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Goebel, Joey

Goebel, Joey

Titel: Goebel, Joey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heartland
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er einfach die Aufmerksamkeit auf die anderen lenken. Aber wie? Er war zu einer bibbernden Schweißpfütze geworden und hatte die Soldaten dumm genannt; wie lenkte man davon ab?
    Heute Abend konnte er gar nichts mehr unternehmen. Die Medizin machte ihn benommen, und er konnte nicht klar denken. Er würde gut ausschlafen, dann konnte er morgen früh den Medien erklären, was geschehen war. Er konnte behaupten, er habe während des Interviews an schlimmen Magenschmerzen gelitten, so schlimm, dass er nicht mehr [643] wusste, was er sagte. Er würde erklären, dass er die Truppen verehre. Und seinem Magen gehe es inzwischen viel besser.
    »Ich jag ihr ’ne Kugel in die Schläfe. Mal sehn, was sie für schlaue Reden schwingt, wenn ’ne Kugel in ihrem Schädel steckt.«
    Aber was war, wenn sie gewann? Wenn die Wormland Group zusah, wie er mit dieser Angelegenheit fertig wurde? Wie kam er auf die Idee, er könne bis morgen früh warten? Heute Abend kamen die Zehnuhrnachrichten. Jetzt war es halb sieben. Er musste dieser Story ein Ende machen, ehe sie begann. Die Lokalsender würden um zehn Ausschnitte zeigen. Sie würden das Interview senden, der ganze Bezirk würde es sehen, und dann wäre alles vorbei. Eine junge Spontankandidatin würde seiner politischen Laufbahn den Todesstoß versetzen. Und morgen stand das Ganze in den Zeitungen. Wem machte er da etwas vor? Er kam da nicht wieder heraus. Er war erledigt.
    »Scheiße. Wenn ich ihr den Schädel wegpuste, wär das nicht nur für mich eine gute Sache. Es wäre einfach nur Gerechtigkeit für uns alle.«
    »Was?«, fragte John verärgert.
    »Die Schlampe hat Hochverrat begangen. Sie müsste hingerichtet werden. Ich werde sie persönlich hinrichten. Ihr den Schädel spalten.«
    John fröstelte es. Dann sah er in Balsams hartes, junges Gesicht, das sich voll auf die Straße konzentrierte.
    John bat Gott bereits um Vergebung. Doch es war perfekt. Könnte Gott das nicht für ihn eingefädelt haben, damit der Traum doch noch wahr wurde? Jackie hatte Balsam öffentlich gedemütigt; Balsam könnte sich an ihr rächen. Es [644] gab Zeugen; Zuschauer hatten gesehen, wie sie ihm einen verpasst hatte. Balsam hatte ein schlichtes, unpolitisches Motiv. Es hätte nichts mit John Hurstbourne Mapother, nichts mit Politik zu tun – einfach ein kaltblütiger Racheakt. Es könnte in der nächsten Stunde geschehen. Jackie wäre dann immer noch auf dem Wal-Mart-Parkplatz. Die Zehnuhrnachrichten und die Morgenzeitung brächten dann einen Mord – sogar ein Attentat – als Topstory. Johns Fernsehauftritt wäre vergessen, im Lokalteil vergraben, falls er es überhaupt bis in die Zeitung schaffte.
    Wie konnte er so etwas auch nur denken? Es ging um ein Menschenleben! Doch Gott konnte nicht wollen, dass dieses gottlose Mädchen gewann. Was sie alles über ihr Land gesagt hatte! Gott konnte nicht wollen, dass sie John besiegte. Nicht bei Johns besonderer Beziehung zu seinem Schöpfer. Nicht wenn in unbekannter, ferner Zukunft der Traum auf ihn wartete. Nicht nach der Hölle, die er durchgemacht hatte. Ja, vielleicht stellte Gott ihn damit sogar auf die Probe.
    Wenn sie dabei nicht starb, jagte es ihr vielleicht genug Angst ein, dass sie auf ihre Kandidatur verzichtete. Und falls sie starb, lag es in der Hand des Herrn.
    John sah zu Balsam hinüber, der immer noch fuchsteufelswild war, schwer atmete und den Kopf schüttelte. Was war mit ihm? Falls er erwischt wurde, falls die Polizei ihn verfolgte… könnte er sogar selbst getötet werden. Was war damit, Herr? Konnte der Herr so etwas wollen?
    »Biegen Sie hier links ab«, sagte John und wies auf die Abfahrt nach Vandalia Hills. Balsam bog ab und beschleunigte. »Meine Güte, fahren Sie langsamer«, rief John. »Es sind noch Kinder unterwegs, heute ist Halloween.«
    [645] Balsam schwieg, verlangsamte aber die Fahrt seines übergroßen Dodge Ram. »Ich wollte Sie nicht anschreien. Wir haben hier fürchterlich viele Kids, die an Halloween um die Häuser ziehen. Sie sollen nicht nach Einbruch der Dunkelheit losziehen, machen es aber doch. Biegen Sie hier rechts ab.«
    »Meine Kinder ziehen jetzt auch um die Häuser.«
    »Sie haben Kinder?«
    »Ja. Zwei.«
    »Wie alt sind Sie?«
    »Neunzehn.«
    John musterte den kriegerischen Kindmann von Kopf bis Fuß und nahm zum ersten Mal seine Umgebung in dem Truck wahr. Dichter Zigarettenrauch hing in der Luft, und aus dem Radio drang Rapmusik. Auf dem Armaturenbrett lagen ungeöffnete Spielsachen von

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