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Goebel, Joey

Goebel, Joey

Titel: Goebel, Joey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heartland
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sein konnte. Mit purer Willenskraft machte ich aus mir den starken, stabilen Mann, den du immer gekannt hast. Ich hielt mich an einen rigorosen Trainingsplan und wurde ein hervorragender Sportler: Basketball, Football, Tennis. Nie wieder fühlte ich mich jemand anderem unterlegen, und als schließlich mein Dad starb, war er tatsächlich stolz darauf, dass ich sein Sohn war.«
    »So soll’s sein.«
    »Ich bin noch nicht fertig. Hör zu, ich sag’s nur dieses eine Mal. Als mein Vater starb, war ich sechzehn. Nach seinem Tod stand ich vor der Aufgabe, nach Bashford zurückzukehren und der Mann im Haus zu sein, ehe man mich überhaupt einen Mann nennen konnte. Ich verbrachte meine Jugend weder auf Partys, noch ging ich mit Mädchen aus, sondern las die Unterlagen und juristischen Fachbücher meines Vaters, weil ich nicht wollte, dass jemand meine Mutter übervorteilte. Ich blieb bis in die frühen Morgenstunden wach, über den Schreibtisch in meinem Zimmer gebeugt, und studierte das alles, nur um zu erleben, dass meine Mutter an einem schweren Herzanfall starb, als ich zwanzig war. Heranwachsen war für mich keine angenehme Erfahrung.«
    [383] Blue Gene wartete vergebens, dass er fortfuhr. »Warum erzählst du mir das alles?«
    »Ich erzähle es dir, weil Bernice’ Schicksal dich offensichtlich beeindruckt hat. Ich wollte dir zeigen, dass jeder, sogar jemand wie ich, sein gerüttelt Maß an Leid erfährt. Doch manche von uns sind stark genug, um solches Leid zu überstehen und sogar darüber hinauszuwachsen, andere nicht. Es tut mir leid, dass es Bernice so schlechtgeht, aber sie hatte die gleiche Chance wie wir alle, sich ein sichereres Leben aufzubauen. Sie hätte ihr Geld sparen können. Sie hätte ein gesünderes Leben führen können. Es ist nicht deine Aufgabe, sie mit Hilfe des Familienvermögens zu retten. Das würdest du nur bereuen, und ich will, dass du vergisst, dass du sie auch nur gesehen hast.«
    »Also wirklich! Du, Mom, John, warum habt ihr bloß so ’ne höllische Angst davor, ’n bisschen Geld zu verlieren? So als würdet ihr nur das Geld sehen und die Menschen existierten gar nicht. Siehst du überhaupt Menschen? Bin ich da?«
    »Hör auf damit.« Henry kehrte auf seinen Sessel hinter dem Schreibtisch zurück. »So wie du über Geld redest, klingt es, als wäre es falsch, welches anzusammeln. Doch da habe ich eine Frage: Glaubst du, dass die Vereinigten Staaten das großartigste Land der Welt sind?«
    »Ja, verdammt.«
    »Endlich etwas, worin wir einer Meinung sind. Wenn du sagst, wir würden nur das Geld sehen und es anbeten, beziehst du dich auf etwas, was man Gewinnmotiv nennt, und ebendieses Gewinnmotiv macht die Vereinigten Staaten zu dem großartigsten Land der Welt. Die Aussicht auf Gewinn [384] ist die Triebfeder, die unser Land groß macht. Gewinn lässt dieses Land so florieren, dass du und alle anderen sich daran erfreuen können.«
    »Erzähl das mal Bernice.«
    »Pah. Bernice hat von meinem Wohlstand so profitiert wie andere auch. Wäre sie in irgendeinem anderen Land geboren worden, wäre sie wahrscheinlich längst tot.«
    »Aber sie wurde in keinem anderen Land geboren, sondern in Amerika, dem großartigsten Land der Welt. Sie hat Besseres verdient.«
    Henry schob seine graue Haarlocke aus der mit Leberflecken übersäten Stirn und sah auf die Uhr. »Warum arbeitest du eigentlich nicht?«
    »Ich hab das ganze Wochenende gearbeitet. John sagte, ich solle mir ein paar Tage freinehmen.«
    »Hast du vor, diese Bernice wiederzusehen?«
    »Klar.«
    »Wann?«
    »Sag ich nich.«
    »Wo wohnt sie jetzt.«
    »Sag ich nich.« Blue Gene wusste, wo sie wohnte. Da im Frühsommer ihr Telefon abgestellt worden war, hatte er sie gebeten, ihm den Weg zu ihrem Haus zu beschreiben, damit er sie irgendwann besuchen konnte.
    Erneut erhob sich Henry von seinem Schreibtischsessel, schritt durch das geräumige Büro, und an seiner Schläfe erschien eine Ader. Beim Gehen klimperte er mit Kleingeld. »Du solltest keinen Umgang mit ihr pflegen.«
    »Gib mir einfach mein Geld. Dann helf ich ihr, und das war’s.«
    [385] »Nein. Das kann ich nicht machen.«
    »Hör dich doch selbst reden, Dad. Du haust mich übers Ohr, als wär ich einer von deinen Arbeitern. Ich hab nämlich zufällig Leute über dich reden hören, musst du wissen.«
    »Ich schätze es nicht, dass du in mein Büro kommst und mir vorwirfst, ich sei ein hartherziger, schurkischer Unternehmer. Wenn du mich für geldgeil hältst, sieh dir doch mal

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