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Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Titel: Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas R. Hofstadter
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(verkop)
kop

ver

abs

rül

int

rür

pyr

ina

pur
    Abb. 88. Die Tertiärstruktur eines Typo-Enzyms.
    senkrecht zueinander stehen. Das ist der Schlüssel zur Bindungspräferenz. Tatsächlich bestimmt die relative Orientierung des ersten und des letzten Segments der Tertiärstruktur eines Enzyms seine Bindungspräferenz. Wir können das Enzym immer so ausrichten, daß das erste Segment nach rechts weist. Tun wir das, dann bestimmt das letzte Segment die Bindungspräferenz, wie in Abb. 89 gezeigt.
Erstes Segment
Letztes Segment
Bindungspräferenz für
A
C
G
T
    Abb. 89. Tabelle der Bindungspräferenzen für Typo-Enzyme.
    In unserem Fall haben wir also ein Enzym, das eine Vorliebe für den Buchstaben C hat. Wenn sich bei der Faltung ein Enzym mit sich selbst kreuzt, so ist das in Ordnung: Man stelle sich einfach vor, daß es unter oder über sich hinweggeht. Man beachte, daß alle Aminosäuren bei der Bestimmung der Tertiärstruktur eines Enzyms eine Rolle spielen.
Interpunktion, Gene, Ribosome
    Noch etwas bedarf der Erklärung. Warum ist in Fach AA des Typogenetischen Codes eine Leerstelle? Die Antwort: Das Paar AA fungiert innerhalb des Strangs als Interpunktionszeichen und zeigt das Ende des Codes für ein Enzym an. Das heißt, daß ein Strang zwei oder mehr Enzyme codieren kann, wenn er ein oder mehrere Paare AA enthält. Zum Beispiel codiert der Strang
    CG GA TA CT AA AC CG A
    zwei Enzyme:
    kop — ina — pyr — aus
    und
    abs — kop
    wobei das AA dazu dient, den Strang in zwei „Gene“ zu spalten. Die Definition eines Gens lautet: derjenige Teil eines Strangs, der ein einzelnes Enzym codiert. Man beachte, daß die bloße Anwesenheit von AA innerhalb eines Strangs nicht bedeutet, daß der Strang zwei Enzyme codiert. Zum Beispiel codiert CAAG „rür — til“. Das AA beginnt bei einer geradzahligen Einheit und wird deshalb nicht als Paar gerechnet!
    Den Mechanismus, der Stränge liest und die Enzyme erzeugt, nennt man Ribosom. (In der Typogenetik verrichtet der Teilnehmer am Spiel die Arbeit des Ribosoms.) Ribosome sind in keiner Weise für die Tertiärstruktur des Enzyms verantwortlich, denn diese ist vollständig determiniert, sobald die Primärstruktur geschaffen worden ist. Übrigens verläuft der Übersetzungsprozeß immer vom Strang zum Enzym, und nie in umgekehrter Richtung.
Rätsel: ein typogenetisches Selbst-Rep
    Nachdem wir nun die Regeln der Typogenetik vollständig dargelegt haben, ist es für den Leser vielleicht interessant, mit dem Spiel zu experimentieren. Insbesondere wäre es von großem Interesse, einen sich selbst replizierenden Strang herzustellen. Der Plan dafür wäre etwa so: Man schreibt einen einzelnen Strang nieder. Ein Ribosom operiert auf ihm, um irgendwelche oder alle Enzyme zu erzeugen, die im Strang codiert sind. Dann werden diese Enzyme mit dem ursprünglichen Strang in Berührung gebracht, die auf ihm operieren. Das ergibt eine Anzahl von „Tochtersträngen“. Die Tochterstränge ihrerseits passieren durch die Ribosome und ergeben nun eine zweite Generation von Enzymen, die auf die Tochterstränge einwirken, und der Zyklus geht immer weiter. Man kann beliebig viele Phasen weitergehen, die Hoffnung bleibt, unter den Strängen, die an einem bestimmten Punkt vorliegen, zwei Kopien des ursprünglichen Strangs zu finden. (Eine dieser Kopien kann auch tatsächlich der ursprüngliche Strang sein.)
Das Zentraldogma der Typogenetik
    Typogenetische Vorgänge lassen sich schematisch in einem Diagramm darstellen (Abb. 90).

    Abb. 90. Das „Zentraldogma der Typogenetik“: ein Beispiel einer „Verwickelten Hierarchie“.
    Dieses Diagramm illustriert das Zentraldogma der Typogenetik. Es zeigt, wie Stränge Enzyme definieren (über den Typogenetischen Code), und wie die Enzyme ihrerseits auf die Stränge rückwirken, und neue Stränge ergeben. Die Linie links zeigt also, wie alte Information nach oben fließt, in dem Sinn, daß ein Enzym eine Übersetzung eines Strangs ist, und deshalb die gleiche Information wie der Strang enthält, nur in anderer Form — genau gesagt: in einer aktiven Form. Die Linie rechts jedoch zeigt keinen Informationsfluß nach unten, statt dessen zeigt sie, wie neue Information erzeugt wird: durch das Verschieben von Symbolen in den Strängen.
    Wie eine Folgerungsregel in einem formalen System verschiebt ein Enzym in der Typogenetik blindlings ein Symbol in den Strängen, ohne Rücksicht auf irgendeine „Bedeutung“, die in diesem Symbol versteckt sein mag.

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