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Goebel, Joey

Goebel, Joey

Titel: Goebel, Joey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heartland
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Vokuhila abschneiden, sich rasieren und seine restlichen Tage wie John zubringen, der jedes Mal, wenn er aufstand, sein Sakko zuknöpfte. Er würde die alberne Einfache-Leute-Utopie beenden, eine Stelle bei Westway annehmen und sich eine scharfe, schicke Braut suchen, vielleicht eine von diesen Arzneimittelvertreterinnen, die immer Muster in die Arztpraxen brachten. Die waren immer so sauber und adrett in ihren engen Businesskostümen. So eine konnte er sich problemlos kaufen. Außerdem bekäme er dann sein Leben lang gratis Zoloft. [560] Oder vielleicht würde er den Frauen vollkommen entsagen. Oder er würde sich eine Venusfliegenfalle kaufen und sie abrichten, ihn zu befriedigen. War das nicht letztlich alles egal?
    Er versteckte sich bis zum Abend in seinem Zimmer, wo er nichts tat, außer Zigaretten zu rauchen. Er weigerte sich, jemanden zu empfangen oder rauszukommen, nicht mal als man ihm sagte, zwei Cops seien gekommen und hätten einen seiner Angestellten verhaftet, weil er Bier an Minderjährige verkauft habe. Außerdem ließen die Cops Blue Gene ausrichten, sie würden ihn bald wieder besuchen. Und wennschon.
    Am nächsten Morgen um acht wachte Blue Gene auf, weil er glaubte, jemand riefe laut seinen Namen. Er verdrängte das; er war im Commonwealth-Center so gefragt, dass er ständig hörte, wie jemand seinen Namen rief, was so weit ging, dass er es sich manchmal nur einbildete.
    Dann, um zehn nach acht, rüttelte ihn einer der Männer wach, die im Erdgeschoss wohnten.
    »Blue Gene, Mann, du musst schnell runterkommen. Diesmal ist es ein ganzer Haufen Cops. Sie fahren gerade auf den Parkplatz. Irgendwas ist im Busch.«
    »Was wollen die?«
    »Keine Ahnung, aber ich dachte, du willst bestimmt wissen, was Sache ist.«
    »Na schön. Ich bin gleich unten.«
    Doch als der Mann weg war, rührte sich Blue Gene nicht. Er hatte keine Lust, bei Bewusstsein zu bleiben.
    Zehn Minuten später weckte ihn Bernice.
    »Lass mich schlafen!«, brüllte er sie an.
    [561] »Aber die Cops sagen, dass sie den Laden dichtmachen wollen.«
    »Sollen sich die Veteranen darum kümmern.«
    »Aber –«
    »Bitte, lass mich nur schlafen!«
    Und damit drehte er sich auf den Bauch und blieb im Bett. Ein Bett war immer für ihn da gewesen: als er auf der Highschool den Unfall hatte und nicht laufen konnte, als seine Freundin Cheyenne tagelang verschwunden war und als ihm das Leben im Wachzustand nur noch Dolchstiche versetzte, so wie gestern. Was unten passierte, war ihm egal. Was sollte er der Polizei überhaupt sagen? Die Vorstellung, dass ihn plötzlich alle verließen, klang so verlockend. Ein Teil von ihm war froh, dass das geschah, weil er wusste, dass er sein Geld zu etwa drei Vierteln ausgegeben hatte und den Laden irgendwann sowieso dichtmachen müsste. Jetzt bestand die Möglichkeit, dass andere ihm diese Entscheidung abnahmen. Er entschied, die Veteranen könnten sich um die Angelegenheit kümmern, und wenn der Laden geschlossen werden musste, musste er eben geschlossen werden. Im Moment wollte er einfach nur schlafen, nur noch schlafen.
    Das dritte Mal weckten ihn kräftige Schläge gegen seine Tür und die Worte »Polizei! Aufmachen!«.
    Schlaftrunken pellte Blue Gene sich aus seinen Decken, öffnete die Tür und sah sich mit zwei ernsten Gesichtern konfrontiert, die auf schwarzen Uniformen thronten.
    »Was hab ich jetzt wieder gemacht?«
    »Sie sind doch der Eigentümer dieses Betriebs?«, fragte einer der Cops.
    »Ja.«
    [562] »Ziehen Sie sich was an, Mann.«
    »Weshalb?«, fragte Blue Gene und kratzte sich an seinem vorstehenden Bauch.
    »Ihr Betrieb ist geschlossen worden. Wir müssen Sie auffordern, das Gelände umgehend zu verlassen.«
    Da er immer noch im Halbschlaf war, dachte er nicht einmal daran, nach den Gründen für die Schließung des Commonwealth-Centers zu fragen. Erst als die Beamten ihn nach unten brachten, zeigte sich in seinem schlaffen Gesicht Überraschung. Das große Gebäude war völlig leer, sah man von ein paar herrenlosen Hunden und Katzen ab, deren Bellen und Miauen durch den Raum hallte. Die Leuchtstoffröhren waren eingeschaltet, und der Raum sah weitgehend so aus wie der große Supermarkt, der er einmal gewesen war – nichts als kühle, weiße Fliesen und starre, weiße Säulen. Köstlicher Schinkengeruch hing in der Luft, und im Cafeteriabereich stand noch halbverzehrtes Essen herum. Überall verstreut lagen rote Plastikbecher und Metallstühle, und im Hintergrund sah man die unvollendeten

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