Goebel, Joey
niedrigsten Lohngruppe!« nannte. Um bei der Wahrheit zu bleiben, ihm und seinem Wahlkampfmanager war zuerst der Slogan eingefallen, erst später hatten sie das entsprechende Konzept entwickelt. Dennoch schaffte es seine [490] Ankündigung nicht einmal bis in die Zeitung. Die große Nachricht des Tages war der »geheimnisvolle Wohltäter«, wie die Zeitung den Unbekannten inzwischen nannte, der einen Briefumschlag mit dreitausend Dollar unter den Scheibenwischer eines Bewohners der ärmsten Gegend Bashfords gesteckt hatte. Als Henry den Namen des neuen Geldempfängers las, rief er John an und teilte ihm mit, so dürfe es nicht weitergehen, es müsse etwas geschehen. In den letzten Jahren hatten sie den Namen nur selten erwähnt, dennoch konnten sie ihn einfach nicht vergessen. Der Mann, der an diesem Abend vor der Kamera seinen Tränen freien Lauf ließ und sagte: »Wer auch immer das war – verdammt, ich lieb dich!«, hieß Darius Bledsoe.
Als Erstes rief Henry Harold Campbell an, den CEO des Mutterkonzerns des Register, GFB Inc., in dessen Aufsichtsrat Henry lange Zeit Mitglied gewesen war. Henry bat seinen alten Kollegen, nach allen Berichten die Augen offen zu halten, die sich mit seinem jüngeren Sohn befassten, der sich Blue Gene nannte. Dann trug Henry John auf, Josh Balsam, der jetzt offiziell für das Mapother’sche Wahlkampfteam arbeitete, anzurufen, um ihn zu einer Art Aufklärungseinsatz in dieses Commonwealth-Center zu schicken. Später am selben Tag bekam Henry von Campbell und Balsam übereinstimmende Auskunft, wenn sie sich auch anders ausdrückten: Der eine sagte, offenbar habe Henrys Sohn »plötzlich sein Interesse an der Philanthropie« entdeckt, der andere berichtete, Blue Gene »verschenkt jeden Scheiß, als ob morgen die Welt untergeht«.
Mit dem unberechenbaren Verhalten seines jüngeren [491] Sohnes als Begründung bat Henry Campbell, in seinen Zeitungen und Zeitschriften keine Artikel mehr über Blue Gene zu veröffentlichen, wenigstens bis zu den Wahlen. Der CEO von GFB Inc. versprach, er würde die Herausgeber aller Zeitungen und Zeitschriften der Region bitten, Blue Gene Mapother in keinem Artikel zu erwähnen und dafür Sorge zu tragen, dass keine Nachrichten mit Bezug auf diesen jungen Mann die Agenturen erreichten. Allerdings, so fügte Campbell ehrlicherweise hinzu, sei das eine ziemlich unglaubliche Geschichte, und es würde schwer werden, zu verhindern, dass sie bald publik werde – und zwar landesweit.
Am selben Abend berief Henry eine Krisensitzung in der Wahlkampfzentrale ein. Mit hochgekrempelten weißen Hemdsärmeln und Styroporbechern in den Händen standen und saßen Henry, John, Mark (der Wahlkampfmanager mit der Fliege) und zwei andere Vertrauenspersonen aus dem Wahlkampfteam beieinander, während sie die mögliche Schadensbegrenzung besprachen.
»Aber kann sich das nicht vielleicht sogar positiv für uns auswirken?«, fragte John und kontrollierte, wie feucht seine Achselhöhlen waren. »Schließlich tut er doch in der Gemeinde Gutes, oder?«
»Es hätte sich positiv auf uns auswirken können «, sagte der Wahlkampfleiter, »wenn er dich noch unterstützen würde. Kannst du ihn irgendwie zurückgewinnen?«
»Das kann ich ziemlich sicher ausschließen«, sagte John.
»Doch damit wäre das Problem sofort und elegant gelöst. Sorgen Sie einfach dafür, dass er sich wieder auf unsere Seite schlägt, und das Problem ist erledigt. Ich meine, haben Sie sich wirklich so sehr mit ihm zerstritten?«
[492] »Ja«, sagte Henry, und sein Raubvogelgesicht verkrampfte sich. »Er spricht nicht mehr mit uns.«
»Haben Sie versucht, mit ihm zu sprechen?«
»Wir haben versucht, ihn anzurufen, erreichen ihn aber nicht.«
»Sie sagten, Sie haben den jungen Balsam zu ihm geschickt«, meldete sich ein älterer Herr zu Wort. »Hat er irgendwas herausgefunden?«
»Er sagte, Eugene wolle nicht einmal unseren Namen hören. Doch die gute Nachricht ist, was auch immer er da macht, es scheint überhaupt nicht politisch zu sein. Balsam sagte, es wären mehrheitlich junge Leute, und ich befürchtete schon, Eugene werde die Jungwähler Richtung Frick treiben. Aber offenbar will er nicht einmal über den Wahlkampf reden.«
»Noch zwanzig Tage bis zur Wahl«, stellte der alte Mann fest. »Vielleicht sagt oder tut er nichts, was Munition gegen John liefern würde.«
»Aber Frick wird das weidlich für sich ausschlachten«, sagte der Wahlkampfmanager. »Wahrscheinlich wird er den Gegensatz in
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