Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band
zitternd hervorkommt, die goldene orientalische Dose in Händen.)
Polizist: Da haben wir sie! Also ist Herr Schildkröte der Missetäter. Auf IHN wäre ich nie gekommen. Aber jetzt haben wir ihn in flagranti erwischt!
Achilles: Führen Sie den Sünder hinaus, meine Herren. Gottseidank, hoffentlich höre ich nie wieder etwas von ihm und seinen Gold-Bach-Variationen.
KAPITEL XIII
BlooP und FlooP und GlooP
Selbsterkenntnis und Chaos
B LOO P, F LOO P UND G LOO P sind nicht etwa Trolle, sprechende Enten oder die Geräusche eines sinkenden Schiffs. Es handelt sich vielmehr um drei Computersprachen, jede mit ihrer eigenen, besonderen Aufgabe. Erfunden wurden diese Sprachen eigens für dieses Kapitel. Sie werden uns nützlich sein, wenn wir gewisse neue Bedeutungen des Worts „rekursiv“ erklären, insbesondere die Begriffe der primitiven Rekursivität und der allgemeinen Rekursivität. Sie werden uns sehr zustatten kommen, wenn wir den Mechanismus der Selbstbezüglichkeit in TNT erklären werden.
Wir machen anscheinend einen ziemlich abrupten Sprung vom Gehirn und vom Geist zu den technischen Eigenheiten der Mathematik und der Computerwissenschaft. Ist der Übergang auch in gewisser Weise abrupt, so hat das doch seinen Sinn. Wir haben soeben gesehen, wie eine gewisse Art von Selbsterkenntnis für das Bewußtsein ausschlaggebend ist. Nunmehr werden wir die „Selbsterkenntnis“ in mehr formalem Rahmen, wie etwa TNT näher betrachten. Die Kluft zwischen TNT und unserem Geist ist groß; aber einige der vorgebrachten Gedanken werden sehr einleuchtend sein und können vielleicht in metaphorischer Weise auf unsere Vorstellungen über das Bewußtsein rückübertragen werden.
Eine der erstaunlichen Tatsachen über die Selbsterkenntnis von TNT ist die, daß sie in enger Verbindung mit der Frage nach Ordnung und Chaos bei den natürlichen Zahlen steht. Wir werden insbesondere feststellen, daß ein geordnetes System, hinlänglich komplex um sich selbst zu spiegeln, nicht vollständig geordnet sein kann — es muß einige seltsame chaotische Züge enthalten. Den Lesern, die etwas von Achilles in sich haben, wird das schwer zu schaffen machen. Indessen gibt es eine „magische“ Entschädigung: in der Unordnung herrscht eine Art Ordnung, die jetzt ein Forschungsgebiet für sich ist, „Theorie der rekursiven Funktionen“ genannt. Leider können wir hier nicht viel mehr tun, als die Faszination anzudeuten, die davon ausgeht.
Repräsentierbarkeit und Kühlschränke
Wendungen wie „hinlänglich komplex“, „hinlänglich stark“ und dergleichen sind bisher recht häufig aufgetaucht — was bedeuten sie genau? Kehren wir zu dem Kampf zwischen Carl Krebs und Theo Schildkröte zurück, und fragen wir uns: was für Eigenschaften muß ein Ding haben, um ein Plattenspieler zu sein? Herr Krebs könnte behaupten, sein Kühlschrank sei ein „vollkommener“ Plattenspieler. Um das zu beweisen,würde er eine beliebige Platte auf den Kühlschrank legen und sagen: „Sehen Sie er spielt sie.“ Wenn er dieser Zen-ähnlichen Handlung begegnen wollte, müßte Herr Schildkröte antworten: „Nein, Ihr Kühlschrank ist zu ,low-fidelity`, als daß man ihn als Grammophon bezeichnen könnte; er kann überhaupt keine Töne wiedergeben (geschweige denn Töne, die ihn zerstörten).“ Herr Schildkröte kann nur dann eine Schallplatte mit dem Namen „Ich kann nicht auf dem Plattenspieler X gespielt werden“ herstellen, wenn der Plattenspieler tatsächlich ein Plattenspieler ist. Die von Herrn Schildkröte angewandte Methode ist ziemlich hinterhältig, da sie die Stärke und nicht die Schwäche des Systems betont, und deshalb benötigt sie einen Plattenspieler von „hinlänglicher High Fidelity“.
Dasselbe gilt für formale Versionen der Zahlentheorie. Der Grund, warum TNT eine Formalisierung von N ist, ist der, daß sich die Symbole in TNT richtig verhalten: das heißt, seine S ÄTZE sind nicht stumm wie ein Kühlschrank — sie sprechen tatsächlich Wahrheiten von N aus. Dasselbe tun natürlich auch die S ÄTZE des pg-Systems. Zählt auch dieses als eine „Formalisierung des Zahlensystems“, oder gleicht es eher einem Kühlschrank? Nun, es ist besser als ein Kühlschrank, aber noch immer ziemlich schwach. Das pg-System enthält nicht genügend Kernwahrheiten von N, um als „Zahlentheorie“ gelten zu können.
Was sind nun diese Kernwahrheiten von N? Es sind die primitiv-rekursiven Wahrheiten, das heißt, sie haben nur mit voraussagbar
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