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Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Titel: Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas R. Hofstadter
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sich selbst; sie symbolisiert nichts anderes. In Don Giovanni bediente sich Mozart eines ähnlichen Tricks; er schrieb in die Partitur ausdrücklich die Klänge eines die Instrumente stimmenden Orchesters. Wenn ich in ähnlicher Weise wünsche, daß die Buchstaben „ich“ sich selber spielen (und nicht mich symbolisieren) nehme ich „ich“ direkt in meinen Text; dann schließe ich „ich“ zwischen Anführungszeichen ein. Das ergibt dann „„ich““ (nicht ‚ich', auch nicht „„„ich“““). Kapiert?
Der „Code“ der modernen Kunst
    Eine große Anzahl von Einflüssen, die vollständig festzustellen niemand auch nur hoffen kann, führt zu weiteren Erforschungen des Subjekt-Objekt-Dualismus in der bildenden Kunst. Daß John Cage mit seinem Interesse an Zen auf Musik und bildende Kunst einen tiefgehenden Einfluß hatte, läßt sich nicht bezweifeln. Seine FreundeJasper Johns und Robert Rauschenberg erforschten beide den Unterschied zwischen Objekten und Symbolen, indem sie Objekte als Symbole für sich selbst verwendeten, oder, um es noch anders zu sagen, indem sie Symbole als Objekte verwendeten. All dies geschah vielleicht mit der Absicht, die Vorstellung zu zerstören, daß Kunst einen Schritt von der Wirklichkeit entfernt sei, daß Kunst in einem „Code“ spreche, weshalb der Betrachter als Interpretierer handeln müsse. Die Absicht war, den Interpretationsschritt zu eliminieren und das nackte Objekt einfach sein zu lassen, punktum. („Punktum“ — ein komischer Fall von Gebrauch-Erwähnung-Verschwommenheit.) Wenn das jedoch die Absicht war, war es ein monumentaler Flop, und vielleicht mußte das so sein.
    Jedesmal wenn ein Objekt in einer Galerie ausgestellt ist oder als „Werk“ bezeichnet wird, erhält es eine Aura tiefer innerer Bedeutsamkeit — mag auch dem Betrachter noch so oft eingeschärft worden sein, nicht nach Bedeutung Ausschau zu halten. Tatsächlich gibt es so etwas wie einen Fehlzündungseffekt: Je mehr dem Betrachter gesagt wird, diese Objekte ohne Mystifizierung anzusehen, um so mystifizierender werden sie. Wenn eine hölzerne Kiste auf dem Boden eines Museums liegt, ist es einfach eine hölzerne Kiste auf dem Boden des Museums; warum nimmt der Hausmeister sie nicht einfach weg und wirft sie auf den Müll? Warum ist der Name eines Künstlers daran angebracht? Warum sollte der Künstler die Kunst entmystifizieren? Warum ist der Dreckklumpen draußen vor dem Museum nicht mit dem Namen eines Künstlers versehen? Ist das bloßer Schabernack? Bin ich verrückt oder sind es die Künstler? Mehr und mehr Fragen tauchen im Geist des Betrachters auf; er kann nichts dagegen tun. Das ist der „Rahmeneffekt“, den die Kunst — große Kunst — automatisch herstellt. Man kann die verwunderten Fragen in den Köpfen der Neugierigen nicht unterdrücken.
    Wenn natürlich der Sinn der ist, eine Zen-ähnliche Weltanschauung einer aller Kategorien und Bedeutungen entleerten Welt zu lehren, dann soll diese Kunst vielleicht als Katalysator dienen — wie das ja auch die intellektuelle Auseinandersetzung mit Zen tut — um den Betrachter zu inspirieren, hinauszugehen und sich mit einer Philosophie vertraut zu machen, die „innere Bedeutung“ verwirft und die Welt als Ganzes umfaßt. In diesem Fall erreicht die Kunst ihr Ziel zunächst einmal nicht, da die Betrachter eben doch über die Bedeutung nachdenken, aber auf lange Sicht erreicht sie ihr Ziel bei einigen Menschen, indem sie sie zu den Quellen führt. Aber in beiden Fällen stimmt es nicht, daß es keinen Code gibt, mit dem dem Betrachter Ideen übermittelt werden. Tatsächlich ist der Code eine sehr viel komplexere Angelegenheit, da er Aussagen über das Nicht-Vorhandensein von Codes enthält usw. — das heißt, er ist zum Teil Code, zum Teil Metacode usw. Die meisten Zen-ähnlichen Kunstgegenstände übertragen eine Verwickelte Hierarchie von Botschaften, und das ist vielleicht der Grund, warum so viele Menschen die moderne Kunst rätselhaft finden.
Noch einmal Ismus
    Cage führte eine Bewegung an, die die Grenzen zwischen Kunst und Natur niederreißen wollte. In der Musik bedeutet das, daß alle Töne gleichwertig sind — eine Art akustische Demokratie. So ist Stille genauso wichtig wie Klang, und Zufallstöne sind so wichtig wie organisierte. Leonard B. Meyer hat in seinem Buch Music, the Arts and Ideas diese Bewegung in der Musik „Transzendentalismus“ genannt; er schreibt: 2
    Wenn die Unterscheidung zwischen Kunst und Natur

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