Goebel, Joey
Tank-Top [391] vom Leib, weil es unter den Achseln feucht geworden war. Er setzte sich und trank eine Limo, während er überlegte, was er als Nächstes machen sollte. Immer wieder stellte er sich Bernice vor, wie sie ihre letzten Augenblicke auf Erden in Todesangst verbrachte, weil sie keine Luft bekam. Sein Vater und er wussten, dass er seine Drohung nicht wahr machen und sich einen Anwalt nehmen würde. Henry und sein Anwalt hatten bei mehreren Gelegenheiten bewiesen, dass sie vor Gericht unschlagbar waren. Blue Gene überlegte, ob er seine Mom oder John um Geld bitten sollte, doch das ließ sein Stolz nicht zu.
Jetzt, wo er darüber nachdachte, ergab es einen Sinn, dass sein Dad ihm sein eigenes Geld nicht geben wollte. Blue Gene Mapother war nicht der einzige Mensch, der frustriert zusah, wie ein mächtigerer Mann ihm das Geld vorenthielt, das ihm rechtmäßig zustand; Henry Mapother hortete jedermanns Geld.
Es blieb Blue Gene also nichts anderes übrig, als Bernice seine Ersparnisse zu geben. Er hatte jetzt zwei Monate für John gearbeitet; sein Lohn war zwar bescheiden, er bezahlte jedoch für das Poolhaus keine Miete (obwohl er es angeboten hatte). Er hatte vorgehabt auszuziehen, sobald er es sich leisten konnte, doch das konnte er vorerst vergessen, wenn er Bernice’ Leben retten wollte. Sie dazu zu bringen, sein Geld anzunehmen, versprach allerdings ein hartes Stück Arbeit zu werden, und Blue Gene hatte sich heute schon genug gestritten. Er beschloss, Bernice morgen aufzusuchen und den Rest des Tages auszuspannen.
Nachmittags um halb vier rief er Jackie an, doch niemand ging ans Telefon. Er wartete zwei Stunden und probierte es [392] erneut, doch es nahm immer noch niemand ab, und obwohl er den restlichen Nachmittag immer wieder in Versuchung geriet, ließ er sich nicht dazu herab, ein drittes Mal anzurufen, denn sie hatte bestimmt Anrufererkennung.
Er aß ein paar Pizzareste und lümmelte sich dann auf das Sofa; er trug nur eine weiße Unterhose und seine Halskette mit dem Kruzifix um den Hals. Die Tasten der Fernbedienung fand er, ohne hinzusehen, und drückte seine Lieblingssender, doch da die Herbstsaison noch nicht begonnen hatte, lief nichts Gutes, und was gut war, das kannte er schon. Die nächste Stunde zappte er sich zerstreut durch die Kanäle, in Gedanken immer noch bei der Unterhaltung mit seinem Dad. Mit seiner Familie und ihm war alles so rund gelaufen, da musste es früher oder später einfach Ärger geben. Der Grund dafür war wohl, dass er über Geld gesprochen hatte. Und darüber sprach man nicht, das hatte ihm sein Vater immer eingeschärft.
Um sieben Uhr blieb er endlich bei Big Brother hängen. Wie sich die Leute im Fernsehen stritten, brachte ihn zum Lachen. Doch an diesem Abend konnte nichts verhindern, dass Blue Gene in Pessimismus verfiel: In den Werbespots sahen alle so attraktiv aus, dabei waren ihre Nasen genauso voller Schleim wie die aller anderen auch. Er bohrte mit dem Zeigefinger im Bauchnabel, um ein paar Fussel herauszuklauben, was ihm normalerweise eine gewisse Befriedigung verschaffte, doch bei seinem dickeren Bauch kam er schwerer an den Nabel ran. Er hätte nie gedacht, dass es ihm etwas ausmachen würde, alt zu werden, doch es passierte, direkt unter seinen Augen, und es machte ihm etwas aus. Die Baseballspieler, denen er als Kind zugesehen hatte, wurden in [393] die Baseball Hall of Fame aufgenommen, was er irgendwie nicht richtig fand. Er fand gar nichts richtig. Er wollte unbedingt rauchen, hatte aber Bernice sein Wort gegeben, und ein Mann war nur so viel wert wie sein Wort. Bernice war gut… zumindest gut zu ihm, wie konnte also sein Vater jemanden, der so gut war, behandeln, als wäre sie es nicht wert, gerettet zu werden? Lag es daran, dass Güte gleichbedeutend mit Schwäche war? Machte das Schlechtigkeit zu einer Stärke? Was wäre besser, Papierschnittwunden an der Zunge oder sich mit einem Schirm ein Auge auszustechen? Und das verdammte Mädchen hatte doch Anrufererkennung, also warum rief sie ihn nicht zurück?
Als um zwanzig Uhr sechsunddreißig das Telefon klingelte, zuckte Blue Gene zusammen und schnellte vom Sofa. Sein Herz raste, weil er dachte, Jackie wäre dran, doch auf dem Display sah er, dass der Anruf von Johns Handy kam.
»Mapother«, meldete er sich mürrisch. Am anderen Ende sagte zunächst keiner etwas. Doch dann hörte er, wie sich zwei Männer aufgeregt unterhielten. Blue Gene verstand nicht jedes Wort, doch er wusste, dass einer
Weitere Kostenlose Bücher