Goebel, Joey
Gene rief Elizabeth auf ihrem Handy an und fragte, ob sie einen Anwalt empfehlen könne, der ihm dabei helfen könne, das Commonwealth wiederzueröffnen. Nachdem sie eine Weile herumgedruckst hatte, erklärte sie, es sei zwecklos, juristische Schritte einzuleiten, Henry habe diesen Fall schon gewonnen, bevor er begonnen hätte. Am Telefon gestand sie ihm alles, was sie eigentlich für sich behalten sollte, [575] und schloss das Gespräch mit dem Rat an Blue Gene, die Sache auf sich beruhen zu lassen, weil Henry und John ohnehin gewinnen würden. Das Beste, was er machen könne, sagte sie, sei, sich auf deren Seite zu schlagen, aber nicht zu versuchen, sie aufzuhalten, denn das könne keiner.
»Scheißkerle«, murmelte Blue Gene, als er aufgelegt hatte.
Das brachte ihn zurück ins Bett, doch diesmal nicht um zu schlafen, sondern um nachzudenken. Am liebsten wäre er in seinen Pick-up gestiegen und irgendwohin gefahren, nur weit genug weg von seinen Problemen. Doch ihn schauderte, als er merkte, dass er auch nur mit dem Gedanken gespielt hatte, die Stadt zu verlassen. Wie konnte seine eigene Familie ihn so weit bringen, dass er daran dachte, Bashford zu verlassen! Er liebte seine alte Heimatstadt. Sie waren es doch, die den Ort und seine Bewohner ständig schlechtmachten. Er versuchte doch nur, Bashford mit seinem Commonwealth-Center besser zu machen, und das hatten sie ihm genommen – doch nicht nur ihm, sondern allen Menschen, die es brauchten. Bald wurde Blue Gene klar, wie unmenschlich die ganze Situation war, die Tatsache, dass John und Henry Hunderten von Menschen schadeten, die mit ihren politischen Bestrebungen rein gar nichts zu tun hatten.
Er sprang aus dem Bett und kehrte ins Wohnzimmer zurück, wo Bernice gerade ihre Lieblingssoap guckte.
»Ich fahre zur Abendessenszeit rüber.«
»Wohin rüber?«
»Zu Mom und Dad.«
»Warum?«
»Weil ich weiß, dass John dann da ist.«
[576] »Ich meine damit, warum willst du überhaupt hinfahren?«
»Weil ich John und Dad zur Rede stellen und ihnen sagen werde, dass sie mir mein Gebäude zurückgeben sollen.«
»Vermutlich machst du’s damit nur noch schlimmer.«
»Ich gebe nicht kampflos auf. Ich knöpf sie mir beide vor.«
»Das bringt nichts. Sie haben mehr Geld als du. Sie machen dich fertig.«
»Du hast gesehen, wie ich im Fernsehen rübergekommen bin. Ich kann nicht dulden, dass ich so in Erinnerung bleibe. Das kann ich einfach nicht durchgehen lassen.«
»Warum eigentlich nicht?«
John betrachtete seinen glasierten Putenbraten. Arthur knabberte an seinen Hähnchenteilen, die die Haushälterin speziell für ihn zubereitet hatte. Abby strich über Arthurs glattes, sandfarbenes Haar, während sich Henry und Elizabeth seit Beginn des Essens stritten.
»Elizabeth, versteh doch endlich: Wenn ich es nicht in die Hand genommen hätte, hätte es jemand aus dem Kapitol erledigt! Ich hab Haynes gesagt, er solle Eugene nicht festnehmen. Ich hab ihn aufgefordert, gar keinen festzunehmen, und schließlich musste er nur das Mädchen in Gewahrsam nehmen, aber das war nicht meine Schuld.«
»Aber warum befasst sich der Senator überhaupt damit? Wem schadet Gene denn schon?«
»Abgesehen von den sozialen Problemen, die er verursacht, hat der Senator sich die Frage gestellt, warum jemand das machen sollte, was Eugene macht. Wir haben das am [577] Telefon besprochen. Er sagte, er wolle nicht vorschnell über meinen Sohn urteilen, aber so wie er das sehe, habe Eugene im Grunde eine Menge mittelloser Leute zusammengebracht, und weil er so viel für sie getan habe, fühlten sie sich ihm womöglich verpflichtet. Das könnte gefährlich werden. Schließlich ist Eugene ein heißblütiger Amerikaner wie wir auch, und deshalb sollte man nicht zulassen, dass so viele Menschen nach seiner Pfeife tanzen.«
»Das ist doch absurd. Gene ist nicht wie ihr. Er denkt anders als ihr. Das hat der Senator gesagt?«
»Ja. Der Senator sagte, diese Entwicklungen, die sich in einem einzigen, schlichten Wal-Mart-Gebäude abzeichneten, könnten dazu führen, dass andere diesem Vorbild folgten, und solche Veränderungen schlichen sich dann allmählich in Gesellschaften ein.«
Als die Haushälterin, eine grobknochige Mexikanerin namens Margarita, gerade die Nachspeise auftrug – Birnen in Himbeer-Cabernet-Sauce und dunkler Schokolade –, klingelte es wiederholt und stakkato an der Haustür. Margarita stellte das Tablett ab und eilte hinaus. Wenig später hörten alle entschlossene,
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