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Goebel, Joey

Goebel, Joey

Titel: Goebel, Joey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heartland
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seine ausgestreckten Hände schrammten über den rauhen Beton.
    Blue Gene drehte den Kopf so weit, dass er den Tarnanzug auf sich zukommen sah. Er spürte, dass an seinen Haaren gezogen wurde, wie man an keinen Haaren ziehen sollte, und er fühlte ein schlimmes Reißen an seiner Schädelbasis, das kein Mensch fühlen sollte. Dann hörte er eine Art festen, brutalen Schlag.
    Balsam ließ los.
    [640] Blue Gene schaute auf und sah Jackies verängstigtes Gesicht, ihren verzerrten, offenstehenden Mund und ihr zitterndes Kinn. Josh Balsam lag auf dem Beton neben Blue Gene.
    »He! Kameramann!«, schrie Henry. »Ripplemeyer hat jemanden angegriffen!« Doch das Fernsehteam lud bereits seine Ausrüstung in den Wagen. »Natürlich haben sie das nicht auf Band.«
    Blue Gene und Balsam rappelten sich beide auf, sobald das menschenmöglich war.
    »Lauf«, rief Blue Gene Jackie zu. »Lauf!« Sie sprintete durch den Halbkreis aus Zuschauern, und Balsam machte sich an die Verfolgung.
    »Balsam!«, schrie Henry. »Hören Sie auf, sich wie ein Tier zu benehmen, und machen Sie Ihre Arbeit. Bringen Sie John umgehend nach Hause.« Balsam nickte nur und marschierte los, John neben sich. Die Menge zerstreute sich murrend.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Henry. Blue Gene sah nach unten auf seine völlig verschrammten Hände. »Das sieht furchtbar aus. Geh dich waschen.«
    »Schon okay«, sagte Blue Gene und klaubte winzige Steinreste und Schmutz aus den blutigen Schrammen. »Geht’s John besser?«
    »Ihm geht es gut. Nur ein wenig Lampenfieber, aber das legt er auch noch ab.«
    »Sollten wir nicht bei ihm sein?«
    »Oh, verschon mich damit. Warum liegt dir auf einmal Johns Wohlbefinden so am Herzen?«
    »Nun mach mal ’n Punkt.«
    »Ich mache dich für das verantwortlich, was heute mit ihm passiert ist. Hoffentlich bist du zufrieden.«
    [641] »Ihr hättet gar nicht erst herkommen sollen.«
    »Aha. Vermutlich hätten wir uns einfach lang hinlegen und uns widerstandslos die Wahl von euch stehlen lassen sollen?«
    John lehnte seine Stirn gegen die Fensterscheibe, sein attraktives Gesicht schaute mürrisch hinaus auf die Lichter der River Town Road. Das Xanax beruhigte seine lädierten Nerven, doch nichts konnte ihm die Angst nehmen. Auf dem Fahrersitz murmelte ein wutentbrannter Josh Balsam bei jedem zweiten Luftholen Flüche vor sich hin. »Die bring ich um, die Schlampe«, zischte er aus dem Mundwinkel und mit schiefen Zähnen. »Niemand legt sich mit mir an und geht dann einfach weg.«
    John reagierte nicht, denn die einzigen Wörter, die ihm zurzeit etwas bedeuteten, waren: »Du musst das irgendwie in Ordnung bringen, und zwar schnell.« Das war der letzte Satz seines Vaters an ihn gewesen, bevor er ihn nach Hause geschickt hatte.
    Doch wie konnte er das in Ordnung bringen? Er war sehenden Auges in ein echtes Katastrophenszenario geschlittert: eine Panikattacke im landesweit ausgestrahlten Fernsehen, ganz zu schweigen von dem politischen Selbstmord, als er versehentlich die Soldaten schlechtgemacht hatte. Er war erledigt, nur noch eine Witzfigur. Die Wahl konnte er abhaken. Er konnte alle Wahlen abhaken. Er konnte seine lebenslange Mitgliedschaft in der Wormland Group abhaken, die jetzt den Fernsehbeweis besaß, dass er nicht in ihrer Liga spielte.
    »Die Schlampe hat noch mal Glück gehabt, mehr nicht.«
    [642] Er hätte nie zur Wahl antreten dürfen. Er wusste, dass er nicht das Zeug dazu hatte. Doch sie hatten ihn dazu gedrängt. Sie hatten ihn dazu gedrängt, und er hatte versagt, so wie er bei allem anderen im Leben versagt hatte. Nein! Gott stehe ihm bei! Der heutige Abend hatte sein ganzes Leben ruiniert. Und das Leben seiner Eltern. Dad würde ihn bis an sein Lebensende hassen, weil er es so schlimm vermasselt hatte; Henry hatte so angewidert geguckt, als er John wie ein halbverhungertes Tier die Pille hatte kauen sehen.
    »Ich nehm meinen Fünfundvierziger und mach dich platt. Wumm! Mal hören, was du dann quatschst.«
    Er würde nicht zulassen, dass er vor die Hunde ging. Auf keinen Fall! Das war seine Bestimmung, die er kontrollierte, Gott sei Dank. So wie alle Bestimmungen. Er würde nicht hinnehmen, dass seine psychischen Problemchen – seine Schwächen – Gottes Plan durchkreuzten.
    Noch ein Tag bis zur Wahl. Es war zu spät, um die Ausstrahlung des Interviews zu verhindern. Er hatte sich live im Fernsehen blamiert, und wahrscheinlich kursierte der Clip bereits auf YouTube. Doch er konnte den Spieß umdrehen. Dazu musste

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