Goebel, Joey
mir.
Hochachtungsvoll
Senator Lawrence Pendergraft
Nachdem Elizabeth das gelesen hatte, drehte sie sich zu John um.
[569] »Was hältst du davon?«, fragte er.
»Ich weiß es nicht. Was ist diese Wormland Group?«
»Es ist der einflussreichste Think Tank – ich glaube, so nennt man das, ein Think Tank. Jedenfalls ist es eine der elitärsten Gruppen von Führungskräften weltweit. Ihr gehörten sogar schon ehemalige Präsidenten an. Angeblich sind aus jeder Weltgegend nur zwei Männer Mitglieder. Ich bin mir aber nicht sicher, ob das stimmt. Es ist eine Art Ansammlung der einflussreichsten Männer der Welt. Sie helfen dabei, die Weltwirtschaft zu gestalten. Sämtliche Führer der Welt, sogar die Vereinten Nationen, hören auf das, was Wormland zu sagen hat.«
»Ich habe noch nie davon gehört.«
»Es sind ziemliche Geheimniskrämer… Na ja, keine Geheimniskrämer, aber sie betreiben keine Eigenwerbung. Doch das Wichtigste, was du wissen solltest: Sie haben einen großen Einfluss auf die Gestaltung der Außenpolitik.«
»Was bedeutet das überhaupt, Wormland Group ?«
»Das hat mit einem Skiort in der Schweiz zu tun, wo sie sich zum ersten Mal getroffen haben. Sie treffen sich einmal im Jahr in den besten Hotels der Welt, doch ihre Tagungen sind streng geheim. Die Menschen erfahren erst im Nachhinein, wo die Meetings stattgefunden haben. Doch das ist unwichtig. Wichtig ist, dass ich einen Schritt näher dran bin.« Elizabeth nickte lächelnd. Sie stand auf und stellte sich an das Fenster mit Blick auf die Innenstadt von Bashford. »Freust du dich denn überhaupt nicht für mich?«
»Doch, ich wünschte nur, das wäre nicht auf Kosten von Genes Projekt geschehen.«
»Aber Mom, das kommt doch dem Traum zugute. [570] Verstehst du denn nicht? Ich kann auf Senator Pendergrafts Platz in der Gruppe nachrücken. Dann habe ich eine Mitgliedschaft auf Lebenszeit, die ich vielleicht nutzen kann, um deinen Traum zu verwirklichen. Ich werde die Menschen beeinflussen und Kriege ein für alle Mal beenden können.«
»Indem du einen Krieg führst.«
»Das verlangt dein Traum doch, oder?«
»Ja. Der letzte Krieg. Worauf wir hingearbeitet haben.« Das sagte sie mit einem leisen Lachen. Sie schaute weiter aus dem Fenster und betrachtete offenbar ein Bild, das noch Jahrzehnte entfernt in der Zukunft lag.
»Herr im Himmel, Mutter, erzähl mir nicht, dass du dich jetzt selbst in Frage stellst.«
»Nein.« Sie schüttelte rasch den Kopf und trat vom Fenster zurück. »Ich stelle mich nicht selbst in Frage. Das würde ich nicht tun. Du sagst nur ständig, es ist für den Traum, es ist für den Traum. Und das behauptet dein Vater auch immer. Jedes Mal, wenn ich Selbstzweifel hatte und sagte, es sei doch nur ein Traum, widersprach dein Vater, nein, es sei eine Prophezeiung. Es begann damit, dass ich den Traum an dem Tag hatte, als sich Amerika aus Vietnam zurückzog. Er sagte, das müsse etwas bedeuten, es sei ein Zeichen Gottes, in einem Augenblick, als unser Land es am dringendsten brauchte, und ich würde auf diese Weise vorhersagen, wie die Welt wieder auf den rechten Weg gebracht werden könne.«
»Und das werde ich tun. Ich werde die Welt wieder auf den rechten Weg bringen. Mom, warum freust du dich nicht für mich? Ich dachte, du wolltest mehr als jeder andere, dass ich meiner Bestimmung gerecht werde. Und da ist sie; sie wartet auf mich, auf einem silbernen Tablett. Wenn es in diesem [571] Tempo weitergeht, bin ich in einem Jahrzehnt Präsident. Und weißt du, was? Ich kann diese Wahl noch gewinnen. Ich werde sie gewinnen.«
»Ich weiß. Ich finde es nur nicht richtig, was ihr all den Menschen antut, denen Gene geholfen hat. Darüber freue ich mich kein bisschen.«
»Das mache ich bestimmt wieder gut.«
Elizabeth lachte. »Vielleicht sollte das dein neuer Wahlkampfslogan sein.«
Als sie in Bernice’ Haus im Dixie County angekommen waren, ging Blue Gene ins Gästezimmer, zog sich bis auf die Unterwäsche aus und brach auf dem Bett zusammen. Das Zimmerfenster stand offen, was für ihn ungewohnt war, und er merkte bald, dass es ihm gefiel, gelegentlich das Wuusch eines auf der Landstraße vorbeibrausenden Autos zu hören, weil es ihn daran erinnerte, dass er bereits angekommen war, während die Leute in ihren Autos noch lange unterwegs sein würden.
Ihm graute vor dem, was als Nächstes passieren würde. Wahrscheinlich würden ihn Reporter bei Bernice aufspüren, genau wie einige der Leute, die er im Commonwealth
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