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Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Titel: Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas R. Hofstadter
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auftritt, so wenig wie die Tatsache, daß Buchstabensuppe Buchstaben enthält, uns zwingt, in der Schüssel herumschwimmende sinnvolle Sätze zu finden. Bedeutung höherer Stufe ist nur eine mögliche Eigenschaft eines Neuronennetzes — was die Folge von Evolution- und Umweltdruck sein kann.
    Das Diagramm in Abb. 107 illustriert die Tatsache, daß das Auftreten einer höheren Bedeutungsstufe nicht zwingend ist. Der nach oben gerichtete Pfeil zeigt an, daß es ein Substrat ohne höhere Bedeutungsstufe geben kann, aber nicht umgekehrt: Die höhere Stufe muß aus den Eigenschaften einer tieferliegenden abgeleitet werden.
    Das Diagramm enthält einen Hinweis auf eine Computer-Simulation eines Neuronennetzwerks. Im Prinzip ist das durchführbar, so kompliziert das Netzwerk auch sein mag, vorausgesetzt, daß das Verhalten individueller Neuronen in der Form von Berechnungen beschrieben werden kann, die ein Computer auszuführen vermag. Das ist eine sehr subtile Bedingung, die nur wenige anzweifeln werden. Dennoch ist sie ein Stück

    Abb. 107 . Auf der Aktivität der Neuronen "schwimmend“, spiegelt die Symbolebene des Gehirns die ganze Welt. Die Aktivität der Neuronen als solche, die auf einem Computer simuliert werden kann, schafft noch kein Denken; das bedarf höherer Organisationsebenen.
    „reduktionistischen Glaubens“, man könnte sie als eine „mikroskopische“ Version der Church-Turing-These auffassen. Wir sprechen sie wie folgt aus:
    C HURCH -T URING -T HESE , MIKROSKOPISCHE V ERSION : Das Verhalten der Einzelteile eines Lebewesens kann von einem Computer simuliert werden. Vorausgesetzt, daß eine genügend genaue Beschreibung des inneren Zustands und der näheren Umgebung vorliegt, kann das Verhalten jeder Komponente (typischerweise etwa einer Zelle) mit jeder gewünschten Genauigkeit vermittels eines FlooP-Programms berechnet werden.
    Diese Version der Church-Turing-These sagt uns, daß Vorgänge im Gehirn nichts „Mystisches“ an sich haben, obgleich sie mehr Organisationsebenen besitzen als etwa die Verdauungsvorgänge. Hier und heute wäre die Behauptung undenkbar, daß der Mensch seine Nahrung nicht durch gewöhnliche chemische Prozesse, sondern durch eine Art mysteriöser und magischer „Assimilierung“ verdaut. Diese Version der CT-These dehnt diese Art von „normalem“ Argumentieren einfach auf die Vorgänge im Gehirn aus. Kurz, es ist nichts anderes als der Glaube, daß das Gehirn auf eine Weise funktioniert, die prinzipiell einsehbar ist. Es ist ein Stück reduktionistischen Glaubens.
    Eine natürliche Folge der Mikroskopischen CT-These ist die recht knappe neue makroskopische Version:
    C HURCH -T URING -T HESE , REDUKTIONISTISCHE V ERSION : Alle Gehirnprozesse leiten sich aus einem berechenbaren Substrat her.
    Diese Aussage ist das stärkste theoretische Fundament, das sich zur Stützung der Möglichkeit einer Verwirklichung von Artifizieller Intelligenz angeben läßt.
    Selbstverständlich ist das Ziel der AI-Forschung nicht das Simulieren von neuralen Netzwerken, denn sie beruht auf einem Glauben anderer Art: daß es wahrscheinlich wichtige Eigenschaften der Intelligenz gibt, die auf völlig anderen Substraten als organischen Gehirnen in Umlauf gebracht werden können. Abb. 108 zeigt die vermutlichen Beziehungen zwischen Artifizieller Intelligenz, natürlicher Intelligenz und der wirklichen Welt.
Paralleler Fortschritt bei AI und Gehirnsimulation?
    Die Vorstellung, daß die Hardware des Gehirns eines Tages simuliert oder dupliziert werden muß, wenn AI erreicht werden soll, ist zumindest jetzt noch für viele AI-Forscher abstoßend. Doch fragt man sich: „Wie fein werden wir das Gehirn kopieren müssen, um AI zu erreichen?“ Die richtige Antwort ist wohl die, daß alles davon abhängt, wieviele Eigenschaften des menschlichen Bewußtseins man zu simulieren wünscht.
    Ist die Fähigkeit, Dame zu spielen, ein hinreichendes Anzeichen für Intelligenz? Wenn ja, dann existiert AI bereits, da für das Damespiel Programme vorliegen. Oder ist Intelligenz eine Fähigkeit, Funktionen wie bei Mathematik-Erstsemestern symbolisch zu integrieren? Wenn ja, dann gibt es AI bereits, denn symbolische Integrationsprogramme übertreffen in den meisten Fällen die besten Leute. Oder ist Intelligenz die

Abb. 108 . Wesentlich für die Bemühungen der AI-Forschung ist die Vorstellung, daß die Symbol-Ebenen des Geistes von ihrem neuralen Substrat „abgeschöpft“ werden und anderen Medien, z. B. dem

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