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Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Titel: Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas R. Hofstadter
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einer gewissen Komplexitätsstufe ein qualitativer Unterschied auftritt, so daß „superkritische“ Maschinen völlig verschieden von denen, mit welchen man sich bisher befaßt hat, sein werden.
    Vielleicht trifft das zu. Komplexität führt oftmals qualitative Unterschiede herbei. Es ist vielleicht nicht einleuchtend, aber es könnte sich erweisen, daß eine Maschine oberhalb einer gewissen Komplexitätsstufe aufhört, voraussagbar zu sein, sogar prinzipiell, und anfängt, Dinge von sich aus zu tun, oder, um eine verräterische Wendung zu brauchen, möglicherweise einen eigenen Kopf zu haben beginnt. Sie beginnt möglicherweise, einen eigenen Kopf zu haben. Sie würde beginnen, einen eigenen Kopf zu haben wenn sie nicht mehr vollständig lenkbar und gefügig, sondern imstande wäre, Dinge zu tun, die wir als intelligent anerkennen würden, und nicht einfach als Fehler oder Glückstreffer, die wir bloß nicht in sie hineinprogrammiert hätten. Dann aber wäre es keine Maschine im eigentlichen Sinne mehr. In der mechanistischen Debatte geht es nicht darum, wie Geist zum Leben erweckt wird oder werden könnte, sondern wie er funktioniert. Für die mechanistische These ist es wesentlich, daß das mechanistische Denkmodell nach „mechanischen Grundsätzen“ arbeitet, was heißt, daß wir die Operationen des Ganzen auf Grund der Operationen seiner Teile verstehen können, und die Operation jedes Teils entweder durch das Anfangsstadium und die Konstruktion der Maschine bestimmt werden oder die beliebige Wahl einer feststehenden Zahl feststehender Operationen sein soll. Wenn ein Anhänger der mechanistischen Auffassung eine Maschine herstellte, die so kompliziert wäre, daß das nicht mehr auf sie zuträfe, dann wäre sie für die Zwecke unserer Diskussion keine Maschine mehr, gleichgültig wie sie konstruiert sein würde. Vielmehr sollten wir sagen, daß er Geist erzeugt hätte, im gleichen Sinn in dem wir zur Zeit Menschen ins Leben rufen. Es gäbe dann zwei Arten, Geist neu in die Weit zu setzen: die traditionelle, indem man Kinder zeugt, die von einer Frau geboren werden, und auf neue Weise, indem man sehr, sehr komplizierte Systeme von sagen wir Ventilen und Relais aufbaute. Wenn wir den zweiten Typ betrachten, sollten wir sorgfältig betonen, daß das Geschaffene, auch wenn es wie eine Maschine aussähe, in Wirklichkeit keine wäre, weil es nicht einfach die Summe seiner Teile wäre. Man könnte nicht voraussagen, was es tun würde, wenn man bloß wüßte, wie es aufgebaut wäre und den Anfangszustand ihrer Teile kennen würde: nicht einmal die Grenzen dessen, was es tun würde, könnte man absehen, denn sogar wenn man ihm eine Frage des Gödeltyps vorlegt, gäbees die richtige Antwort. Tatsächlich könnten wir in aller Kürze sagen, daß jedes System, das nicht von der Gödelfrage besiegt würde, eo ipso keine Turing-Maschine wäre, d. h. keine Maschine im eigentlichen Sinn. 3
    Bei der Lektüre dieses Abschnitts stutzte ich fortwährend wegen der raschen Aufeinanderfolge von Themen, Anspielungen, Nebenbedeutungen, Bedeutungen, Konfusionen und Konklusionen. Wir springen von einer Carrollschen Paradoxie zu Gödel, zu Turing, zu Artifizieller Intelligenz, zu Holismus und Reduktionismus — das alles auf zwei kurzen Seiten. Von Lucas kann man sagen, daß er auf jeden Fall anregend ist, was immer sonst er noch sein mag. In den folgenden Kapiteln werden wir zu vielen Themen zurückkehren, die in dieser merkwürdigen Passage so verlockend und so flüchtig berührt wurden.

Aria mit verschiedenen
Veränderungen
    Achilles konnte einige Nächte nicht schlafen. Sein Freund, Herr Schildkröte, ist heute abend auf Besuch gekommen, um ihm während dieser unangenehmen Stunden Gesellschaft zu leisten.
    Schildkröte: Es tut mir schrecklich leid, mein lieber Achilles, von den Sorgen zu hören, die Sie quälen. Ich hoffe, meine Anwesenheit wird für Sie eine willkommene Abwechslung sein nach all den unerträglichen Aufregungen, die Sie wachgehalten haben. vielleicht langweile ich Sie genügend, daß Sie schließlich einschlafen können. Auf diese Weise möchte ich Ihnen einen Dienst erweisen.
    Achilles: Oh nein. Ich habe schon einige der besten Langweiler der Welt hier gehabt, die versuchten, mich bis zum Einschlafen zu langweilen, und alle haben leider versagt. Sie werden ihnen also nicht ebenbürtig sein. Nein, Herr S., ich habe Sie eingeladen in der Hoffnung, daß Sie mich mit etwas aus der Zahlentheorie zerstreuen könnten, so

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