Goebel, Joey
gut. Beruhig dich.« Seufzend legte Blue Gene den Sicherheitsgurt an.
»Danke«, sagte John. »Ich weiß, dass ich ein guter Autofahrer bin. Wegen der anderen Fahrer muss man auf der Hut sein. Man kann nie wissen, was die anstellen.«
John fuhr vorsichtig weiter und hielt an jeder Kreuzung an. Wenn er Hausbesuche bei Wählern machte, begann er am liebsten im Zentrum der Vororte und arbeitete sich dann zu den Rändern vor.
[267] »Was ich dich schon länger fragen wollte«, sagte Blue Gene, »falls du gewinnst, wirst du –«
» Wenn ich gewonnen habe«, warf John todernst ein.
»Wenn du gewonnen hast – freust du dich schon darauf, die ganzen Geheimnisse zu erfahren, die uns die Regierung vorenthält?«
»Was meinst du damit?«
»Beispielsweise UFO s, die Ermordung Kennedys, das Sumpfmonster. Solche Sachen halt.«
»Ich glaube nicht, dass der Kongress so etwas erfährt.«
»Klar, aber du willst doch bis ganz an die Spitze, stimmt’s?«
»Ja.«
»Und falls du Präsident wirst –«
»Wenn ich Präsident bin…«
»Dumm von mir. Wenn du Präsident bist – hast du dir schon überlegt, wie toll es sein wird, die ganzen Geheimnisse zu erfahren?«
»Ja. Das habe ich tatsächlich.«
»Verrätst du mir dann ein paar?«
»Nein.«
»Och, nun mach mal ’n Punkt. Vielleicht nur das über die UFO s?«
»Auf keinen Fall.«
»Wieso nicht?«
»Ich darf nicht. Das Volk darf nicht wissen, was die Regierung weiß. Es käme mit diesem Wissen einfach nicht zurecht. Es ist nur zu deinem Besten. Sobald ich meine Hand zum Amtseid auf die Bibel lege, schweige ich wie ein Grab. Aber eins verrat ich dir: Wenn ich Präsident bin, kann ich dir garantiert deinen Führerschein wiederbeschaffen.«
[268] »Na ja, immerhin etwas. Aber, falls ich Präsident werden und diese ganzen Geheimnisse erfahren würde, dann könnte ich sämtliche Fernsehsendungen mit Sondermeldungen unterbrechen, und dann würde ich auf dem Bildschirm auftauchen und den Leuten zu Hause die ganzen Geheimnisse verraten.« John lachte. »Ich würd sie einfach alle auf einmal erzählen. Alle Geheimnisse, die uns all die Jahre vorenthalten wurden.«
»Vergiss es. Während du reden würdest, würde jemand die Kameras abschalten.«
»Das habe ich mir auch überlegt. Ich würde halt total schnell reden. Das müsste dann ruck, zuck gehen: Hier haben wir die Außerirdischen versteckt. Der hat JFK erschossen. Und das hat Elvis in den letzten Jahrzehnten getrieben. Einfach nur bumm, zack, bumm, ein Geheimnis nach dem anderen.«
»Du würdest einen erbärmlichen Präsidenten abgeben.«
»Eben noch würde jeder sich zu Hause Alle lieben Raymond ansehen, im nächsten Moment wüssten die Leute alles, was sie sich jemals gefragt haben.«
John schüttelte den Kopf. Er wusste, die meisten Menschen hatten nur deshalb ein ruhiges Leben, weil ihnen die wichtigsten Wahrheiten ihres Lebens vorenthalten wurden. Warum sollte die Regierung anders sein? Jeder hatte Geheimnisse, sogar die Mapothers, doch alle machten weiter, als wäre nichts passiert.
Blue Gene sah wie ein aufgeregter Haushund angestrengt aus dem Fenster, als suche er jemanden oder etwas. Doch als John fragte, was er suche, sagte er nur »Gar nichts«, und weil John Geheimnisse respektierte, bohrte er nicht weiter.
[269] Johns Handy klingelte. Mit einer Hand nahm er den Anruf entgegen, mit der anderen lenkte er.
»Du legst doch so großen Wert auf Sicherheit«, sagte Blue Gene, sobald John sein Telefonat beendet hatte, »telefonierst aber beim Fahren mit dem Handy.«
»Hab ich dir nicht gesagt, du sollst nicht an mir herumkritisieren?«
» Du kritisierst mich doch ständig.«
»Ich bin älter als du, Blue Gene. Würdest du mich heute bitte ausnahmsweise damit verschonen?«
»Na schön. Was gibt’s Neues bei Arthur?«
»Oh, Abby und mir graut davor, dass er ab nächster Woche zur Schule muss.«
»Wieso das denn?«
»Er ist so sensibel. Ich habe versucht, ihn von der Welt abzuschirmen, was unter den gegebenen Umständen bisher verhältnismäßig leicht war. Ich wünschte, wir könnten ihn für immer zu Hause behalten. Der Kindergarten war eine Sache, aber jetzt wird Arthur den ganzen Tag fort sein.«
»Er kommt damit schon klar.«
»Das hoffe ich.«
»Er wird sich noch nicht mal groß um Freunde bemühen müssen, weil ihn die anderen Kinder aus den Wahlspots kennen. Er wird ein Star sein.«
»Ja.« Johns Fernsehwerbung war Anfang der Woche angelaufen. Das Schlussbild des Wahlspots zeigte John mit
Weitere Kostenlose Bücher