzügen. »Emma? Was geht hier vor?«
    Emma steht stramm, und wovor sie mich auch warnen wollte, hat sich erledigt. »Sir. Habe diese beiden hier draußen erwischt.« Sie verstummt kurz. »Beim Küssen.«
    Ihre Stimme hat jetzt etwas von einer Klatschtante, aber ehrlich gesagt bin ich froh, dass sie Dad die Story von der Knutscherei erzählt hat. Wenigstens hat sie ihm nicht berichtet, was sie wirklich vermutet – dass wir in der Anlage und in Dads Geheimnissen herumgestöbert haben.
    Trotzdem sieht Dad nicht gerade begeistert aus. »Ich nehme Amy mit«, knurrt er. »Chris, Sie eskortieren diesen Jungen zu seiner Unterkunft.«
    »Dieser Junge kann das schon allein«, faucht Junior.
    Dad starrt ihn nieder. »Es gibt so einiges, vor dem du dich hier draußen fürchten solltest, bei Dunkelheit, in der Nacht.«
    Junior verzieht keine Miene. »Ich weiß genau, wovor ich mich fürchten muss«, kontert er. »Und es ist nicht die Dunkelheit.« Er lässt einen Herzschlag verstreichen und fügt dann hinzu: »Und Sie sind es auch nicht.«
    Chris berührt Juniors Schulter und will ihn zu seinem Haus begleiten, aber Junior drängt sich grob an ihm vorbei.
    Dad wartet, bis Chris und Junior außer Sicht sind und Emma wieder auf ihrer Kontrollrunde ist, bevor er mit seiner Predigt beginnt. »Was hast du dir dabei gedacht?«, fährt er mich an. Es schockiert mich, wie wütend er klingt. »Es ist
gefährlich
da draußen, Amy.«
    »Wir waren doch noch in der Kolonie«, protestiere ich – dass es nicht stimmt, weiß er ja nicht.
    »Und einen von
denen
zu küssen!«
    Das lässt mich abrupt stehen bleiben. Die Nacht ist jetzt unheimlich leise und es weht kein Lüftchen.
    »Wie bitte?«, frage ich betont emotionslos.
    »Amy, dieses Schiffsvolk … du solltest nicht so viel Zeit mit denen verbringen.« Dad fängt an, vor unserem Haus auf und ab zu gehen.
    »Ich weiß nicht, Dad. Ich habe das Gefühl, dass Junior ein bisschen offener zu mir ist, als du es in letzter Zeit warst … wenn du verstehst, was ich meine.«
    »Die sind nicht wie wir«, fährt Dad fort, ohne auf meinen anklagenden Tonfall einzugehen.
    »Inwiefern?«, frage ich kühl.
    »Sieh sie dir doch an! Wie gleich die alle aussehen! Wie die alle dieses Kind als ihren ›Anführer‹ betrachten. Die sind so …

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