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Goebel, Joey

Goebel, Joey

Titel: Goebel, Joey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heartland
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ersticke. Und weißt du, was? Es hat tatsächlich geholfen, doch in letzter Zeit hab ich mir kein Bier mehr leisten können. Aber Cola hab ich da.«
    »Nein, danke.«
    »Falls du Hunger hast – mal sehen, ich hab noch etwas Zuckermais da und –«
    »Ich muss mit dir über was Ernstes reden.«
    »Tja, dachte ich mir doch, du wirkst ernst! Was ist?«
    »Ich bin gekommen, weil ich weiß, du bist da irgendwie dran beteiligt, und ich dachte mir, wahrscheinlich bekomme ich von dir eher Antworten als von meiner Familie.«
    » Woran beteiligt?«
    »Ist mein Bruder in Wirklichkeit mein Dad?«
    [403] Bernice lachte nervös, hustete, lachte wieder. »Wo hast du das denn her?« Sie wickelte ihren Sauerstoffschlauch um beide Daumen.
    »Bitte antworte mir einfach. Sag mir die Wahrheit. Ist John mein Dad?«
    Bernice ließ sich in einen schäbigen orangefarbenen Lehnstuhl mit Brandflecken auf den Armlehnen nieder. »Setz dich«, sagte sie. Die arthritische alte Hütte knarrte, als Blue Gene sich auf ein Sofa mit braunem Blumenmuster setzte. »Ich schätze, du bist mehr als alt genug, um es zu erfahren. Ja, Schatz, er ist dein Dad.«
    In den Vereinigten Staaten mit ihren vielen Zeitzonen und Firmenlogos waren so viele einsame Menschen zu Hause, aber in diesem Augenblick verspürte niemand eine so ungeheure Einsamkeit wie Blue Gene Mapother, der sich vorkam, als hätte er soeben die Scheidungspapiere unterschrieben und damit seine Trennung von sich selbst besiegelt.
    »Warum hat mir das keiner gesagt?«, fragte er ernst und starrte auf die ausgeblichene Wand gegenüber.
    »Es tut mir leid. Sie sagten, es gäbe sonst einen Skandal. Wie hast du es herausgefunden?«
    Blue Gene schilderte den Handyzwischenfall, ehe er überlegte, welche Frage jetzt kommen musste. »Dann sind also meine Mom und mein Dad eigentlich die ganze Zeit meine Oma und mein Opa gewesen?«
    »Ja.«
    »Wer ist dann meine richtige Mom? Moment mal – etwa du ?«
    »Also, Blue Gene, ich weiß nicht, was ich dir sagen soll. Die Katze ist ja nun aus dem Sack, und du hast ein Recht [404] darauf, es zu erfahren. Deine Mom hieß Tammy. Meine Tochter.«
    »Deine Tochter, die gestorben ist?«
    »Ja. Sie starb im Kindbett.«
    »Du meinst, als sie mich zur Welt brachte?« Der schwarze Pudel bemühte sich, auf Blue Genes Schoß zu klettern, doch Blue Gene schubste ihn gröber als nötig beiseite.
    » Shasta. Lass das. Ja, Schatz. Es tut mir leid.«
    »Na, ich sollte ja wohl derjenige sein, dem es leid tut.«
    »Nein. Es war nicht deine Schuld. Eine Menge Leute hatten Schuld, aber nicht du. Du bist der einzige Unschuldige in diesem ganzen Schlamassel.«
    John hatte sich in letzter Zeit so selbstsicher gefühlt, als Herr der Lage. Doch mit dem Drücken einer einzigen Taste war seine Selbstbeherrschung dahin. Vielleicht hatte ihn erst dieses neue Selbstvertrauen leichtsinnig werden lassen. Mehrmals hatten ihm Blue Gene und Abby erzählt, er habe versehentlich ihre Nummer gewählt und sie hätten ihn am Telefon reden hören. Er hatte sogar herausgefunden, wie er die Tasten sperren konnte, um das zu verhindern, merkte aber, dass er vor jedem Telefonat die Tasten wieder entsperren musste, was lästig war. Er verwünschte sich selbst, als er auf der Suche nach dem Ortsschild von Delacroix durch Dixon County fuhr. Hätte die Straße rechts und links eine Leitplanke gehabt, statt endlose Maisfelder, wäre er mit hundertfünfzig Stundenkilometern da hineingejagt, in der Hoffnung, von dem Metall zweigeteilt zu werden. »Alles, was früher aus Metall war, machen sie heute aus Plastik«, sagte sein Vater gern, eine Metapher dafür, wie weich die [405] Gesellschaft in den letzten fünfzig Jahren geworden war. Doch die Leitplanken waren immer noch aus Metall, und wenn John eine fände, würde er sie benutzen.
    Doch es gab keine, und nach einem Blick auf seinen Tachometer fuhr John langsamer. Warum konnten Autos überhaupt so schnell fahren, wo es doch überall Tempolimits gab? Da er nicht wusste, welche Höchstgeschwindigkeit hier auf dem platten Land galt, reduzierte er sein Tempo auf sechzig Stundenkilometer. Er musste sich beruhigen, sonst würde er nur wieder Mist bauen. Er musste diesen Abend irgendwie retten, damit alles wieder gut wurde. In seiner Sakkotasche steckte nicht ohne Grund ein Scheckbuch. Um jeden Preis würde er Bernice’ Schweigen kaufen. Falls Blue Gene schon bei Bernice war, wusste er, wie er vorgehen musste. Blue Gene würde kein Schweigegeld nehmen, das war nicht sein

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