Goebel, Joey
ist nicht in Ordnung«, sagte Elizabeth. »Das ist deine Bestimmung. Zuerst das Repräsentantenhaus, dann der Senat, dann Präsident. Ich lasse nicht zu, dass ein Mitglied deiner eigenen Familie deine Chancen schmälert, diese Bestimmung zu erfüllen.«
»Mom«, sagte John. »Hör auf. Ist schon in Ordnung. Wir lassen uns etwas anderes einfallen.«
[98] »Nein. Unsere Zeit ist gekommen. Während wir hier reden, ist die Schlacht um das Heilige Land in vollem Gange.« Blue Gene schüttelte den Kopf. »Schüttle ja nicht den Kopf darüber. Mit Johns Hilfe werden Gott und Allah einander die Hände reichen. Unser Retter könnte bereits irgendwo da draußen sein. Du hast jetzt die Gelegenheit, dafür zu sorgen, dass ER kommt, doch du hältst an deinem alten Groll fest.«
»Du solltest dich mal selbst reden hören!«
»Früher hast du an meinen Traum geglaubt.«
»Ja, da war ich ein kleines Kind und wusste es nicht besser.«
»Eugene, ich verstehe deine Skepsis, aber sieh es einmal so«, sagte Henry. »Glaubst du an die Bibel?«
»Na klar.«
»Die Bibel steckt voller Prophezeiungen. Glaubst du, dass die Prophezeiungen aus der Bibel eingetroffen sind?«
»Ich nehm’s an.«
»Nein. Das ist keine Frage des ›Annehmens‹. Du hast gesagt, du glaubst der Bibel. Folglich musst du auch glauben, dass die Schilderungen darin wahr sind. Also, die Prophezeiungen sind eingetroffen, oder?«
»Ja.«
»Und wenn wir der Bibel wirklich glauben, müssen wir zugeben, dass eine echte Prophezeiung auch heutzutage eintreffen kann. Wenn du an die Bibel glaubst, musst du auch an Prophezeiungen glauben.«
»Von mir aus. Aber wenn es eine Prophezeiung ist, dann trifft sie ein, egal, ob ich euch helfe oder nicht, stimmt’s?«
»Es ist unsere moralische Pflicht, unsere Bestimmungen [99] zu erfüllen«, sagte Elizabeth. »Wir brauchen dich auf dieser Wahlkundgebung.«
Blue Gene merkte, dass er jetzt, wo seine Entscheidung plötzlich dermaßen wichtig war, seine Alternativen sorgfältig abwog.
»Das könnt ihr vergessen. Ich geh da nicht hin! Ihr habt euch für mich geschämt. Als ob eure Scheiße nicht auch stinken würde!«
»O Gott«, sagte Elizabeth. »Wie ordinär!«
Henry erhob sich und blickte auf Blue Gene hinab. »Reiß dich am Riemen«, sagte er und ging hinaus.
Auch Blue Gene stand auf. »Noch mal danke für die Koteletts. Oder vielleicht sollte ich besser Roberta danken.«
»Gern geschehen«, sagte Elizabeth, ehe sie ihren Kopf auf den Tisch legte.
»Wir sehen uns, John.«
»Warte, ich begleite dich nach draußen.«
John folgte Blue Gene durch den Hauptflur, in dem alle Familienfotos hingen. Blue Gene hätte sich gerne noch von Arthur verabschiedet, entschied sich aber dagegen.
»He, kennst du das noch?«, fragte John. Er zeigte auf ein Foto in der Nähe der Haustür. Darauf sah man John und den kleinen Blue Gene. Es kam Blue Gene völlig unbekannt vor. »Sieh nur, wie glücklich wir waren.«
»Ich sehe glücklich aus. Du siehst besoffen aus.«
Das tat John mit einem Lachen ab. Blue Gene betrachtete den lächelnden Siebenjährigen, der er einmal gewesen war, lange bevor seine Augen dunkel geworden waren und sich Ringe um sie gelegt hatten, damals, als Schnee den Himmel auf Erden brachte und er nur einen heiteren Gott kannte.
[100] »Siehst du das?«, sagte John und zeigte auf das Foto, wo er und der kleine Blue Gene die Arme umeinandergelegt hatten. Der kleine Blue Gene schaute bewundernd zu John hoch. »Danach suchen all die Leute, wenn sie die ganze Nacht auf ihren Barhockern sitzen. Sie wissen es nur nicht. Sie suchen nach Liebe. Sie mögen glauben, dass sie nur einen One-Night-Stand suchen, doch in Wirklichkeit suchen sie die Liebe ihrer Familien. Das weiß ich, weil ich auch einmal einer dieser Typen auf einem Barhocker gewesen bin.«
»Warum setzt du mich jetzt emotional unter Druck?«
»Ich seh doch, dass es dir nicht gutgeht. Das hast du ja selbst gesagt. Und vielleicht geht es dir nicht gut, weil du deine Familie vermisst hast.«
Blue Gene betrachtete das Foto, von dem ein weiches, glückliches 1980er-Jahre-Leuchten auszugehen schien. Und diesmal stellte sich der Reflex nicht ein, seinen Bruder abzukanzeln, weil der ihm erzählte, was gut für ihn sei.
»Vielleicht würde auch ich mich besser fühlen, wenn du wieder Teil meines Lebens wärst«, fuhr John fort. Blue Gene schüttelte den Kopf und ging weiter in Richtung Haustür. »He, vergiss alles, was Mom gesagt hat. Warum tust du es nicht einfach,
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