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Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Titel: Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas R. Hofstadter
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„herauszufinden“. Diese Verzögerung pflanzt sich dann durch das ganze System wie ein optisches Echo fort. Und wenn die Dinge so arrangiert sind, daß das Echo nicht verhallt, kann man pulsierende Muster erhalten.
    Achilles: Erstaunlich. Und wie wäre es, wenn wir versuchten, ein TOTALES Selbstverschlingen herbeizuführen?
    Krebs: Was meinen Sie damit?
    Achilles: Nun, diese Geschichte von Schirmen innerhalb von Schirmen ist ja ganz interessant, aber ich würde gerne ein Bild der Fernsehkamera UND des Schirms AUF dem Schirm sehen. Erst dann hätte ich bewirkt, daß das System sich selbst verschlingt. Denn der Schirm ist nur ein T EIL des ganzen Systems.
    Krebs: Ich verstehe. Vielleicht könnten Sie mit dem Spiegel da den gewünschten Effekt erzielen?
    (Der Krebs gibt ihm einen Spiegel, und Achilles manövriert den Spiegel und die Kamera auf eine Weise, daß sowohl die Kamera als auch der Bildschirm auf dem Schirm erscheinen.)
    Achilles: So. Jetzt habe ich eine TOTALE Selbstverschlingung erzielt.
    Krebs: Mir scheint, wir haben nur die Vorderseite des Spiegels — wie steht es mit der Rückseite? Ohne die Rückseite würde er nicht reflektieren, und man hätte die Kamera nicht auf dem Bild.
    Achilles: Ganz richtig. Um aber sowohl die Vorder- wie auch die Rückseite zu sehen, brauche ich einen zweiten Spiegel.
    Krebs: Doch dann müßten Sie auch die Rückseite dieses Spiegels zeigen. Und wie steht's damit, die Rückseite des Fernsehapparates genauso wie seine Vorderseite zu berücksichtigen? Und dann ist da das Stromkabel und das Innere des Apparates und -
    Achilles: Halt, halt! In meinem Kopf dreht sich alles! Ich sehe schon, mit diesem „Selbstverschlingungsprojekt“ gibt es ein kleines Problemchen. Mir ist etwas schwindlig.
    Krebs: Ich weiß genau, wie Sie sich fühlen. Warum setzen Sie sich nicht hin und denken nicht mehr an all diese Selbstverschlingung. Entspannen Sie sich! Schauen Sie sich meine Gemälde an, das wird Sie beruhigen.
    (Achilles legt sich nieder und seufzt.)
    Krebs: Oh — stört Sie der Rauch meiner Pfeife? Gut, ich lege sie weg. (Nimmt die Pfeife aus dem Mund und legt sie sorgfältig über ein paar Worte in einem anderen Gemälde von Magritte.) So, fühlen Sie sich besser?

Abb. 82 . Die Melodie und das Lied , von René Magritte (1964).
    Achilles: Ein bißchen benommen bin ich immer noch. (Zeigt auf den Magritte.) Ein interessantes Gemälde. Und so schön gerahmt. Besonders diese glänzende Einlege-Arbeit.
    Krebs: Danke schön. Ich ließ den Rahmen eigens mit Goldstreifen verzieren.
    Achilles: Goldstreifen! Was sonst! Was steht da unter der Pfeife? Das ist kein Deutsch, nicht wahr?
    Krebs: Nein, Französisch: „Ceci n'est pas une pipe.“ Das heißt: „Dies ist keine Pfeife.“ Was ja durchaus richtig ist.
    Achilles: Aber es IST eine Pfeife! Sie haben sie doch soeben geraucht.
    Krebs: Ich glaube, Sie mißverstehen diesen Satz. Das Wort „ceci“ bezieht sich auf das Bild, nicht auf die Pfeife. Natürlich ist die Pfeife eine Pfeife. Aber ein Bild ist kein Pfeife.
    Achilles: Ob wohl das „ceci“ innerhalb des Bildes sich auf das GANZE Bild bezieht, oder nur auf die Pfeife innerhalb des Bildes? Oh meine Güte! Das wäre NOCH EINE Selbstverschlingung! Mir ist gar nicht wohl, Herr Krebs. Ich glaube mir wird übel ...

KAPITEL XVI
Selbst-Ref und Selbst-Rep
    I N DIESEM K APITEL werden wir uns einige der Mechanismen näher anschauen, die in verschiedenen Zusammenhängen Selbstbezüglichkeit bewirken, und sie mit den Mechanismen vergleichen, die es gewissen Systemen gestatten, sich selbst zu reproduzieren. Dabei werden sich einige bemerkenswerte und elegante Parallelen zwischen diesen Mechanismen ergeben.
Implizit und explizit selbstbezügliche Sätze
    Betrachten wir zunächst Sätze, die auf den ersten Blick so aussehen mögen, als lieferten sie die einfachsten Beispiele von Selbstbezüglichkeit, zum Beispiel:
1)
Dieser Satz enthält fünf Wörter.
2)
Dieser Satz ist sinnlos, weil er selbstbezüglich ist.
3)
Dieser Satz kein Verb.
4)
Dieser Satz ist falsch. (Paradoxie des Epimenides)
5)
Der Satz, den ich jetzt schreibe, ist der Satz, den Sie jetzt lesen.
    Alle Sätze mit Ausnahme des letzten (der eine Anomalität darstellt) bringen den scheinbar einfachen Mechanismus ins Spiel, der in der Wendung „dieser Satz“ enthalten ist. In Wirklichkeit jedoch ist der Mechanismus keineswegs einfach. All diese Sätze „schwimmen“ im Kontext der deutschen Sprache. Man kann sie mit Eisbergen vergleichen,

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