Goebel, Joey
hatte ich da keinen Gegenkandidaten, das war also leicht. Jetzt muss ich im November Frick schlagen. Die gute Nachricht ist, dass laut unseren Umfragen fünfundsechzig Prozent der Wähler gegen Frick stimmen wollen.«
»Das ist doch cool.«
John goss sich Kaffee nach und fuhr fort: »Aber eine Position in unseren Umfragen hat uns beunruhigt. Wenn ich Fricks Gegenkandidat wäre, würden dreiundfünfzig Prozent gegen mich stimmen.«
»Sie haben deine Qualitäten einfach noch nicht erkannt«, sagte Elizabeth. »Das wird sich ändern.«
»Sie wissen es nicht besser«, sagte Henry.
»Dahinter steckt«, fuhr John fort, »dass ich laut unseren Umfragen ein Imageproblem habe. Nicht dass ich ein schlechtes Image hätte; nur ist Westways zufällig der größte Arbeitgeber des Bezirks, und deshalb stellen unsere Beschäftigten einen großen Teil der Wähler. Folglich sehen sie Dad und mich als Chefs. Und wer mag schon seinen Chef, stimmt’s?«
»Ich schon. Ich mochte meine Chefs bei Wal-Mart.«
»Mag sein, aber mit Dad und mir ist es anders. Sie halten uns für reiche Firmenbosse, die in ihren Elfenbeintürmen hocken. Sie betrachten mich nicht als einen der Ihren. Den Namen Mapother verbinden sie automatisch mit Reichsein, deshalb besteht da natürlich eine gewisse Missgunst. Und darum haben wir uns überlegt, dass du vielleicht in unserem Wahlkampfteam mitarbeiten solltest.«
»Also darum geht’s bei dieser ganzen Geschichte?« Blue Gene zeigte auf den Esstisch.
[90] »Ganz und gar nicht«, widersprach Elizabeth. »Ich sehe das so: Wenn ein Wahlkampf nötig ist, um uns wieder zusammenzubringen, habe ich nichts dagegen.«
»Genau«, pflichtete ihr John bei. »Wenn du mit meinem Wahlkampf nichts zu tun haben willst, ist das völlig in Ordnung. Dann hat er immerhin bewirkt, dass die Familie wieder zusammenkommt. Doch davon abgesehen, wenn du bereit wärst, uns am vierten Juli behilflich zu sein, wäre das großartig.«
»Meinst du das jetzt ernst?«
»Ja. Ich weiß, dass du viele Leute kennst, die dort sein werden.«
»Eigentlich nicht. Ich gehe gar nicht mehr aus.«
»Hör zu, ich verstehe ja, wenn du keine Rede halten willst. Aber könntest du nicht wenigstens dastehen und mit mir ein wenig lächeln, mir zuliebe ein paar Leuten die Hand schütteln?«
»Du sitzt wirklich da und verlangst von mir, dir diesen Gefallen zu tun, nachdem du vier Jahre lang kein Wort mit mir geredet hast?«
»Du hast doch auch nicht mit ihm geredet«, sagte Elizabeth. »Vergiss das nicht.«
»Hör zu, Blue Gene. Ich will ganz offen mit dir sein.« John trank einen großen Schluck Kaffee. »Ich habe so lange nicht mit dir geredet, weil mir viele Leute geraten haben, wenn ich dauerhaft auf Drogen und Alkohol verzichten wolle, solle ich mich von Leuten fernhalten, die mich verleiten könnten, dieses Zeug wieder zu nehmen.«
»Was soll der Scheiß!? Ich bin nicht auf Drogen! Ihr glaubt, weil ich so aussehe und rumlaufe, wär ich auf [91] Drogen, aber hört euch an, was ich auf der Highschool gelernt habe. Wenn ihr wissen wollt, wer am meisten auf Drogen ist, wenn ihr wissen wollt, wer dealt, dann sucht die am besten gekleideten, die adrettesten Kids. Das Aussehen hat nichts damit zu tun. Also echt, guck dich doch an, John. Studierst in Harvard, läufst in schicken Klamotten rum. Garantiert gab’s in deinem Studentenwohnheim genug Drogen, dass einem schwindlig werden konnte, und du hast eingeschmissen, da konnte dir keiner das Wasser reichen.«
»Aber das ist Vergangenheit. Ich habe jetzt mein Leben im Griff. Ich bin seit über sechs Jahren clean. Ich habe eine Familie. Ich habe wieder zu Gott gefunden.«
»Ich habe ihn nie verloren.«
»Mir hast du gesagt, du gehst nicht in die Kirche«, sagte Elizabeth.
»Du fängst schon wieder damit an«, sagte Blue Gene.
Elizabeth verdrehte die Augen.
»Das kotzt mich echt an, dass du sagst, du hast mich nie besucht, weil ich angeblich auf Drogen war.«
»Ich weiß, wie Cheyenne gestorben ist«, sagte John.
»Mag sein, aber du bist genau wie Mom und wirfst einfach alle in einen Topf. Cheyenne und ich sind zwei verschiedene Menschen. Ich kiffe seit drei Jahren nicht mehr. Das letzte Mal war im Haus eines Freundes in der Second Street, und plötzlich kommt ein Bulle rein, der irgendwen gesucht hat, und das ganze Zimmer ist voller Leute, aber natürlich guckt er mich an, schnuppert und fragt: ›Sir, haben Sie Marihuana geraucht?‹ Und ich flippe regelrecht aus und geb’s zu und sage einfach
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