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Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Titel: Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas R. Hofstadter
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von Programmen zu reproduzieren, genauso wenig wie er uns verbietet, unser eigenes Intelligenzniveau durch die Übertragung von ererbter DNS, gefolgt von einem Lernprozeß, zu reproduzieren. In der Tat haben wir in Kapitel XVI gesehen, wie ein bemerkenswerter Gödelscher Mechanismus — die Seltsame Schleife von Proteinen und DNS — genau das ist, was die Übertragung von Information ermöglicht!
    Hat Gödels Satz uns absolut nichts zu bieten, wenn wir über unseren Geist nachdenken? Ich meine schon, wenn auch nicht in der mystischen und einschränkenden Weise, wie manche Menschen glauben, daß er es tun sollte. Ich glaube, daß der Prozeß, mit dem man zu Gödels Satz gelangt, mit seiner Struktur, die willkürliche Codes, verzwickte Isomorphien, hohe und niedrige Interpretationsstufen und die Fähigkeiten der Selbstspiegelung ins Spiel bringt, reiche Unterströmungen und Nuancen in die Vorstellung, die ein Mensch von den Symbolen und dem Umgang mit Symbolen hat, einfließen läßt, und das kann das intuitive Gefühl für Beziehungen zwischen geistigen Strukturen auf verschiedenen Ebenen vertiefen.
Ist Intelligenz zufällig unerklärbar?
    Bevor wir aber eine philosophisch reizvolle „Anwendung“ von Gödels Beweis vorlegen, möchte ich die Idee der „zufälligen Unerklärbarkeit“ vorlegen. Es geht um folgendes: Es könnte sein, daß unsere Gehirne im Gegensatz zu Automotoren hartnäckige und ungefügige Systeme sind, die wir nicht säuberlich irgendwie zerlegen können. Im Augenblick haben wir keine Vorstellung davon, ob unser Gehirn nachgeben würde, wenn man es wiederholt in verschiedene, sauber getrennte Schichten spalten würde, von denen jede durch die darunterliegende Schicht erklärt werden kann — oder ob unser Gehirn alle solche Zerlegungsversuche vereitelt.
    Aber selbst wenn wir uns selber nicht verstehen, braucht kein Gödelscher „Dreh“ dahinter zu stecken. Es könnte ja einfach ein Zufall sein, daß unser Gehirn zu schwach ist, um sich selber zu verstehen. Man schaue sich die niedere Giraffe an. Ihr Gehirn ist offensichtlich weit unter dem Niveau, das für Selbsterkenntnis nötig wäre, ist aber unserem Gehirn verblüffend ähnlich. Tatsächlich arbeiten die Gehirne von Giraffen, Elefanten und Büffeln — sogar die Gehirne von Schildkröten oder unbekannten Wesen, die weit klüger sind als wir — vermutlich alle nach denselben Prinzipien. Giraffen befinden sich wohl weit unter dem Intelligenzniveau, welches nötig wäre, um zu verstehen, wie diese Prinzipien sich zur Erzeugung von Eigenschaften des Denkens zusammenfügen. Menschen sind dann vielleicht näher an der Schwelle, vielleicht gerade noch unter ihr, vielleicht darüber. Wesentlich ist, daß es keinen grundsätzlichen (d. h. Gödelschen) Grund gibt, warum diese Eigenschaften unverständlich sind; vielleicht sind sie intelligenteren Wesen vollständig klar.
Unentscheidbarkeit ist untrennbar von Gesichtspunkten
hoher Ebene
    Abgesehen von dieser pessimistischen Auffassung der zufälligen Unerklärbarkeit des Gehirns — was für Einsichten hätte Gödels Beweis uns zur Erklärung unseres Geistes und unseres Gehirns anzubieten? Er bietet uns die Idee an, daß die Betrachtung eines Systems auf hoher Ebene eine Kraft hat, etwas zu erklären, die auf tieferer Stufe einfach nicht vorhanden ist. Damit ist folgendes gemeint: Angenommen, jemand gibt Ihnen G, Gödels unentscheidbare Kette, also eine Kette in TNT. Nehmen Sie weiter an, daß Sie nichts von Gödelnumerierung wissen. Die Frage, die Sie zu beantworten hätten, wäre: „Warum ist diese Kette kein S ATZ von TNT?“ Nun sind Sie solche Fragen gewohnt; wenn man Sie zum Beispiel bezüglich S0 = 0 stellte, hätten Sie eine Erklärung bereit: „Ihre Negation, ~ S0 = 0 , ist ein S ATZ .“ Zusammen mit Ihrem Wissen, daß TNT widerspruchsfrei ist, liefert das eine Erklärung, warum die gegebene Kette ein Nicht-S ATZ ist. Das ist das, was ich eine Erklärung „auf der TNT-Stufe“ nenne. Man beachte, wie sehr sie sich von der Erklärung unterscheidet, warum MU nicht ein S ATZ des MIU-Systems ist: das erstere kommt vom M-Modus, das letztere nur vom I-Modus.
    Wie steht es nun mit G? Die Erklärung auf der TNT-Stufe, die bei S0 = 0 funktionierte,funktioniert bei G nicht, weil ~G kein S ATZ ist. Jemand, der über TNT keinen Überblick hat, wird verblüfft sein, wenn er G nicht nach den Regeln herstellen kann, denn als arithmetische Behauptung stimmt alles an ihr. Wenn G in eine

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