Goebel, Joey
den Mittelpunkt stellen. Das Problem besteht darin, dass der Bruder, der nicht kandidiert, wie ein Held wirkt, und der Bruder, der kandidiert, wirkt so, als stünde er untätig daneben. Der eine entlässt Leute; der andere schafft gutbezahlte Arbeitsplätze. Und da drängt sich jedermann die naheliegende Frage auf: Wie kann er sich das leisten? Es ist sein Familienvermögen. Wie passt seine Familie da ins Bild? Frick wird versuchen, Sie als reiche Tyrannen des Großkapitals darzustellen, während Blue Gene… Er ist eine Art Robin Hood, der Geld verschenkt. Dieser Gegensatz [493] wird uns schaden. Und falls Fricks Lager dann noch herausfindet, dass er sich mit Ihnen zerstritten hat, geraten wir womöglich in Teufels Küche.«
Die nächste Stunde steckten sie die Köpfe zusammen und entwarfen eine Presseerklärung für John für den Fall, dass man ihn vor dem Wahltag auf Pressekonferenzen oder bei Wahlkampfreden nach Blue Gene fragte. Henry ließ sie ihn auf der Stelle auswendig lernen. Sie probten bis ein Uhr morgens:
»Tatsächlich hat die Teilnahme meines kleinen Bruders an meinem Wahlkampf überhaupt erst sein soziales Gewissen geweckt. Ehe Blue Gene im Mapother-Wahlkampfteam mitarbeitete, interessierte er sich für kaum etwas außer Profi-Wrestling und Monstertrucks. Wie er mir sagte, habe erst meine Initiative ihm ein Leben voller neuer Möglichkeiten eröffnet, und wenn ich Abgeordneter bin, werde ich auf meine Wähler den gleichen Einfluss ausüben.«
Auf die naheliegende Frage »Warum beteiligt sich dann Blue Gene nicht mehr an Ihrem Wahlkampf?« lernte John ein anderes Statement auswendig:
»Das war mein Vorschlag. Als mir mein kleiner Bruder von der großartigen Idee erzählte, eine aufgegebene, ungenutzte Immobilie in eine Zufluchtsstätte für die Jugend und die Benachteiligten der Stadt Bashford zu verwandeln, sagte ich ihm, das sei eine hervorragende Idee. Doch ich fuhr fort: Damit sie erfolgreich sein könne, dürfe er nicht mehr für mich arbeiten. Wenn er diese großartige Aufgabe für die Gemeinde [494] durchführen und gleichzeitig Wahlkampf betreiben würde, wäre die Unschuld seines Vorhabens dahin. Und deshalb bat ich ihn, sich ganz seinem Projekt zu widmen, was er auch tut. Ich bin stolz, Blue Gene Mapother meinen Bruder nennen zu dürfen.«
Dank Henrys Aktivitäten hinter den Kulissen berichteten die lokalen Medien zunächst nicht, was das CommonwealthCenter für die Gemeinde Bashford leistete oder wer wirklich für seine Gründung verantwortlich war. Doch die Mapothers merkten rasch, dass sich eine so ungewöhnliche Geschichte im Internet nicht so leicht unterdrücken ließ, denn es entstanden immer neue Blogs, die meisten von Jugendlichen verfasst, die einander berichteten, sie hätten einen neuen coolen Treff gefunden. Dann tauchte ein auf einem von drei Lokalsendern in Donato Falls gesendeter Bericht plötzlich bei YouTube auf. Die Blogs und der Bericht erwähnten, Blue Gene Mapother sei die treibende Kraft hinter dem Commonwealth-Center, allerdings wurde der Besitzer nicht persönlich vor der Kamera befragt.
Dass Blue Gene sich komplett dem öffentlichen Interesse entzog, machte die Menschen nur noch neugieriger. Als die Journalisten den Mann nicht selbst zu einem Interview bewegen konnten, fanden sie problemlos Ersatz in den Bewohnern der Stadt, denen sich zum ersten Mal in ihrem Leben die Gelegenheit bot, selbst Teil einer Nachricht zu sein. Glücklicherweise wussten alle überwiegend Positives über Blue Gene zu berichten. So auch sein ehemaliger Chef in ebendem Wal-Mart-Gebäude, das jetzt Blue Gene gehörte.
»Als ich ihn einstellte, fragte ich ihn, ob er irgendwie mit [495] den Mapothers verwandt sei, denen der Tabakkonzern gehört, was er verneinte. Doch als herauskam, dass er einer dieser Mapothers war, sagte er mir, er wolle keine Sonderbehandlung, höchstens solle ich ihn doppelt so hart rannehmen wie alle anderen. Im Lauf der Jahre habe ich ihm drei Mal eine Beförderung angeboten, doch er hat immer abgelehnt. Der beste Mitarbeiter, den ich je hatte.«
Die seltsamste Information stammte von einem Blogger, dessen ältere Schwester mit Blue Gene die County Highschool besucht hatte.
»Meine Schwester sagt, sie weiß noch, wie er total versnobbt und schickimickimäßig drauf war, bis er in eine Schlägerei geriet oder einen Autounfall oder so was hatte und so oft auf den Kopf geschlagen wurde, dass er einen Gehirnschaden bekam, weshalb er jedes Interesse am Geld verloren
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