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Goebel, Joey

Goebel, Joey

Titel: Goebel, Joey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heartland
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Aber deine Beziehung zu ihnen hast du selbst kaputtgemacht.«
    »Nein, ich rede nicht von Sachen, die in den letzten Jahren passiert sind. So war das, so lange ich zurückdenken kann. Als ich vielleicht sieben oder acht war – und das werd ich nie vergessen –, habe ich mein Sparschwein geschlachtet, hab alle meine Münzen eingewickelt und bin mit Bernice zur Bank gegangen, um die Münzen gegen Scheine einzutauschen. Ich wollte damit dir, Mom und Dad [111] Weihnachtsgeschenke besorgen, mit meinem selbstgesparten Geld. Und dann habe ich Mom und Dad in einem Antiquitätenladen einen Teller gekauft, den ich schick fand, und als sie ihn Heiligabend auspackten, hast du auf dem Boden im Wohnzimmer gesessen und gesagt: ›Ich hab mich daran beteiligt.‹«
    »Daran kann ich mich nicht erinnern.«
    »Großes Indianerehrenwort, Mann. So war es. Ich werde es nie vergessen. Du hast es, ohne mit der Wimper zu zucken, gesagt, und ich bekam einen Wutanfall und sagte ihnen, du hättest mit meinem Geschenk überhaupt nichts zu tun, sondern ich hätte Geld gespart und es selbst ausgesucht. Doch du hast steif und fest behauptet, du hättest die Hälfte bezahlt, worauf ich anfing zu weinen, bis du schließlich zugegeben hast, dass du dich nicht beteiligt hattest. Aber dann hast du gesagt, du würdest mir das Geld für deine Hälfte nachträglich geben. Am meisten hat mich gekränkt, dass Mom und Dad dir dennoch für das Geschenk gedankt und mich ausgeschimpft haben, weil ich mich so aufgespielt hätte.«
    »Habe ich dir je das Geld für meine Hälfte gegeben?«, fragte John und griff nach seinem Portemonnaie.
    »Nein! Ich wollte es nicht, aber das spielt keine Rolle. Darum geht’s jetzt nicht.«
    »Du warst damals sieben oder acht?«
    »Ja.«
    »Mal sehen… dann muss ich etwa einundzwanzig gewesen sein. Zu der Zeit war ich völlig daneben. Damals hab ich in Massachusetts studiert. Wenn ich in den Ferien nach Hause kam, musste ich Mom und Dad gegenüber immer so tun, als wäre alles in Ordnung mit mir. Doch in Wirklichkeit war ich…« John vergewisserte sich, dass Arthur nicht [112] zuhörte. Der hatte herausgefunden, wie er verkehrt herum auf seinem Sitz hocken konnte, eine von mehreren Verrenkungen, die er in den letzten Minuten ausprobiert hatte. »Ich war ein Häufchen Elend, bei dem Leben, das ich damals führte. Ich wusste nicht, wo mir der Kopf stand. Verzeih. Ich war damals ein furchtbarer Mensch.«
    »Ich nehme deine Entschuldigung an. Wenn du jetzt noch Mom und Dad dazu bringst, sich zu entschuldigen… das wäre ’ne reife Leistung.«
    »Wann geht’s hier denn los?«, fragte John mit einem Blick auf seine Rolex.
    »Genau. Wechsle nur das Thema.«
    »Aber… wofür sollen sie sich denn entschuldigen?«
    »Weil sie sich bei dir bedankt haben. Weil sie es dir durchgehen ließen und mich ausgeschimpft haben.«
    »Das musst du mit ihnen regeln.«
    Die Beleuchtung in der Halle wurde ausgeschaltet, worauf die Menge erwartungsvoll johlte. Dann strahlten Scheinwerfer kreuz und quer durch die Halle.
    »Dad sieht mich doch kaum an«, schrie Blue Gene über das Getöse. »Er hat mich schon immer auf dem Kieker gehabt.«
    »Jammere doch nicht ständig darüber, wie Mom und Dad dich behandelt haben!«, schrie John Blue Gene ins Ohr. »Sei endlich ein Mann!«
    Die Menge brüllte noch lauter, als ein Militär-Humvee mit Tarnanstrich in die Halle fuhr. Der übergroße gepanzerte Jeep hielt vor den beiden Reihen mit Schrottwagen. Die Scheinwerfer wurden abgeschaltet, außer einem, der auf das Dach des Humvees gerichtet war.
    [113] »Erzähl mir ja nicht, ich soll ein Mann sein!«, schrie Blue Gene John ins Ohr. »Du hast noch nie eine richtige Arbeit gehabt.«
    »Ich bin der Chef eines führenden amerikanischen Unternehmens. Gilt das nicht als richtige Arbeit?«
    »Schon, aber dein Daddy hat dich eingestellt.«
    »Gott! Du könntest auch eine Arbeit haben. Hör auf zu jammern.«
    »Bitte erheben Sie sich für die Nationalhymne«, sagte eine tiefe, muntere Stimme über den Lautsprecher. Blue Gene und John standen mit allen anderen auf.
    »Ich jammere doch gar nicht. Ihr sollt euch nur nicht so aufführen, als wärt ihr –«
    »Sei still!«, schrie John. »Es ist die Nationalhymne.«
    Blue Gene musterte John böse aus zusammengekniffenen Augen, ehe er seine Mütze abnahm und den Humvee betrachtete. Dessen Schiebedach öffnete sich, und eine junge Frau tauchte auf. Nur ihr Oberkörper ragte aus dem Fahrzeug, als sie anfing zu singen:

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