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Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Titel: Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas R. Hofstadter
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usw. —, war diese Phase der Wissenschaft ein notwendiges Vorspiel der modernen Phase, in der das Leben selbst zum Forschungsobjekt geworden ist. Schritt für Schritt, unaufhaltsam, hat sich die „westliche“ Wissenschaft der Erforschung des menschlichen Geistes, das heißt des Beobachters, zugewendet. Auf diesem Wege ist AI-Forschung bis jetzt der größte Schritt. Bevor AI auf den Plan trat, gab es zwei wichtige „Probeläufe“, die die seltsamen Folgen der Mischung von Subjekt und Objekt in der Wissenschaft zeigten. Der eine war die durch die Quantenmechanik ausgelöste Revolutionund die daraus sich ergebenden epistemologischen Probleme der Interferenz von Beobachter und beobachtetem Objekt. Der andere war die Vermischung von Subjekt und Objekt in der Metamathematik, angefangen mit Gödels Satz und weiter durch all die anderen einschränkenden Sätze, die wir beschrieben haben. Vielleicht wird der nächste Schritt auf dem Wege zu AI der sein, daß man die Wissenschaft auf diese selbst anwendet: Wissenschaft, die ihr eigener Forschungsgegenstand ist. Dies ist eine andere Weise, Subjekt und Objekt zu vermischen — vielleicht sogar noch verwickelter, als wenn Menschen ihren eigenen Geist erforschen.
    Interessant ist übrigens die Feststellung, daß alle Ergebnisse, die auf der Verschmelzung von Subjekt und Objekt beruhen, einschränkender, limitativer Art waren. Zusätzlich zu den einschränkenden Sätzen gibt es Heisenbergs Unschärferelation, welche besagt, daß die Messung einer Größe die gleichzeitige Messung einer anderen, verwandten Größe unmöglich macht. Warum alle die Ergebnisse limitativ sind, weiß ich nicht. Der Leser mache sich den Vers darauf, den er will.
Symbole und Objekte in der modernen Musik und Kunst
    Eng verwandt mit der Subjekt-Objekt-Dichotomie ist die Symbol-Objekt-Dichotomie, die Ludwig Wittgenstein in der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts gründlich erforschte. Später wurden die Wörter „Gebrauch“ und „Erwähnung“ zur Bezeichnung des gleichen Unterschieds verwendet. Quine und andere haben eingehend über die Verbindung zwischen Zeichen und dem, wofür sie stehen, geschrieben. Aber nicht nur Philosophen haben über dieses tiefe und abstrakte Problem nachgedacht. In unserem Jahrhundert haben sowohl die Musik als auch die bildende Kunst Krisen durchgemacht, die ein sehr intensives Interesse für dieses Problem erkennen lassen. Während Musik und Malerei zum Beispiel seit jeher Gedanken oder Gefühle durch ein Vokabular von „Systemen“ ausgedrückt haben (d. h. die bildlichen Darstellungen, Akkorde, Rhythmen usw.), besteht jetzt eine Tendenz, die Möglichkeiten der Musik und der bildenden Kunst zu erforschen, nicht etwas auszudrücken, sondern einfach zu sein. Das heißt als reiner Farbklecks oder als reiner Klang zu existieren, aber in jedem Fall jeglicher symbolischer Werte entleert.
    In der Musik war besonders John Cage sehr einflußreich, der einen Zen-artigen Zugang zum Klang fand. Viele seiner Stücke zeigen, daß er den „Gebrauch“ von Tönen verachtet — das heißt Töne zur Vermittlung von Gefühlszuständen zu gebrauchen und Freude an der „Erwähnung“ von Klängen hat — d. h. beliebige Zusammenstellungen zu brauen, ohne Rücksicht auf einen im voraus formulierten Code, vermöge dessen ein Zuhörer sie als Botschaft entziffern könnte. Ein typisches Beispiel ist „Imaginäre Landschaft Nr. 4“, das in Kapitel VI beschriebene Stück für viele Radios. Ich werde Cage vielleicht nicht gerecht, aber mir will scheinen, daß ein großer Teil seiner Arbeit darauf zielt, Sinnlosigkeit in die Musik zu bringen und in einem gewissen Sinn zu bewirken, daß die Sinnlosigkeit Sinn hat. Aleatorische Musik ist ein typischer Vorstoß in diese Richtung. (Übrigens ist Zufallsmusik eine enge Verwandte noch späterer Begriffe wie „Happenings“ oder "Be-ins“.) Viele zeitgenössische Komponisten folgen Cage, aber nur wenige mit soviel Originalität. Ein Stück von Anna Lockwood mitdem Titel „Klavierverbrennung“ besteht aus eben dieser, wobei die Saiten so stark wie möglich angezogen sind, damit sie so laut wie möglich zerspringen; in einem Stück von LaMonte Young wurden die Geräusche dadurch erzeugt, daß man das Klavier auf der ganzen Bühne und durch Hindernisse wie einen Rammbock hindurch herumschob.
    Die Kunst ist in diesem Jahrhundert durch viele Konvulsionen dieser Art hindurchgegangen. Zuerst kam der Verzicht auf die Repräsentierung von

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