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Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Titel: Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas R. Hofstadter
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begreifen.
    Schildkröte: Vielleicht ziehen Sie Kupfer, Silber, Büffel vor.
    Achilles: Ganz gewiß! Aber der ursprüngliche Titel taugt nichts. Niemand wird ihn verstehen.
    Schildkröte: Ich werde meinen Freund fragen. Er wird gerne einen attraktiveren Titel haben wollen (und sein Verleger auch).
    Achilles: Das freut mich. Aber wie kamen Sie denn von unserer Diskussion auf dieses Buch?
    Schildkröte: Ach so, ja. Nun, dieses Buch wird einen Dialog enthalten, der den Leser auf eine falsche Fährte lenken soll, indem er ihn veranlaßt, das Ende zu SUCHEN .
    Achilles: Ein komisches Vorhaben. Wie geht denn das vor sich?
    Schildkröte: Sie haben sicher schon bemerkt, daß gewisse Autoren sich viel Mühe machen, ein paar Seiten vor Ende des Buches eine große Spannung aufzubauen - aber der Leser, der das Buch in Händen hält, kann FÜHLEN , daß die Geschichte bald enden wird. Er besitzt also eine gewisse Zusatzinformation, die in gewisser Weise als Vorwarnung dient. Die Spannung ist durch die Stofflichkeit des Buches eine bißchen verdorben. So wäre es viel besser, wenn zum Beispiel am Ende der Romane eine Menge „Wattierung“ wäre.
    Achilles: Wattierung?
    Schildkröte: Ja. Damit meine ich viele zusätzliche Druckseiten, die nicht zur eigentlichen Geschichte gehören, die aber dazu dienen, die genaue Stelle, an der das Buch zu Ende geht, vor einem flüchtigen Blick oder dem Befühlen des Buches zu verbergen.
    Achilles: Ach so. Dann könnte also das wirkliche Ende einer Geschichte fünfzig oder hundert Seiten vor dem stofflichen Ende des Buches liegen?
    Schildkröte: Ja, das würde ein Überraschungsmoment liefern, weil der Leser nicht im voraus wüßte, wieviel Seiten Wattierung und wieviel Erzählung sind.
    Achilles: Wenn das alle täten, könnte es ganz wirksam sein. Dabei ergibt sich aber ein Problem: Nehmen wir an, daß die Wattierung sehr offensichtlich wäre — also etwa eine Anzahl von leeren Seiten oder solche voll von „X's“ oder irgendwelchen beliebigen Buchstaben. Dann wäre sie so gut wie nicht vorhanden.
    Schildkröte: Zugegeben. Man müßte es so machen, daß sie einer normalen Druckseite ähnlich wären.
    Achilles: Aber ein noch so flüchtiger Blick auf eine normale Seite der einen Geschichte wird oft genügen, um sie von einer anderen Geschichte zu unterscheiden. Die Wattierung müßte man also der wirklichen Geschichte sehr ähnlich machen.
    Schildkröte: Ganz richtig. Wie ich es mir immer vorgestellt habe: Man führt die Geschichte zu Ende, und dann schließt man etwas daran an, das wie eine Fortsetzungaussieht, in Wirklichkeit aber nur Wattierung und ohne die geringste Beziehung zum eigentlichen Thema ist. Die Wattierung ist sozusagen ein „Ende nach dem Ende“. Sie kann von außen eingebrachte literarische Ideen enthalten, die mit dem Originalthema nur noch wenig zu tun haben.
    Achilles: Pfiffig. Aber dann ist doch das Problem das, daß man nicht sagen kann, wann das wirkliche Ende kommt. Es wird einfach mit der Wattierung verschmelzen.
    Schildkröte: Zu diesem Schluß sind mein Freund, der Autor, und ich ebenfalls gekommen. Schade — ich fand die Vorsteilung recht attraktiv.
    Achilles: Halt! Ich habe einen Vorschlag. Der Übergang von der eigentlichen Geschichte zum Wattierungsmaterial könnte so gestaltet werden, daß ein intelligenter Leser durch eine hinlänglich sorgfältige Prüfung entdecken kann, wo das eine aufhört und das andere beginnt. vielleicht braucht er dazu ziemlich viel Zeit. Vielleicht gibt es keine Methode vorauszusagen, wie lange ... Der Verleger aber könnte eine Garantie geben, daß eine hinlänglich sorgfältige Suche nach dem wirklichen Ende immer ein Ende finden wird, wenn er auch nicht sagen kann, wie lange es dauert, bis der Test ein Ende findet.
    Schildkröte: Sehr schön — aber was heißt „hinlänglich sorgfältig“?
    Achilles: Es bedeutet, daß der Leser nach einer kleinen, aber verräterischen Besonderheit im Text Ausschau halten muß, die an einem gewissen Punkt auftritt. Das wäre das Zeichen für das Ende. Und er muß genügend einfallsreich sein, sich viele derartige Besonderheiten einfallen zu lassen und ihnen nachzugehen, bis er die richtige findet.
    Schildkröte: Wie zum Beispiel eine plötzliche Verschiebung in der Buchstabenfolge oder Wortlänge? Oder ein plötzlicher Ausbruch grammatikalischer Fehler?
    Achilles: Möglicherweise. Oder eine verborgene Botschaft könnte dem hinlänglich sorgfältigen Leser das wirkliche Ende anzeigen. Wer weiß?

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