Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band
hätte.
Zeuge: Ich glaube nicht, daß Sie das im Ernst meinen. Unter Wintertag versteht man einen typischen Wintertag, nicht einen besonderen wie Weihnachten.
Nach diesem Dialog fragt Turing: „Was würde Professor Jefferson wohl sagen, wenn die Sonette schreibende Maschine in diesem mündlichen Examen so antworten könnte?“
Weitere Einwände:
5)
Argumente auf der Basis verschiedener Unfähigkeiten. Diese Argumente haben die Form „Ich gebe zu, daß man eine Maschine alle Dinge machen lassen kann, die erwähnt wurden, aber sie wird nie fähig sein, X zu tun.“
In diesem Zusammenhang werden zahlreiche Fähigkeiten X angeführt. Ich biete eine Auswahl an: Nett, erfinderisch, schön, freundlich, unternehmungslustig, humorvoll sein, unterscheiden von Recht und Unrecht, Fehler machen, sich verlieben, gerne Erdbeeren mit Sahne mögen, bewirken, daß jemand sich in die Maschine verliebt, aus der Erfahrung lernen, Wörter richtig gebrauchen, der Gegenstand des eigenen Denkens sein, eine solche Vielfalt des Verhaltens wie ein Mensch haben, etwas wirklich Neues tun.
6)
Der Einwand von Lady Lovelace. Unsere detaillierteste Information über die „Analytical Engine“ von Babbage stammt aus einer Denkschrift von Lady Lovelace. Darin sagt sie: „Die analytische Maschine erhebt keinen Anspruch darauf, etwas zu erschaffen. Sie kann das tun, was immer wir sie zu befehlen wissen.“ [Hervorhebung durch die Autorin.]
7)
Argument aufgrund der Stetigkeit des Nervensystems. Das Nervensystem ist gewiß keine Maschine mit diskreten Zuständen. Ein kleiner Irrtum in der Information über die Stärke, mit der ein nervöser Impuls auf ein Neuron einwirkt, kann für die Stärke des ausgehenden Impulses einen großen Unterschied machen. Es kann argumentiert werden, daß, wenn das so ist, man nicht erwarten kann, das Verhalten des Nervensystems mit einem System, das nur diskrete Zustände kennt, zu imitieren.
8)
Das Argument aufgrund der Informalität des Verhaltens. Es lautet etwa so: „Hätte jedermann einen definitiven Satz von Verhaltensregeln, gemäß denen er sein Leben ordnen würde, dann wäre sein Leben nicht besser als das einer Maschine. Solche Regeln gibt es aber nicht, und deshalb können Menschen keine Maschinen sein.“
9)
Das Argument aufgrund außersinnlicher Wahrnehmung. Spielen wir nun das Imitationsspiel, wobei wir als Zeugen einen Mann nehmen, der ein guter telepathischer Empfänger ist, und einen Digitalcomputer. Der Fragesteller kann Fragen stellen wie: „Zu welcher Farbe gehört die Karte in meiner rechten Hand?“ Der Mann gibt vermittels Telepathie oder Hellsehen 130 von 400 Mal die richtige Antwort. Die Maschine kann nur herumraten und erhält vielleicht 104 Richtige, so daß also der Fragesteller die richtige Identifikation vornimmt.
Wie man sieht, überschneiden sich viele der Einwände und sind miteinander verwandt. In diesem Buch habe ich versucht, die meisten irgendwie zu beantworten, im allgemeinen weit weniger knapp als Turing.
Einwand 9 finde ich bemerkenswert. Ich habe einen Nachdruck von Turings Aufsatzin einem Buch gesehen — wobei Einwand 9 weggelassen wurde, was ich ebenso bemerkenswert finde. Mein eigener Standpunkt — im Gegensatz zu dem von Turing ist der, daß es keine ASW („Außersinnliche Wahrnehmung“) gibt. Turing sträubte sich gegen die Auffassung, daß ASW existiert, akzeptierte sie aber dennoch, weil er durch seine außergewöhnliche wissenschaftliche Integrität gezwungen wurde, die Folge von dem zu akzeptieren, was er als überzeugende statistische Evidenz zugunsten von ASW betrachtet. Ich bin anderer Meinung, halte diese Frage aber für außerordentlich komplex und interessant.
„Parry begegnet dem Doctor“
In dem diesem Kapitel vorausgehenden Dialog hat der Leser eine authentische Wechselrede zwischen einem Computerprogramm und einem menschlichen Wesen kennengelernt. Nun hat es zahlreiche Programme mit geringerer Fähigkeit zur „Konversation“ als SHRDLU gegeben. Zwei ziemlich berühmte sind „Doctor“, erfunden von Joseph Weizenbaum, und „Parry“, erfunden von Kenneth Colby. Das erstgenannte soll einen Psychiater simulieren, der die „nondirektive Therapie“ anwendet, das andere soll die gedankliche Struktur des Paranoiden simulieren. Ein amüsanter frontaler Zusammenstoß zwischen den beiden Programmen wurde über ein Computernetz arrangiert; das folgende ist ein kurzer Auszug aus dem Protokoll: 9
Parry: Ich verstehe Ihre Beweggründe nicht.
Doctor:
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